Babiš sagte nach dem Treffen, er habe noch keinen Auftrag zur Regierungsbildung erhalten. "Das wäre verfrüht", erklärte er gegenüber Journalisten. Erneut bestritt er Vorwürfe, seine Partei habe "pro-russische Haltungen": "Mir geht es darum, dass Europa funktioniert. Es entwickelt sich wirtschaftlich jetzt nicht gut", sagte Babiš, ohne dessen Partei praktisch keine Mehrheitskonstellation im Abgeordnetenhaus möglich ist.
Auch Pavel bezeichnete die Erteilung des Auftrages zur Regierungsbildung als "vorzeitig". Auf einer Pressekonferenz nach dem Treffen mit den Parteichefs sagte er, die Zeit dafür komme erst dann, wenn sich ein Grundriss einer Regierung abzeichnen werde, die die Unterstützung des Abgeordnetenhauses erhalten könnte. "Davon sind wir noch weit entfernt", so Pavel.
Das bisher regierende Wahlbündnis Spolu (Gemeinsam) von Premier Petr Fiala hatte bei dem Urnengang eine schwere Niederlage erlitten. Spolu kam auf 23,4 Prozent der Stimmen, was 52 Abgeordnetenmandaten entspricht. Fiala, der Chef der konservativen Demokratischen Bürgerpartei (ODS), gerät unterdessen unter Druck. Einer der Gründe dafür ist, dass die kleine christdemokratische Volkspartei (KDU-ČSL) 15 der 52 Mandate auf Grund von Vorzugsstimmen gewonnen hat. Dies sorgt für Kritik innerhalb der ODS, da die KDU-ČSL laut Wahlumfragen unter der Fünf-Prozent-Hürde liegt und damit im Falle einer eigenständigen Kandidatur den Einzug ins Parlament nicht schaffen würde.
Fiala bedauert Sieg der "Populisten und Nationalisten"
Fiala erklärte nach seinem Treffen mit dem Staatschef mit Bedauern, dass die "Populisten und Nationalisten" die Wahlen gewonnen hätten. Er betrachte es aber als logisch, dass "laut der tschechischen demokratischen Tradition der Wahlsieger den Auftrag zur Regierungsbildung erhalten" werde. Die künftige Regierungskoalition wird höchstwahrscheinlich auf dem Grundriss von ANO und zwei weiteren Gruppierungen entstehen - der rechtspopulistischen Partei Freiheit und direkte Demokratie (SPD) von Tomio Okamura mit 7,8 Prozent und 15 Mandaten und den rechtskonservativen Motoristen mit 6,8 Prozent und 13 Mandaten. Insgesamt hat das Trio eine bequeme Mehrheit von 108 Sitzen im 200-köpfigen Abgeordnetenhaus.
Babiš bestätigte, dass er in der Nacht auf Sonntag mit den Chefs der SPD und der Motoristen bereits erste Sondierungsgespräche geführt habe. "Die Verhandlungen werden fortgesetzt. Über eine eventuelle Einigung werde ich zunächst den Staatspräsidenten informieren", sagte Babiš. Die Frage ist, ob ANO, SPD und Motoristen eine Mehrheitsregierung bilden werden oder ob es auf ein ANO-Minderheitskabinett mit Duldung von SPD und Motoristen hinauslaufen wird. Babiš bevorzugt die zweite Alternative.
Im Unterhaus werden noch zwei weitere Parteien vertreten sein. Die bisher mitregierende liberale Bürgermeisterpartei (STAN) konnte 11,2 Prozent der Stimmen und somit 22 Sitze auf sich vereinen. Die oppositionellen Piraten erreichten neun Prozent und damit 18 Sitze. Die Wahlbeteiligung bei den Parlamentswahlen lag bei knapp 69 Prozent.
(APA)
Du hast einen Hinweis für uns? Oder einen Insider-Tipp, was bei dir in der Gegend gerade passiert? Dann melde dich bei uns, damit wir darüber berichten können.
Wir gehen allen Hinweisen nach, die wir erhalten. Und damit wir schon einen Vorgeschmack und einen guten Überblick bekommen, freuen wir uns über Fotos, Videos oder Texte. Einfach das Formular unten ausfüllen und schon landet dein Tipp bei uns in der Redaktion.
Alternativ kannst du uns direkt über WhatsApp kontaktieren: Zum WhatsApp Chat
Herzlichen Dank für deine Zusendung.