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KI-Liebe auf Knopfdruck – warum digitale Romanzen boomen und Experten warnen

Liebe auf Klick: Was hinter dem KI-Hype in der Erotikbranche steckt
Liebe auf Klick: Was hinter dem KI-Hype in der Erotikbranche steckt ©Symbolfoto: KI-generiertes Bild / ChatGPT (OpenAI)
Künstliche Intelligenz verändert nicht nur den Alltag, sondern auch die Art, wie Menschen lieben. KI-Datingplattformen erleben einen weltweiten Boom – doch Expertinnen und Experten sehen große Risiken.

Wer schon immer davon träumte, mit einem Topmodel, einem Astronauten oder einer erfolgreichen Schauspielerin zu flirten, muss dafür heute nicht mehr auf das große Glück hoffen – sondern nur noch ein paar Klicks tätigen. Der Grund: KI-gestützte Datingseiten erleben aktuell einen wahren Boom. Besonders in der Erotikbranche wird künstliche Intelligenz verstärkt eingesetzt, um Sehnsüchte zu erfüllen – virtuell, aber täuschend echt.

Allein im ersten Halbjahr 2025 wurden weltweit 128 neue Apps dieser Art veröffentlicht. Zum Vergleich: 2022 waren es in den USA gerade einmal 16, wie das Technikportal TechCrunch berichtet. Namen wie "Candi AI", "Eva AI" oder "AI Freundin" dominieren die App-Stores – auch in der Schweiz. Die Nachfrage ist riesig: 60 Millionen Downloads wurden allein heuer verzeichnet, ein Anstieg von 88 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Intimität auf Abruf – zu welchem Preis?

Die Plattformen versprechen Nähe ohne Verpflichtungen – rund um die Uhr, auf Wunsch personalisiert. Gegen Bezahlung können Nutzerinnen und Nutzer zwischen vorgefertigten KI-Partnern wählen oder sich sogar ihren eigenen idealen Gegenpart erschaffen.

Die Betreiber dieser Dienste sehen ihr Angebot nicht nur als Unterhaltung, sondern als Lösung für reale Probleme. In einem Interview mit dem britischen Guardian erklärt ein Plattformbetreiber, dass KI-Chatbots beispielsweise helfen könnten, Menschenhandel oder sexuelle Ausbeutung auf Webcam-Portalen zu verhindern: "Hier wird niemand zu etwas gezwungen", lautet das Argument.

Kritik von Expertin: "Das ist zu kurz gedacht"

Die Psychologin Marisa Tschopp vom Zürcher IT-Sicherheitsunternehmen Scip hält diese Argumentation für gefährlich verkürzt. Zwar seien körperliche Gefahren ausgeschlossen, doch psychologische Risiken bestünden weiterhin. "Emotionale Abhängigkeit, Manipulation und Datenmissbrauch sind reale Gefahren", sagt die 41-Jährige.

Tschopp warnt zudem vor mangelhafter Sicherheit auf vielen dieser Seiten. Oft fehle es an grundlegenden Schutzmechanismen wie Altersverifikation oder klaren Datenschutzrichtlinien. Auch in Sachen Cybersecurity sei vieles Wunschdenken: "Die Realität hinkt der Technologie weit hinterher."

KI als Beziehungspartner: Trend mit Zukunft

Tschopp beobachtet das Thema auch aus wissenschaftlicher Perspektive. Ihre Forschung widmet sich den sozialen Dynamiken zwischen Mensch und Maschine – und dabei rücken KI-Romanzen zunehmend in den Fokus. "Wir sehen weltweit, dass Menschen KI-Chatbots nicht nur zur Unterhaltung nutzen, sondern auch für emotionale und intime Gespräche", erklärt sie.

Auch in der Schweiz laufen derzeit erste Studien, die sich mit den Auswirkungen solcher Beziehungen beschäftigen. Trotz aller Bedenken glaubt die Expertin, dass KI-Partner in der Erotikbranche einen festen Platz einnehmen werden – sofern der Umgang damit verantwortungsvoll erfolgt.

"Es geht darum zu erkennen, was KI kann – und was nicht. Wir müssen lernen, unsere emotionalen Grenzen zu reflektieren und sie bewusst zu setzen. Doch das ist oft leichter gesagt als getan."

(VOL.AT)

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