Wagenknecht-Partei trennt sich vom Namen der Gründerin
Die Namensänderung soll erst zum 1. Oktober 2026 greifen. Begründet wird dies mit den anstehenden Wahlkämpfen im nächsten Jahr. Die Partei hatte schon vor längerer Zeit angekündigt, einen Namen ohne den der Gründerin Sahra Wagenknecht zu wählen. Die Personalisierung habe in der Anfangszeit der erst 2024 gegründeten Partei zur Wiedererkennung gedient. Doch sei dies von Anfang an nicht auf Dauer angelegt worden, hieß es. Den jetzt gewählten Namen hatte die Parteispitze vorgeschlagen.
"Ich weiß, dass ich in sehr große Fußstapfen trete", sagte de Masi zu seiner Wahl. Mohamed Ali - sie erhielt eine Zustimmung von 82,6 Prozent - und De Masi sind beide 45 Jahre alt und waren früher gemeinsam mit Wagenknecht in der Partei "Die Linke". Beide waren Gründungsmitglieder des BSW im Jänner 2024. Wagenknecht selbst will vorerst nur noch Vorsitzende einer Grundwertekommission im BSW sein.
BSW steht vor einer Zäsur
Das BSW steht insgesamt vor einer Zäsur. Auf dem Parteitag suchte das BSW eine gemeinsame Linie zur politischen Ausrichtung und zur Frage, ob man künftig mitregieren möchte. Die Partei hatte bei der Europawahl und den Landtagswahlen in Thüringen, Brandenburg und Sachsen 2024 erste Erfolge. In Brandenburg und Thüringen regiert sie mit. Bei der Bundestagswahl im Februar 2025 scheiterte sie jedoch knapp an der Fünf-Prozent-Hürde. Mit dem Anliegen, die Stimmen neu auszählen zu lassen, hatte sie bisher keinen Erfolg.
Wagenknecht räumte Fehler ein
Gründerin Sahra Wagenknecht räumte am Samstag vor den rund 660 Delegierten Schwierigkeiten und eigene Fehler zu Beginn ihrer Bewegung ein. "Wir sind in der bisher schwierigsten Phase unserer Parteigeschichte", sagte Wagenknecht. Zugleich attackierte sie die deutsche Bundesregierung und Oppositionsparteien im Bundestag gleichermaßen und erklärte ihre Partei für unentbehrlich.
"Wir sind die einzige politische Kraft, die sich dem Weg der anderen zurück in eine längst überwunden geglaubte Vergangenheit wirklich konsequent entgegenstellt", sagte Wagenknecht in einer Rede, die immer wieder von Jubel der Delegierten unterbrochen wurde. Dafür werde das BSW "von den herrschenden Eliten bekämpft". Doch lasse man sich nicht kleinkriegen. "Auch mit mir in der deutschen Politik werden sie noch lange rechnen müssen", kündigte Wagenknecht an.
Werben für die neue Führung
Wagenknecht hatte vor einigen Wochen angekündigt, sich vom Parteivorsitz zurückzuziehen. Sie will vorerst nur noch Chefin einer Grundwertekommission im BSW sein. Ihr Vorschlag für die neue Spitze: Der Europaabgeordnete Fabio De Masi soll die Partei mit der bisherigen Co-Chefin Amira Mohamed Ali führen. Ex-Fußballmanager Oliver Ruhnert soll Generalsekretär werden. Für diese Personalien warb die 56-jährige Parteigründerin in ihrer Rede.
Zugleich bekräftigte sie in teils scharfen Worten die zentralen Positionen des BSW: Widerspruch gegen Wehrpflicht und höhere Rüstungsausgaben; Werben für Verhandlungen mit Russland und Import billiger Energie von dort; ein Rentensystem wie in Österreich. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) warf sie Unfähigkeit und "Maulheldentum" vor, der Opposition von Linken und Grünen im Bundestag, Merz den Rücken freizuhalten.
"Angebliche Demokraten"
Die "angeblichen Demokraten" seien dabei, "den Abriss des Sozialstaats und den Weg in einen neuen Militarismus und Autoritarismus" voranzutreiben, meinte Wagenknecht. "Die Wahrheit ist doch, russische Verhältnisse, also ein autoritäres System, drohen in Deutschland nicht, weil Putins Armee durchs Brandenburger Tor zieht, sondern sie drohen, weil die Parteien, die sich gern die demokratischen nennen, immer stärker unser Land in einen autoritären Einschüchterungsstaat verwandeln."
Über die Europäische Union sagte sie: "Ich muss auch sagen, die alte Maxime der US-Politik, 'Fuck the EU' - ehrlich gesagt, wenn ich Frau von der Leyen sehe und Frau Kallas und diese ganzen Figuren, da könnte ich fast Sympathie dafür bekommen." Ursula von der Leyen ist Präsidentin der EU-Kommission, Kaja Kallas ist eine der Vizepräsidentinnen.
Klage für Neuauszählung
Vor Wagenknecht hatte schon Mohamed Ali heftige Kritik daran geübt, dass sich der Wahlprüfungsausschuss des Bundestags gegen eine Neuauszählung der Bundestagswahl vom Februar ausgesprochen hatte. "Das ist wirklich so dreist, es ist schändlich", sagte Mohamed Ali. Sie bekräftigte die Ankündigung, vor das Verfassungsgericht zu ziehen. Bei der Wahl war das BSW sehr knapp an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert. Die Partei geht von Zählfehlern aus.
Generalsekretär Christian Leye sagte, die Themen lägen für das BSW auf der Straße, etwa die Beschlüsse der schwarz-roten Koalition zum Wehrdienst. "Unsere Kinder kriegt ihr nicht mit dem Losverfahren", sagte Leye. Das Thema Frieden, Kritik an der Nato sowie am Verzicht auf Energieimporte aus Russland standen auch im Zentrum der Generaldebatte zur Ausrichtung der Partei. Zum Leitantrag der Parteispitze gab es etliche Änderungsanträge, die Diskussion blieb aber ruhig.
Regieren oder nicht?
Im BSW wird gestritten, ob und unter welchen Bedingungen die Partei in Koalitionen mitregieren soll. Der ehemalige Brandenburger Landeschef Robert Crumbach, Finanzminister in einer Koalition mit der SPD, hatte es in der "Welt" so formuliert: "Es gibt einen Grunddissens: Will man gestalten oder will man kritisieren?" Crumbach hatte sich auch eine Kandidatur für den Bundesvorsitz oder als Vizechef offen gehalten. Am Samstag teilte er der Deutschen Presse-Agentur jedoch mit, dass er nicht kandidieren werde.
(APA/dpa/AFP)
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