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Strabag-Chef: "Momentan wird viel zu wenig gebaut"

Konzernchef kritisiert Mangel an leistbaren Wohnungen
Konzernchef kritisiert Mangel an leistbaren Wohnungen ©APA/GEORG HOCHMUTH
Die Baukonjunktur ist nach der Finanzkrise 2008/2009 und der Pandemie noch nicht in Schwung gekommen. "Aktuell steht Österreich vor Herausforderungen - die Investitionsdynamik stockt", sagte der Chef des größten österreichischen Baukonzerns Strabag, Stefan Kratochwill, am Montag vor Journalisten in Wien. Das gelte nicht nur für die Verkehrsinfrastruktur. "Eine funktionierende Gesellschaft braucht Wohnraum - Angebot und Nachfrage driften hier auseinander", kritisierte der CEO.

Zu wenig leistbare Wohnungen

"Momentan wird viel zu wenig gebaut - das verschärft das Problem", hielt Kratochwill mit Blick auf den Mangel an leistbarem Wohnraum fest. Die Baubewilligungen sind im Keller. "Das ist so." In Österreich sei es das letzte Jahr wieder ein bisschen besser geworden, doch habe man da alte Projekte hergenommen. "Neue Projekte werden wenig gebaut."

Dabei könnten die Konzerne im Wohnbau Kosten unter 2.000 Euro pro Quadratmeter anbieten. Bauzeit: unter einem Jahr. "Die Kostenreduktion schaffen wir durch Standardisierung und Automatisierung - an der Qualität wird nicht gespart", erklärte der Konzernchef. "Wenig Planungskosten und das Produkt immer wieder gleich hinstellen", lautet das Prinzip. "Der Wiederholungseffekt hat die größte Einsparung." Das sei allerdings "eher für Speckgürtel ein sinnvolles Produkt", in Ballungszentren seien je nach Umfeld individuelle Lösungen nötig. Der genannte Preis gilt für 7-geschoßige Gebäude mit Wärmepumpe und PV am Dach. Tiefgarage gibt es da keine, nur Freiparkplätze. Bei 4 Geschoßen erhöht sich der Quadratmeterpreis in der Errichtung auf bis zu 2.650 Euro.

Volle Auftragsbücher dank Diversifizierung

Die Strabag selbst macht die Flaute den Angaben zufolge in anderen Bereichen wett - die Auftragsbücher sind voll. Kratochwill betonte in diesem Zusammenhang das "Tausendfüßler-Prinzip", von dem der frühere Strabag-Chef und -Gründer Hans Peter Haselsteiner immer gesprochen habe. "Wir versuchen zu diversifizieren."

In Deutschland beteiligt sich die Strabag derzeit beispielsweise am Bau von Stromtrassen. Auch im Industriebau sei die Strabag erfolgreich - bei der Errichtung von Rechenzentren und Projekten im Gesundheitssektor. Auch Gleisanlagen würden in ganz Europa - etwa auch in Kroatien und Tschechien - viele gebaut.

Versäumte Infrastrukturinvestitionen

Der Konzernchef strich hervor, wie wichtig es sei, unaufhörlich in die Infrastruktur eines Landes zu investieren - zum Beispiel in leistbaren Wohnraum mit dem oben genannten günstigeren seriellen Produkt. "Umso weniger investiert wird, umso mehr wird es in Zukunft kosten", so Kratochwill. Das gelte nicht nur für die Errichtung, sondern auch für die Wartung und Instandhaltung.

Kontinuität in den Infrastrukturausgaben der öffentlichen Hand bringe Planbarkeit für die Unternehmen. "Die Vernachlässigung der Infrastruktur hat schmerzhafte Konsequenzen, wie wir es derzeit leider in Deutschland erleben", so der Strabag-Chef. "Die Asphaltproduktion ist in Deutschland und Österreich so niedrig wie selten zuvor", berichtete der Konzernchef. "In Deutschland wird aktuell nochmal um 25 Prozent weniger Asphalt eingebaut als im Jahr davor, das ist weniger als in den 90ern", illustrierte Kratochwill die Lage im Verkehrswegebau.

Der Lichtblick in Deutschland: Das dort beschlossene Sonderbudget für Infrastruktur. Noch fließt kein Geld. "Alle Weichen sind gestellt, es wird einfach noch ein bisschen dauern - Ende 2026, wahrscheinlich 2027". Allerdings gehe es um ein Paket, das auf 12 Jahre ausgerichtet sei. "Die Planungsprozesse und die Genehmigungen werden sich beschleunigen müssen."

Russischer Kernaktionär und US-Zölle

Der von der westlichen Welt wegen des Ukraine-Kriegs sanktionierte, russische Strabag-Großaktionär Oleg Deripaska ist ein Problem. In Summe seien 386 Mio. Euro an Dividenden und Beiträgen aus Kapitalmaßnahmen, die ihm zuzurechnen sind, eingefroren. "Die sind gesichert da", so Kratochwill. Den Konzernangaben zufolge sind sie bei der Strabag als Rückstellungen eingebucht. "Uns wäre es natürlich lieber, einen nicht sanktionierten 'Shareholder' zu haben - es gibt immer wieder Projekte, wo wir nicht zum Zug kommen, weil wir einen russischen 'Shareholder' haben." Dessen ungeachtet habe die Strabag "relativ viel zu tun, aktuell". Die Auftragsbücher seien gut gefüllt.

Die US-Zölle betreffen den Konzern nicht direkt. "Das Baugeschäft ist ein lokales Geschäft", betonte der CEO. Kurzfristig sei die Strabag also nicht betroffen, langfristig möglicherweise schon. "Wenn es unseren Auftraggebern schlecht geht, ist das auch für uns nicht gut", verdeutlichte Kratochwill. "Die Automobilindustrie plant aktuell keine großen Themen; die kämpfen mit den Märkten."

"Wir versuchen, nicht zu viel zu jammern und Lösungen zu finden, um unsere Leute zu beschäftigen", resümierte Kratochwill mit Blick auf die schwache Konjunktur. "Die Zeiten ändern sich und man muss flexibel sein, damit man auch in den neuen Zeiten erfolgreich ist."

(APA)

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