Schauspieler Rudolf Melichar mit 96 Jahren gestorben

"Wir trauern um Rudolf Melichar, Ehrenmitglied des Burgtheaters und langjähriger Kollege. Als Schauspieler brillierte er als Charakterdarsteller, Sprachkünstler und Interpret vieler zeitgenössischer Texte. Ich persönlich durfte zweimal mit ihm arbeiten: einmal bei "Perikles" von Shakespeare und dann bei "Winterreise" von Jelinek. Rudi war damals schon über 80, in seiner Gesinnung aber so neugierig, aufgeschlossen und modern, dass er immer ein großes Vorbild für mich bleiben wird", würdigte Stefan Bachmann, künstlerischer Direktor des Burgtheaters Melichar.
Geboren am 22. Juni 1929 in Berlin als Sohn des österreichischen Komponisten und Dirigenten Alois Melichar, kam Rudolf Melichar als 13-Jähriger mit seiner Familie nach Wien, wo er in der Nachkriegszeit aufwuchs und sich am Reinhardt-Seminar zum Schauspieler ausbilden ließ. Bald stand er in Kiel, Essen, Hannover, Dortmund und Köln auf der Bühne, bevor es ihn Ende der 60er-Jahre endgültig nach Wien und ans Burgtheater verschlug.
Ab 1968 im Burg-Ensemble
Ab 1968 war er im Ensemble des Hauses und galt dort als Institution. Hier stand er in weit über 100 Rollen auf der Bühne, häufig in Stücken von österreichischen und deutschen Theaterklassikern wie Nestroy, Horváth, Schnitzler, Kleist, Goethe oder Brecht, spielte aber auch Molière, Shakespeare, Tschechow und Ibsen. Mit 39 Jahren debütierte er an der Burg, mit 89 Jahren hatte er seine letzte Premiere im Vestibül.
Besonders oft aber stößt man in der Karriere Melichars auf dessen Lieblingsdramatikerin Elfriede Jelinek und seinen Lieblingsschriftsteller Thomas Mann. Bereits 1994 brillierte Melichar in Claus Peymanns Jelinek-Inszenierung "Raststätte" und galt fortan als Spezialist für moderne Sprachpartituren. Weitere sechs Jelinek-Inszenierungen sollten folgen, darunter jeweils in der Regie von Nicolas Stemann "Das Werk", "Babel" und "Die Kontrakte des Kaufmanns" sowie in der Inszenierung von Stefan Bachmann "Winterreise" am Akademietheater. Bald war er nicht nur am Theater, sondern auch im Fernsehen und im Film zu sehen - u.a. in der Regie von Axel Corti oder zuletzt in Michael Hanekes Jelinek-Adaption "Die Klavierspielerin".
Seine literarische Ikone war Thomas Mann
Unter Friederike Heller spielte der "Sprech-Schauspieler" in den Handke-Inszenierungen "Die Unvernünftigen sterben aus", "Spuren der Verirrten" und "Doktor Faustus - my love is as a fever" nach Thomas Mann. Letzterem zollte Melichar bei seinem 80. Geburtstag mit der Lesung "Mein Mann dein Mann" im Kasino am Schwarzenbergplatz Tribut. "Ich saß mit meinem Vater und einem seiner Komponistenfreunde in einem Cafe in Gastein auf einer sonnigen Terrasse, als ich zwei Tische weiter Thomas Mann sitzen sah, und starrte zu ihm hinüber", erinnerte sich Melichar. "Meine literarische Ikone war mit einem Mal lebendig geworden und saß, in grauem Anzug und heller Krawatte, vor mir. Seine Bücher hatte ich mehrmals gelesen und konnte viele Stellen auswendig."
In den vergangenen Jahren war der Träger des Goldenen Verdienstzeichens für Wissenschaft und Kunst der Republik Österreich seltener auf der Bühne zu sehen, etwa 2015 in der Dramatisierung von Maja Haderlaps "Engel des Vergessens" in der Regie von Georg Schmiedleitner am Akademietheater oder 2018 in "Saturn kehrt zurück" von Noah Haidle im Vestibül im Burgtheater. 2017 stand er für eine Folge von "SOKO Kitzbühel" vor der Kamera.
(APA)
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