Tanz in Innsbruck: Gemeinsames Ertanzen der Anderswelt
Innsbruck als Aufführungsort, eine (E)-Zither als leitendes Instrument im Live-Ensemble, zwei Choreografen, die beide ihre Wurzeln im Alpenraum und Alpenvorraum haben. Es war damit wahrlich angerichtet, sich ausgiebig am Begriff Heimat und seinen unterschiedlichen Bedeutungen abzuarbeiten. Dass die Tänzerinnen und Tänzer des Tanzensembles aus aller Herren Länder - unter anderem aus Griechenland oder China stammen - sollte sich zudem als Glücksgriff für dieses Tanzprojekt mit gesellschaftspolitischer Unterfütterung erweisen.
Ausformulierung und Verortung der Utopie
Sodann stellten sich zu Beginn des Tanzwerkes auch schon einige ausgewählte Mitglieder des Ensembles in kurzen Sprechteilen vor. Weniger aber sich selbst als Tänzer und Künstler, sondern ihre alte und neue Heimat und deren Unterschiede. Zudem noch natürlich: Das Gefühl, das mit dieser Heimat und den "Heimaten" verbunden war, das eben nicht zwingend mit einem bestimmten Ort oder geografischer Verortung einhergehen muss. Glücklicherweise, denn so ließ sich auch ausgiebig eine zuvor ortlose Utopie ausformulieren, die sich auf der Bühne des Landestheaters für rund 90 Minuten üppig manifestierte und also dort gut ausgeschmückt verortet wurde.
Die Handlung dazu, die mehr als Anleitungen und Motivation für diverse Tanzszenerien gesehen werden musste: Man gründete nach ersten Tanzannäherungen einen Verein, der sich engagiert in einer Art universalistischem Volkstanz versuchte. Zum Schluss dann der Gipfel dieser Bemühungen: Eine große Tanzfeier inklusive Blasmusikkapelle, in der alle Kulturen stand am Programm, bei der alle Zugänge und alle Tänze gewissermaßen ihren Platz hatten und zugleich durch das kollektive Bemühen endlich endgültig in etwas Neues mündeten. Tänze aus sämtlichen Kulturen standen zuvor oft nebeneinander, Brüche waren mehr als gewollt, doch letztlich ging alles versöhnlich und kulturutopistisch aus. Hier bekriegten sich Kulturen nicht, sondern flossen letztlich ineinander.
Musik mit alpenländischen Einflüssen und avantgardistischen Ausritten
Spiegelbild dieses Ineinanderfließens, das stetige Bemühungen und gemeinschaftliche Kraftanstrengung ob der Vermessung von Grenzen und Anschlussmöglichkeiten erforderte, war vor allem die hervorragende Musik aus der Feder von Christof Dienz. In dieser fanden sich alpenländische Einflüsse ebenso wie avantgardistische Sequenzen, die bewusst die Ortlosigkeit behaupteten und Neuland betraten.
Das Tanzensemble agierte zu diesen zum Teil vertrauten, zum Teil befremdlichen Klängen souverän und in ihrem Bewegungsrepertoire schier unerschöpflich. Das eher karge Bühnenbild unterstützte dieses dezent und auch die Kostüme trumpften nicht groß auf. Der Fokus lag damit - was sich als gute Entscheidung erwies - auf der Musik und dem Tanz. Auch das Spektakel lag auf diesen Ebenen nicht fern: Als die Innsbrucker Stadtmusikkapelle Amras zum finalen Tanzfest einmarschierte, gab es für das Publikum kein Halten mehr.
Diese somit endgültig anstachelte Publikumseuphorie setzte sich auch beim Schlussapplaus im gut gefüllten, aber nicht ganz ausverkauften Haus fort. Frenetische Beifallsbekundungen gab es sowohl für das Live-Ensemble, die Choreografen und die weiteren Verantwortlichen als auch für das Tanzensemble selbst.
(Von Markus Stegmayr/APA)
(S E R V I C E: "Von Heimat und Tänzen" von Marcel Leemann und Simon Mayer. Musikalische Leitung und Komposition: Christof Dienz. Bühne: Julia Neuhold. Kostüme: Katia Bottegal. Dramaturgie: Stefan Späti und Karoline Wibmer. Mit: Tänzerinnen und Tänzer des Tiroler Landestheaters, Live-Band mit Alexandra Dienz, Walter Seebacher, Chris Norz und Christof Dienz, Stadtmusikkapelle Amras. Weitere Vorstellungen: 28., 29. November, 7., 10., 12., 17., 19., 2025., 3., 15., 17., 23., 29., Jänner. )
(APA)
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