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Japan bekommt mit Sanae Takaichi erste Regierungschefin

Sanae Takaichi ist auf dem Weg an die Regierungsspitze
Sanae Takaichi ist auf dem Weg an die Regierungsspitze ©APA/AFP/POOL
Japan wird künftig erstmals von einer Frau regiert werden. Die Erzkonservative Sanae Takaichi (64) gewann am Samstag das Rennen um den Vorsitz der regierenden Liberaldemokratischen Partei (LDP) und wird damit aller Voraussicht nach auch die erste Ministerpräsidentin des Landes. In Japan wird üblicherweise der Parteivorsitzende auch Regierungschef. Die Wahl zur Premierministerin im Parlament ist für den 15. Oktober angesetzt.

Die frühere Innenministerin Takaichi setzte sich bei der Stichwahl um den LDP-Vorsitz gegen den 44 Jahre alten, moderaten Landwirtschaftsminister Shinjiro Koizumi durch. Die Stimmen setzen sich sowohl aus 295 Parteiabgeordneten sowie über 900.000 einfachen Parteimitgliedern zusammen. Im ersten Wahlgang hatte keiner der zunächst fünf Kandidaten eine Mehrheit erzielt.

LDP in der Krise

Ministerpräsident Shigeru Ishiba war im September nach einer Reihe von Wahlniederlagen zurückgetreten. In der Bevölkerung wuchs unter anderem der Unmut über gestiegene Lebenshaltungskosten. Die 64-jährige Takaichi war Ishiba bei der Stichwahl um den LDP-Vorsitz im vergangenen Jahr noch knapp unterlegen. Sie gilt als Befürworterin einer expansiven Fiskal- und Geldpolitik.

Zwar hat die Koalition aus LDP und ihrem Juniorpartner Komeito im Juli bei der Wahl zum Oberhaus die Mehrheit verloren und stellt seither nur noch eine Minderheitsregierung. Dennoch dürfte die neue LDP-Chefin aller Wahrscheinlichkeit nach im Parlament zur Regierungschefin gewählt werden. Das zersplitterte Oppositionslager müsste sich alternativ auf einen gemeinsamen Kandidaten einigen. Das gilt als höchst unwahrscheinlich.

Für Japan wäre es der vierte Premierminister in nur fünf Jahren. Ishiba trat nach weniger als einem Jahr im Amt zurück. Er begründete seine Entscheidung mit der historischen Wahlniederlage seiner Partei bei der Oberhauswahl im Juli.

Wie wird es werden?

Grund für die Unzufriedenheit vieler Japaner mit ihrer Regierung ist auch die nach wie vor niederige aber zunehmende Einwanderung von Migranten. Zuletzt haben rechtspopulistische Kleinparteien, vor allem die offen ausländerfeindliche Sanseito, an Beliebtheit gewonnen. 

Takaichi dürfte die LDP nach dem vergleichsweise liberalen Ishiba nun wieder auf einen rechtskonservativen Kurs führen. Sie hat sich in der Vergangenheit wiederholt kritisch gegenüber Zuwanderung geäußert und vertritt zudem einen harten politischen Kurs gegenüber der Volksrepublik China.

Als Verbündete des 2022 ermordeten Ex-Premiers Shinzo Abe teilt sie auch dessen nationalistische und revisionistische Ansichten. So ist Takaichi unter anderem bekannt für Pilgergänge zum umstrittenen Kriegsschrein Yasukuni in Tokio. In dem Shinto-Heiligtum wird der in Kriegen für das japanische Kaiserreich Gestorbenen gedacht - darunter auch verurteilte und hingerichtete Kriegsverbrecher. Für Kritiker ist der Yasukuni-Schrein in Tokio ein Symbol des ehemaligen Militarismus. Besuche japanischer Politiker und Opfergaben in dem Schrein lösten in der Vergangenheit wiederholt Spannungen mit China und Südkorea aus, gegen die Japans Aggressionen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gerichtet waren.

(APA/Reuters/dpa)

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