Merz beschwört gemeinsame Kraftanstrengung für neue Einheit

"Lassen Sie uns eine gemeinsame Kraftanstrengung unternehmen für eine neue Einheit in unserem Land", sagte der christdemokratische Politiker. Deutschland müsse sich ändern, damit es in einer veränderten Welt bestehen könne. "Trauen wir uns solche Veränderung zu. Lassen wir uns nicht von Ängsten lähmen. Wagen wir einen neuen Aufbruch", forderte Merz.
Bei allen Problemen sei er stets der Meinung gewesen, "dass man von einem Gelingen der deutschen Einheit sprechen kann", betonte Merz. Er räumte aber ein, dass es nach 35 Jahren nach wie vor Defizite gebe, weil sich etwa Menschen in Ostdeutschland mit ihren Lebenserfahrungen zurückgesetzt fühlten oder Ostdeutsche immer noch seltener in Führungspositionen zu finden seien.
Deutschland in entscheidender Entwicklungsphase
Deutschland und Europa stünden unter starkem Druck, betonte Merz. "Neue Allianzen von Autokratien bilden sich gegen uns und greifen die liberale Demokratie als Lebensform an", sagte er. "Die Weltwirtschaftsordnung wird umgeschrieben, Zollschranken werden errichtet, Egoismen werden stärker. Vielleicht sind wir auch deshalb wirtschaftlich schwächer geworden", fügte er hinzu. Dazu kämen technologische Umwälzungen. Das mache es auch viel schwerer, das Niveau der Sozialleistungen zu erhalten. Jahrelange "irreguläre, ungesteuerte Migration" nach Deutschland habe das Land zudem polarisiert und neue Gräben in der Gesellschaft aufgerissen. Das Land stecke jetzt in einer entscheidenden Phase seiner Entwicklung.
Mehrere Dinge seien deshalb nötig. "Wir müssen wieder lernen, uns zu verteidigen", sagte Merz mit Blick auf die Bedrohung durch Russland. Deshalb fahre man die Verteidigungsausgaben deutlich hoch und verteidige sich auch gegen hybride Bedrohungen. Auch müsse Deutschland wieder auf einen Pfad wirtschaftlicher Stärke und nachhaltigen Wohlstands zurückfinden. Dazu müsse man sich etwa dem neuen Protektionismus in der Welt entgegenstellen, neue Märkte erschließen und vor allem Bürokratie abbauen. "Die Europäische Union muss ihre Prioritäten neu setzen. Europa muss sich wieder auf seine wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit konzentrieren", mahnte der Kanzler. Alle müssten sich mehr anstrengen, um im internationalen Wettbewerb zu bestehen.
Merz forderte erneut auch Reformen in der Sozialpolitik, nannte aber keine Details. "Sozialpolitik muss wieder mit einem klaren Blick auf die Wirklichkeit beginnen, zumal auf die demografische Lage unseres Landes", sagte er. Es gehe darum, Lasten so zu verteilen, dass der Sozialstaat auch künftig funktioniere. "Es geht in dieser Frage um einen neuen Konsens der Gerechtigkeit." Man müsse die Strukturen so verändern, dass der Staat denen helfe, die Hilfe brauchten.
Der Kanzler appellierte zudem an die Deutschen, dass eine Verantwortung für die Bewältigung der Probleme nicht nur Aufgabe der Politik sei. "Selbstverständlich übernimmt die Politik, übernehmen die Institutionen des Staates, übernimmt die Bundesregierung ihre Verantwortung", betonte Merz. Man sei sich der Dimension der Aufgabe bewusst. "Aber diese Dimension der Aufgabe muss von allen verstanden und angenommen werden, von der Gesamtheit der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes."
Macron sieht Rückkehr des Krieges
Macron beschwor in seiner Rede die Freundschaft zwischen Deutschland und Frankreich und rief zur Verteidigung der Demokratie in Europa auf. "Der Krieg zwischen uns existiert nicht mehr. Eine großartige Errungenschaft dieses Europas", sagte er. Allerdings kehre der Krieg zurück, angesichts des Angriffs auf die Ukraine und in hybriden Formen mit Cyberattacken, Manipulationen von Informationen und Luftraumverletzungen. "Leider befinden wir uns erneut in einer Zeit der Konfrontation. Angesichts dessen haben wir es geschafft, geeint zu bleiben" sagte Macron. Erstmals formiere sich Europa als eine militärische Macht, nicht um Krieg zu führen, sondern um sein Gebiet und seine Werte zu verteidigen.
Die Demokratie in Europa werde aber nicht nur von außen, sondern auch von innen heraus bedroht. Es würden Zweifel an der Rechtsstaatlichkeit gesät und von Manipulationen durch Regierungen gesprochen, sagte Macron. Die öffentliche Debatte sei einer Hassdebatte voller Gewalt gegen die Regierenden gewichen, angefacht durch die sozialen Medien. "Wenn wir Europäer nicht aufwachen und sagen: Wir wollen die Kontrolle über unsere Demokratie zurückgewinnen, dann sage ich Ihnen schon jetzt, dass in zehn Jahren alle, die mit dieser Infrastruktur spielen, gewonnen haben werden", sagte der französische Präsident. "Und wir werden ein Kontinent sein wie viele andere, voller Verschwörungstheoretiker, Extremisten, Lärm und Wut."
Macron forderte konkret eine Regulierung der von amerikanischen und chinesischen Unternehmen betriebenen Netzwerke. "Ich glaube, wir waren einfach zu naiv, unseren demokratischen Raum den sozialen Netzwerken zu überlassen, die in den Händen entweder von großen amerikanischen Unternehmen oder von großen chinesischen Firmen liegen", sagte der französische Präsident. Man habe zugelassen, dass diese Netzwerke systematisch negativen Emotionen Vorrang vor positiven Emotionen einräumen. Zudem gebe es eine massive Desinformation.
(APA/Reuters/dpa)
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