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"Mein Leben - ein Abenteuer": Wilfried Seipels Erinnerungen

Ex-KHM-Generaldirektor Wilfried Seipel veröffentlicht Erinnerungen
Ex-KHM-Generaldirektor Wilfried Seipel veröffentlicht Erinnerungen ©APA / Bibliothk der Provinz
Er hätte wie sein Vater Apotheker werden sollen, entwickelte aber schon im Schottengymnasium ein starkes Interesse an der Antike, das ihn bei der Maturareise bis an die Spitze der Cheopspyramide führte. Also inskribierte er statt Pharmazie ("Das kann ich einfach nicht!") Ägyptologie und Klassische Philologie. Das berichtet Wilfried Seipel in dem Buch "Mein Leben - ein Abenteuer", das er am Montag dort vorstellt, wo er zwei Jahrzehnte gewirkt hat: im Kunsthistorischen Museum.

Die im Verlag Bibliothek der Provinz erschienenen "Gedanken und Erinnerungen eines Museumsdirektors", die im Kuppelsaal jenes Museums präsentiert werden, dem Seipel von 1990 bis 2009 als Generaldirektor vorstand, sind kein Abenteuerroman, sondern ein reich illustrierter und 2,4 Kilogramm schwerer Prachtband, in dem nahezu jede Lebensphase des 81-jährigen Verfassers auch mit Fotos dokumentiert ist. Von Grabungskampagnen in Ägypten über ausländische Staatsbesuche in den von ihm geleiteten Museen bis hin zum Mitarbeiter-Heurigen: Die Zählung jener Fotos, bei denen die Bildunterschrift auch ein lapidares "WS" vermerkt, beginnt man am besten gar nicht.

Im Zentrum: die Saliera

Eine Autobiografie ist keine objektive Lebensdarstellung, und so liegt das Interesse bei der Lektüre der über 400 Seiten auf der Beschreibung der subjektiven Wahrnehmung mancher Dinge, die in der Öffentlichkeit breiter wahrgenommen wurden. Allen voran ist das natürlich der Einbruchsdiebstahl und die Wiederauffindung der Saliera, die den Generaldirektor emotional schwer mitgenommen haben und dessen Rücktrittsangebot die zuständige Ministerin Elisabeth Gehrer mit der Bemerkung von Tisch wischte: "Sie können doch nicht neben jeder Vitrine stehen ...!" Dass sich Seipel noch immer über einen "Deal" der Polizei mit dem Täter ärgert, der diesem die Erstverbreitung einer Version zusicherte, die das Museum und dessen Sicherheitsvorkehrungen in ein schlechtes Licht rückte, ist jedoch deutlich herauszulesen.

Auch 1989/90 rund um die Reform der Bundesmuseen und seine Bewerbung als KHM-Generaldirektor erhobene Vorwürfe des "Antikenschmuggels" bringt Seipel zur Sprache, Rechnungshofberichte aus seiner Zeit schon weniger. Immerhin erfährt man in den zahlreichen Einblicken in Interna von ministeriellen Abläufen und kulturpolitischen Entscheidungen, wie der vor der Entlassung der Bundesmuseen in die Teil- und Vollrechtsfähigkeit zuständige Sektionschef angeblich mit Rechnungshofberichten umzugehen pflegte: indem er diese nämlich "ohne sie zu lesen in seiner Schreibtischschublade versenkte".

Hochkarätige Telefonate

"Mein Leben - ein Abenteuer" ist auch ein sehr österreichisches Buch - von der Schullaufbahn des Urgroßneffen des Bundeskanzlers Ignaz Seipel an der Seite seines Schulfreundes Ernst Streeruwitz, des Sohnes des gleichnamigen Kurzzeit-Bundeskanzlers, bis zu dem Umstand, dass sich in Österreich manche Dinge bedeutend beschleunigen lassen, wenn man Minister und Generaldirektoren auf seiner Kurzwahlliste hat. Bei Milliardär Karl Wlaschek biss Seipel allerdings auf Granit, als er diesen um finanzielle Unterstützung für einen Rückkauf des an die Familie Rothschild restituierten Porträts "Tieleman Roosterman" von Frans Hals bat: "Aber was hab ich davon?"

Einblicke in Restitutionsverhandlungen gibt Seipel in seinen Erinnerungen ebenso wie in Bemühungen, bauliche Verbesserungen für "sein" Museum zu erzielen. Wie weit gediehen die von ihm vorangetriebenen Projekte von Erweiterungen für das Kunsthistorische Museum waren, ehe diese "in der einfältigen Tiefe mutloser Planungslosigkeit" verschwanden, schildert er ebenso, wie er durchblicken lässt, er hoffe, das Bundesdenkmalamt werde seine Bewilligung für die derzeit geplanten Umbauten des Eingangsbereichs des Museums nochmals überdenken.

Seipels Nachnachfolger Jonathan Fine, der diesen Umbau vorantreibt und für essenziell erachtet, wird am Montag bei der Buchpräsentation die Begrüßung vornehmen. In seinen versöhnlichen Schlussbemerkungen wünscht ihm Seipel, dass es ihm "gelingen wird, alle neue Herausforderungen mit seinem Team zu bewältigen".

(Von Wolfgang Huber-Lang/APA)

(S E R V I C E - Wilfried Seipel: "Mein Leben ein Abenteuer - Gedanken und Erinnerungen eines Museumsdirektors", Verlag Bibliothek der Provinz, 432 Seiten, vierfarbig, Hardcover, 38 Euro; Präsentation am Montag, 6. Oktober, 19 Uhr, im Kuppelsaal des Kunsthistorisches Museums, Maria-Theresien-Platz 1, 1010 Wien. Anmeldung erbeten unter verlag@bibliothekderprovinz.at oder unter 02856/3794)

(APA)

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