Chile vor Rechtsruck: Nationalist als Favorit in Stichwahl
Für Kast stimmten dabei am Sonntag 24 Prozent der Wähler. Jara schnitt mit 27 Prozent aber nicht viel besser ab. Insgesamt waren acht Kandidaten angetreten. Der Pinochet-Fan Kast, dessen Vater unter den Nazis Wehrmachtssoldat war, und die Sozialdemokratin Jara galten als Favoriten. Parallel zur ersten Runde der Präsidentschaftswahl wurden auch die Mitglieder der Abgeordnetenkammer neu gewählt. Erstmals seit 2012 galt wieder eine Wahlpflicht in Chile. Weil diese mit Strafen unterlegt wurde, rechneten Experten mit einer hohen Wahlbeteiligung.
Kast sieht gute Chancen in Stichwahl
"Der Wandel wird kommen", sagte Kast am Sonntagabend vor Anhängern. Ein echter Sieg werde errungen, wenn die Behörden das organisierte Verbrechen besiegten und die Grenzen für Migranten schlössen. Der Sohn eines nach Chile ausgewanderten Wehrmachtsoffiziers und NSDAP-Mitglieds will nach dem Vorbild des US-Präsidenten Donald Trump mit einer Mauer an der Grenze illegale Einwanderer aufhalten. Ebenso will er das Militär im Inland einsetzen, es soll demnach in Stadtvierteln mit hoher Verbrechensrate gegen Kriminelle vorgehen. Der 59-Jährige hat aus seiner Sympathie für den früheren Diktator Augusto Pinochet kein Geheimnis gemacht.
Kast kann darauf hoffen, dass die Wähler der beiden anderen Bewerber aus dem rechten Lager - der auf Platz vier gelandete Rechtsradikale Johannes Kaiser und die auf Platz fünf gereihte Konservative Evelyn Matthei, die beide ebenfalls deutsche Vorfahren haben - in der Stichwahl für ihn stimmen werden. Kaiser rief seine Anhänger schon zur Unterstützung von Kast auf.
Der Anwalt wäre der erste Rechtsaußen-Präsident in Chile seit dem Ende der Herrschaft von Diktator Augusto Pinochet (1973-1990). Kast selbst macht keinen Hehl aus seiner Bewunderung für den Diktator, der tausende Oppositionelle verfolgen, foltern und töten ließ.
Wichtigste Themen im Wahlkampf waren der Kampf gegen kriminelle Banden sowie die Einwanderung. In der Amtszeit des scheidenden Präsidenten Gabriel Boric ist die Mordrate zwar um zehn Prozent gesunken, doch die zunehmende Gewalt krimineller Banden bereitet vielen Chilenen Sorgen. Außerdem verzeichnete das Land einen Anstieg der Migrationszahlen.
Kast, der für die Republikanische Partei antritt und sich bereits zum dritten Mal um das Präsidentenamt bewirbt, hat angekündigt, Einwanderer ohne Papiere aus dem Land zu werfen. Im Wahlkampf kündigte er Massenabschiebungen, den Bau einer Grenzmauer, die Aufrüstung der Polizei und den Einsatz der Armee in kritischen Gebieten an.
Sicherheit für beide Kandidaten großes Thema
Jara ist zwar Mitglied der Kommunistischen Partei, sie wird jedoch dem sozialdemokratischen Flügel zugerechnet und tritt als Kandidatin der regierenden Mitte-Links-Koalition an. Die 51-jährige frühere Arbeits- und Sozialministerin hat im Wahlkampf angekündigt, die Kontrollen gegen illegale Einwanderung zu verschärfen und die wachsende Kriminalität zu bekämpfen.
Jara rief nach der ersten Wahlrunde dazu auf, nicht zu verzagen. "Lasst nicht zu, dass die Angst eure Herzen einfriert", sagte sie. Nach ihrer Stimmabgabe in Santiago hatte sie versichert, dass sie "keinerlei Komplexe in puncto Sicherheit" habe. "Wenn ich zur Präsidentin gewählt werde, hoffe ich, dass in Chile die Sicherheit, über die Runden zu kommen, ebenso Realität wird wie die Sicherheit, in einer ruhigeren Gegend zu leben."
Im ersten Wahlgang schnitt Jara schlechter ab als von Meinungsforschern vorhergesagt, Kast dagegen besser. Rodrigo Arellano von der chilenischen Universidad del Desarrollo bezeichnete den Ausgang der ersten Wahlrunde daher als "sehr schlechte Nachrichten" für Jara. Es sei "unwahrscheinlich", dass sie die Stichwahl gewinnen könne.
Rechtsruck in Lateinamerika setzt sich fort
Der Rechtsruck in Chile spiegelt die jüngsten Niederlagen der Linken in ganz Lateinamerika wider und deutet auf eine wachsende Dynamik zugunsten rechter Politiker in Ländern wie Kolumbien und Peru hin. Prominentes Beispiel für den Richtungswechsel ist der Argentinier und Trump-Freund Javier Milei, der das Land seit Ende 2023 regiert und den Staatsapparat radikal umkrempelt. Bollwerk gegen diesen Trend ist Brasilien. In der größten lateinamerikanischen Volkswirtschaft konnte sich der linke Präsident Luiz Inácio Lula da Silva 2022 gegen seinen rechtspopulistischen Vorgänger Jair Bolsonaro durchsetzen.
Für die US-Regierung unter Trump könnte ein künftiger chilenischer Präsident Kast die Gelegenheit bieten, ihre Allianzen mit den rechten Regierungen in Argentinien, Ecuador und El Salvador auszubauen. "Kast wird sich der rechten Achse in der Region annähern und wahrscheinlich eine enge Beziehung zu Trump aufbauen", sagte Claudio Fuentes, Politikwissenschaftler an der chilenischen Universität Diego Portales.
(APA/AFP/Reuters)
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