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Ukraine-Gespräche zwischen USA, Kiew und Europäern in Genf

Gesprächsserie in Genf hat begonnen
Gesprächsserie in Genf hat begonnen ©APA/KEYSTONE
Regierungsvertreter aus den USA, Europa und der Ukraine sind am Sonntag in Genf zu Gesprächen über Möglichkeiten zur Beendigung des russischen Angriffskriegs zusammengekommen. Dabei beraten sie über einen von den US vorgelegten 28-Punkte-Plan sowie über eine von den Europäern stark überarbeitete Version. Nach den Worten des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj enthält der Plan womöglich Elemente, die für die nationalen Interessen der Ukraine entscheidend sind.

Diese basierten auf ukrainischen Perspektiven, schreibt Selenskyj auf der Plattform X nach ersten Berichten seiner Delegation aus Genf. Es werde weiter daran gearbeitet, "das Blutvergießen und den Krieg endlich zu beenden".

US-Finanzminister Scott Bessent bezeichnete die laufenden Gespräche als "Friedensverhandlung" mit Russland und der Ukraine. Trump übe Druck auf Russland aus, um den Krieg zu beenden, sagt Bessent. Er zeigt sich zuversichtlich, dass der Friedensprozess vorankommt.

Trump wirft Ukraine mangelnde Dankbarkeit vor

US-Präsident Donald Trump warf der Ukraine erneut mangelnde Dankbarkeit vor. "Die ukrainische 'Führung' hat null Dankbarkeit für unsere Bemühungen gezeigt", schrieb Trump am Sonntag in seinem Onlinedienst Truth Social. Der Krieg sei eine "menschliche Katastrophe". Den russischen Angriffskrieg verurteilte Trump nicht. Zudem wetterte Trump in seiner Botschaft erneut gegen Europäer, die "weiterhin Öl von Russland kaufen". Seinem Vorgänger Joe Biden warf er vor, nichts gegen den Beginn des russischen Angriffskriegs im Februar 2022 getan und der Ukraine alle Waffen umsonst überlassen zu haben.

Am Vormittag waren als Vertreter der USA der Sondergesandte Steve Witkoff und Außenminister Marco Rubio in Genf eingetroffen. "Wir hoffen, die letzten Details auszuarbeiten und ein für die Ukraine vorteilhaftes Abkommen zu erzielen", sagte ein US-Regierungsvertreter. Er erweckte dabei den Eindruck, dass es vor allem um Gespräche mit der Ukraine gehe. "Es wird keine Einigung geben, bevor die beiden Präsidenten nicht zusammenkommen", fügte er mit Blick auf US-Präsident Donald Trump und den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj hinzu.

Der US-Regierungsvertreter sprach von Koordinierungstreffen, bevor die Gespräche offiziell begännen. Es werde den ganzen Tag lang Gespräche in verschiedenen Formaten zwischen US-amerikanischen und ukrainischen Sicherheitsberatern geben, fügte er hinzu. Es war zunächst unklar, wie die Europäer dabei eingebunden sind.

Auf europäischer Seite reisten die Sicherheitsberater Deutschlands, Frankreichs, Großbritanniens, Italiens sowie der EU-Kommission nach Genf. Die neunköpfige ukrainische Delegation wird von Andrij Jermak, dem Leiter des Büros von Präsident Selenskyj, angeführt. Das erste Treffen mit den nationalen Sicherheitsberatern der Staats- und Regierungschefs des Vereinigten Königreichs, Frankreichs und Deutschlands habe stattgefunden, sagte Jermak. Als nächstes sei ein Treffen mit der US-Delegation geplant.

Von der Leyen: Grenzen nicht mit Gewalt ändern

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nannte Bedingungen für einen Friedensschluss in der Ukraine. Vor dem Hintergrund der Gespräche in Genf erklärte sie, die Grenzen der Ukraine könnten nicht mit Gewalt verändert werden. Zudem dürfe die ukrainische Armee nicht so verkleinert werden, dass das Land für künftige Angriffe anfällig werde. Drittens müsse die EU eine zentrale Rolle bei einem Friedensabkommen spielen. "Die Ukraine muss die Freiheit und das souveräne Recht haben, über ihr eigenes Schicksal zu bestimmen. Sie hat sich für einen europäischen Weg entschieden", sagte von der Leyen.

Selenskyj hofft auf positives Ergebnis

Der ukrainische Präsident Selenskyj hatte vor dem Treffen in Genf erklärt, Alternativvorschläge zum US-Plan machen zu wollen. Nach dem Beginn der Gespräche sagte er, dass die Teams der Ukraine, der USA und der Europäer in engem Kontakt seien und an Schritten für eine Beendigung des Krieges arbeiteten. "Das Blutvergießen muss gestoppt werden, und wir müssen sicherstellen, dass der Krieg nie wieder von Neuem entzündet wird", schrieb Selenskyj in den sozialen Netzwerken.

"Ich erwarte die Ergebnisse der heutigen Gespräche und hoffe, dass alle Teilnehmer konstruktiv eingestellt sind. Wir alle brauchen ein positives Ergebnis", betonte der Präsident.

Delegationsmitglied Rustem Umjerow, der Ex-Verteidigungsminister und Sekretär des nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates der Ukraine ist, erwartete nach eigenen Angaben noch im Laufe des Tages Fortschritte. "Unsere gegenwärtigen Vorschläge, die noch nicht endgültig sind, enthalten viele Prioritäten."

US-Sondergesandter Keith Kellogg: "Es ist ein guter Plan"

Der US-Sondergesandte Keith Kellogg gab sich indes optimistisch, dass der US-Plan den Krieg zwischen Russland und der Ukraine beendet. "Es ist ein guter Plan", sagte Kellogg in einem Interview mit dem Sender Fox News. "Der Rahmen ist da, um zu einem Abschluss zu kommen." Das Ende des Krieges sei zum Greifen nah, aus militärischer Sicht seien die letzten zehn Meter immer die schwierigsten, sagte der General. "Und wir sind auf den letzten zwei Metern - wir sind fast da", sagte Kellogg im Gespräch mit Lara Trump, der Schwiegertochter des US-Präsidenten. Einiges in dem 28 Punkte umfassenden Dokument bedürfe noch etwas Anpassung und mehr Erklärung, so Kellogg. Dies sei Sache von Verhandlungen.

Die Ukraine hat deutlich gemacht, dass sie gegenüber Russland keine Zugeständnisse bei Gebietsansprüchen oder in Bündnisfragen machen will, wie es der von Trump vorgelegte Plan unter anderem vorsieht. Dass die Ukrainer diese Haltung "für ihre eigenen Leute" an den Tag legten, sei verständlich, so Kellogg. Aber jetzt gehe es darum, "kluge Entscheidungen zu treffen". 

Merz macht eigenen Vorschlag

Deutschlands Kanzler Merz brachte indes nach eigenen Worten einen eigenen Vorschlag ein. Es handle sich um einen Vorschlag "unterhalb der kompletten Lösung" des von den USA vorgelegten 28-Punkte-Plans, sagte Merz am Sonntag nach dem G20-Gipfel in Südafrika. Er zeigte sich zugleich skeptisch, dass es wie von Trump zuletzt gefordert bis Donnerstag zu einer Einigung kommen könne. Eine Einigung bis Donnerstag sei zwar nicht völlig ausgeschlossen, sagte Merz. "Ich bin aber skeptisch ob angesichts der gegenwärtigen Differenzen ein solches Ergebnis möglich ist."

Zuvor hatten sowohl die Ukraine als auch die EU-Staaten und Großbritannien ein US-Ultimatum zum vorgelegten Plan bis Donnerstag abgelehnt, weil es einer ukrainischen Kapitulation gleichkomme.

Seit der Bekanntgabe des US-Plans herrscht erhebliche Verwirrung darüber, wer an seiner Ausarbeitung beteiligt war. Die europäischen Verbündeten kritisieren, nicht konsultiert worden zu sein. Der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz hatte die US-Regierung am Samstag gewarnt, dass die USA keine Vereinbarung ohne die Ukraine und die Europäer treffen können.

Erdogan will mit Putin telefonieren

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan brachte sein Land unterdessen erneut als Vermittler im Ukraine-Krieg ins Spiel und kündigte ein Telefonat mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin an. Schon in der Vergangenheit habe die Türkei etwa das Getreideabkommen zwischen den beiden Kriegsparteien vermittelt, das als Ausgangspunkt für Friedensverhandlungen gedacht war, sagte Erdogan am Rande des G20-Gipfels in Johannesburg. Es wäre gut, wenn dieser Prozess wieder aufgenommen werde. An diesem Montag werde er mit Putin in einem Telefonat darüber sprechen. 

(APA/dpa/Reuters/AFP)

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