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Die Rückkehr einer Marke – aber ohne Läden

So schaut die Gerry Weber Webseite jetzt aus.
So schaut die Gerry Weber Webseite jetzt aus. ©Screenshot/gerryweber.de
Nach dem dritten Insolvenzverfahren wagt die deutsche Modemarke Gerry Weber einen Neuanfang. Doch dieser verläuft anders als früher: digital, ohne eigene Filialen – und mit neuer internationaler Regie.

Ein Traditionsname lebt weiter

Der Name Gerry Weber war einst aus der deutschen und internationalen Modewelt kaum wegzudenken. 1973 im ostwestfälischen Halle (Westfalen) als Hatex KG gegründet, entwickelte sich das Unternehmen über Jahrzehnte hinweg zu einer globalen Modemarke mit rund 1.000 Mitarbeitenden und Präsenz in mehr als 60 Ländern. Doch die letzten Jahre waren turbulent – und geprägt von einem tiefen wirtschaftlichen Niedergang.

Gleich drei Insolvenzen binnen sechs Jahren erschütterten das Unternehmen. 2019, dann erneut 2023 – und schließlich die dritte Pleite im März 2025, die nicht nur die Muttergesellschaft, sondern auch drei Tochterunternehmen traf. Der letzte Schritt: Im Mai 2025 wurden sämtliche verbliebenen Filialen geschlossen. Es war das faktische Ende des eigenständigen Unternehmens Gerry Weber.

Neuer Eigentümer, neuer Kurs

Doch der Markenname selbst ist nicht verschwunden – im Gegenteil. Die spanische Unternehmensgruppe Grupo Victrix hat sich die Rechte an Gerry Weber gesichert. Der Neustart erfolgt nun unter ihrer Leitung, allerdings ohne das ursprüngliche Unternehmen: keine Produktion, keine Läden, kein stationärer Handel mehr in Deutschland. Die Marke lebt nur noch digital.

Für den Online-Vertrieb im deutschsprachigen Raum – also in Deutschland, Österreich und der Schweiz – hat Victrix mit der Globalist Beteiligungs GmbH aus Stuttgart einen regionalen Partner gefunden. Die beiden Jungunternehmer Carlos Schönig und Felix Manthey sollen den Aufbau des digitalen Geschäfts operativ leiten. Laut Handelsblatt betont Schönig: „Wir sind zuversichtlich, dass unser Angebot die Erwartungen der Kundinnen erfüllt und der Neustart gelingt.“

Der neue Webshop ist bereits online, die aktuelle Kollektion bestellbar. Das Ziel: Die starke Markenbekanntheit von Gerry Weber nutzen und mit modernen digitalen Vertriebswegen kombinieren.

Skepsis trotz Optimismus

Trotz der Ambitionen ist der Neustart aus Expertensicht kein Selbstläufer. Der auf Insolvenzrecht spezialisierte Rechtsanwalt Michael Rozijn von der Kanzlei Schultze & Braun mahnt zur Vorsicht: „Der Verkauf von Markenrechten aus der Insolvenz ist meist nur eine Notlösung.“ Üblicherweise werde ein Unternehmen als Ganzes verkauft und fortgeführt – nicht nur der Markenname.

Mit dem Verkauf der Marke an Victrix sei daher zwar ein Fortbestehen der bekannten Bezeichnung gesichert, nicht aber die Wiederauferstehung des Unternehmens im klassischen Sinn. Die Identität als Arbeitgeber, Produzent und Händler mit direktem Kundenkontakt ist endgültig Geschichte.

Zwischen Chance und Abschied

Der Fall Gerry Weber zeigt, wie fragil auch traditionsreiche Marken sein können – und wie stark sich der Modemarkt gewandelt hat. Von den einst über 170 Standorten in Deutschland sind keine mehr übrig. Und dennoch könnte es der Marke gelingen, als digitales Modeunternehmen neu Fuß zu fassen.

Ob das reicht, um dauerhaft zu bestehen, wird sich zeigen. Klar ist: Gerry Weber ist zurück – aber in einer völlig neuen Rolle.

(VOL.AT)

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