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Nationalrat: Strompreiskompensation, Familienleistungen und Peršmanhof

Nationalratssitzung am Mittwoch.
Nationalratssitzung am Mittwoch. ©APA/ROLAND SCHLAGER (Symbolbild)
Im Nationalrat ist es unter anderem um einen Stromkostenausgleich für energieintensive Betriebe, Familienleistungen für Vertriebene aus der Ukraine und den Polizeieinsatz am Peršmanhof gegangen.
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Energieintensiven Betrieben wird auch heuer und im kommenden Jahr ein Stromkostenausgleich gewährt. Einen entsprechenden Beschluss hat der Nationalrat am Mittwochnachmittag getroffen. Damit soll diesen Unternehmen eine Kompensation für jene Strompreiskostenanteile zugesichert werden, die auf die Einpreisung von Emissionszertifikaten zurückzuführen sind.

Die Förderung ist auf Betriebe eingeschränkt, die einen Jahresstromverbrauch von mindestens einer Gigawattstunde aufweisen und Materialien wie Metall, Stahl, Papier, Holz oder Leder verarbeiten oder herstellen. Die Subvention soll für den über 1 GWh hinausgehenden Jahresstromverbrauch genehmigt werden. Die Höhe der Förderung soll mit 75 Prozent der indirekten CO2-Kosten begrenzt sein.

Ein weiteres in derselben Debatte debattiertes Gesetz schafft eine Übergangslösung für die Verlängerung der Förderung von Biogasanlagen, deren Vertrag im Laufe des Jahres 2026 endet - nämlich bis zum Inkrafttreten eines Gesetzes für die Förderung der Biomethanerzeugung.

Familienleistungen: Einschränkung für Ukrainer

Den Bezug von Familienleistungen für Vertriebene aus der Ukraine hat der Nationalrat leicht modifiziert. Künftig ist es für den Erhalt von Familienbeihilfe und Kindergeld erforderlich, entweder einer Beschäftigung nachzugehen oder dem AMS zur Verfügung zu stehen. Ablehnend äußerten sich nur die Freiheitlichen, die die Leistungen auf österreichische Familien beschränken wollen.

Die nunmehrige Regelung ist bis Mitte kommenden Jahres befristet. SP-Mandatar Bernhard Herzog äußerte die Hoffnung, dass sich bis dahin die Situation in der Ukraine verbessert hat. Die Neuausrichtung der Familienleistungen sah er als sinnvoll an, sei doch die Zielrichtung Integration in den Arbeitsmarkt. Integrationsministerin Claudia Plakolm (ÖVP) betonte, dass der Schutz für Ukrainerinnen und Ukrainer außer Frage stehe. Gleichzeitig gebe es aber auch einen Spardruck. Daher müsse man bei Familien- und Sozialleistungen auch gezielter vorgehen. NEOS und Grüne begrüßten die Vorlage, auch wenn letztere in Details etwa Studierende betreffend Kritik übten.

Von der Verpflichtung gibt es auch gewisse Ausnahmen. Diese gelten etwa für Personen, die jünger als 18 oder älter als 65 Jahre sind und für Personen, die erheblich behinderte Kinder zu betreuen haben.

Polizeieinsatz am Peršmanhof

Außerdem hat der umstrittene Polizeieinsatz am Peršmanhof in Kärnten den Nationalrat beschäftigt. In einer kurzen Debatte verlangten die Grünen eine Entschuldigung von Innenminister Gerhard Karner (ÖVP). Dieser versprach für Ende kommender Woche den Endbericht der im August eingesetzten Analysekommission. Die Entschuldigung kam nicht von ihm selbst, sondern von ÖVP-Mandatarin Margreth Falkner. Gernot Darmann (FPÖ) attackierte hingegen Grüne und SPÖ.

Der Einsatz fand vergangenen Juli an einem zentralen Gedenkort für den Widerstand slowenischer Partisanen gegen das NS-Regime statt, wo die SS 1945 ein Massaker an elf Zivilisten angerichtet hatte. Drei Polizeistreifen, Beamte des Landesamts Staatsschutz und Extremismusbekämpfung (LSE) und des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) waren angerückt, auch eine Hundestaffel und ein Hubschrauber kamen zum Einsatz. Kontrolliert wurde ein antifaschistisches Camp, der Vorwurf lautete auf unrechtmäßig aufgestellte Zelte.

"War kein Routineeinsatz"

Olga Voglauer (Grüne) appellierte deswegen an Karner, sich bei den Betroffenen zu entschuldigen und Geschichte zu lernen. "Das war kein Routineeinsatz", meinte sie, "das war ein Signal." Und weiter: "Wie ernst nimmt dieses Land seine eigene Erinnerungskultur, wenn am Ort des Gedenkens schwer bewaffnete Polizisten ein antifaschistisches Jugendcamp durchsuchen?"

Karner attestierte der Grünen, zurecht auf die historische Bedeutung der Gedenkstätte und die hohe Sensibilität des Einsatzes hingewiesen zu haben. Deswegen habe er kurz darauf die Expertenkommission eingesetzt, die am Dienstag ein letztes Mal getagt habe und derzeit am Endbericht arbeite. Dieser werde voraussichtlich Ende nächster Woche der Öffentlichkeit präsentiert.

Die verlangte Entschuldigung kam vom Innenminister nicht, sehr wohl aber von seiner Parteikollegin Falkner. Wenn der Einsatz als retraumatisierend wahrgenommen worden sei, "dann sage ich eines: Es tut mir leid". Die Einsatzkräfte hätten niemanden einschüchtern wollen, zeigte sie sich überzeugt. Sie sei für eine umfassende Aufarbeitung: "Wir müssen und werden daraus lernen."

Ganz anders die Reaktion Darmanns. Die Aussagen der Grünen seien "schändlich", es handle sich um "Hetze gegen Polizeibeamte". Die Grünen, aber auch die SPÖ in Person von Vizekanzler Andreas Babler stellten sich "schützend vor die linksextreme Antifa".

Lukas Hammer (Grüne) reagierte entsprechend. "Die Erinnerung an antifaschistischen Widerstand hältst du für linksextrem?", fragte er: "Das zeigt, dass ihr euch immer noch nicht von euren braunen Wurzeln emanzipiert habt." Unterstützung kam auch von SPÖ und NEOS. "Österreich darf nicht so mit seinen Minderheiten umgehen", sagte Pia Maria Wieninger (SPÖ). Janos Juvan (NEOS) zeigte sich froh, dass die Spitzen der Politik in Österreich einen solchen Fall nicht zur Seite wischten.

Beschluss zu Erwachsenenvertretung

Die verpflichtende Erwachsenenvertretung durch Anwälte und Notare wird mit Mitte 2028 zeitlich beschränkt. Das hat der Nationalrat mit den Stimmen von Koalition und Grünen beschlossen. Bis dahin sollen die Ressourcen geschaffen sein, dass entsprechend geschultes Personal in ausreichender Zahl zur Verfügung steht.

Außerdem sollen neben dem Gericht auch Betroffene die Möglichkeit erhalten, per Antrag die Notwendigkeit der Erwachsenenvertretung jederzeit neu bewerten zu lassen. Für Betreuende soll es eine Anregungsmöglichkeit geben.

Die FPÖ lehnte die Vorlage als einzige Fraktion ab, da sie nur "kosmetische Verbesserungen" sah, wie der Abgeordnete Harald Stefan formulierte. Die Situation für Betroffene sei nicht besser geworden sondern nur weniger schlecht: "Das ist uns nicht genug." Auch für die Grünen ist die Frist zu lange, man rang sich aber zu einer Zustimmung durch.

Anhebung von Investitionsprämie

Der Nationalrat hat zudem die Investitionsprämie verdoppelt. Gegenstimmen kamen dabei nur von den Grünen, auch wenn deren Budgetsprecher Jakob Schwarz die Maßnahme "nicht unvernünftig" nannte. Er vermisste eine Gegenfinanzierung bzw. befürchtete er, dass die Ausgaben mit Einsparungen bei Klimamaßnahmen kompensiert würden. Ein Ja kam diesmal von der FPÖ, deren Abgeordneter Arnold Schiefer erinnerte, dass der ursprüngliche Antrag dazu von seiner Partei gekommen sei.

SP-Finanzsprecher Jan Krainer verstand alle, die größere Maßnahmen befürworteten. Doch habe man ganz enge budgetäre Rahmenbedingungen geerbt. Ähnlich äußerte sich seitens der NEOS Michael Bernhard: "Es ist nicht mehr möglich, weil die Kassen bei der Übergabe leer waren." Zudem sei bei der Investitionsprämie eine ökologische Komponente gegeben.

Tatsächlich soll der Beitrag für Investitionen in die Ökologisierung befristet von 15 auf 22 Prozent angehoben werden. Bei anderen Investitionen soll er sich von zehn auf 20 Prozent verdoppeln. Die Begünstigungen betreffen Investitionen und Anschaffungen zwischen dem 1. November dieses Jahres und dem 31. Dezember 2026.

Diese Maßnahme sei ein "ganz wichtiger Motor", um die Wirtschaft wieder anzukurbeln, betonte Finanzstaatssekretärin Barbara Eibinger-Miedl (ÖVP). Die Erhöhung diene dabei dazu, Optimismus und Zuversicht in der Wirtschaft zu unterstützen, wie VP-Mandatar Andreas Ottenschläger betonte.

(APA/Red)

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