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Emserin am Oktoberfest: "Jemand hat mein Dirndl hochgezogen und auf meinen Po gehauen!"

Das letzte Oktoberfest-Wochenende steht an. Mittendrin ist die Vorarlbergerin Lisa Ender, die bereits das zweite Mal dort arbeitet. Sie erzählt VOL.AT, wie es ist, nüchtern unter den vielen Feiernden zu arbeiten, wie sie Sexismus und die Sperre aufgrund der Bombendrohung dort erlebt hat.

Es gibt zwei Arten, das Oktoberfest zu erleben: mit einem Bier in der Hand am Feiern oder nüchtern mit einem Stapel Hüte auf dem Arm am Arbeiten. Lisa Ender aus Hohenems gehört dabei zur zweiten Kategorie. Bereits das zweite Jahr verkauft sie in München Hüte in Form von Bierfässern und Hähnle und andere Souvenirs. Das macht sie zwölf Stunden täglich, umgeben von Hunderttausenden Feiernden.

Lisa Ender ist aktuell in München für die Arbeit am Oktoberfest. ©Privat

Oktoberfest als Nichttrinkerin

Dabei bleibt sie nüchtern. Alkohol ist kein Thema für die 23-Jährige. "Ich trinke keinen Alkohol und ich sehe das oft so als Beobachtung", führt Ender aus. "Menschen zeigen im Rausch ihre unbewussten, ungeschminkten Seiten. Und manchmal ist es sehr amüsant und auch ehrlich und manchmal aber auch super herausfordernd."

Bestückt mit den Verkaufsgegenständen: Lisa Ender am Oktoberfest. ©Privat

"Habe Streamerin kennengelernt"

Herausfordernd sind etwa schlechte Erfahrungen mit übergriffigen Männern: "Jemand hat mein Dirndl hochgezogen und auf meinen Po gehauen. Das hat mich super verärgert." Andere rissen ihr bereits betrunken die Hüte aus der Hand und warfen sie auf den Boden.

Übergriffigkeit ist auf der Wiesn kein Einzelfall – gerade heuer sorgte ein Vorfall für Aufsehen, bei dem ein Montafoner eine Streamerin belästigt haben soll. Ender hat die Streamerin persönlich kennengelernt: "Eine ganz liebevolle Frau." Sie ergänzt: "Und ja, so Momente gibt es auch bei mir."

Das Dirndl ist aktuell ihr tägliches Outfit. ©Privat

Übergriffe als Übung, Grenzen aufzuzeigen

Ender versucht, bei Belästigung klare Grenzen aufzuzeigen. Das geht ebenfalls besser, wenn sie nüchtern, wach und präsent ist. "Ich sehe es einfach als ganz klare Übung, meine Grenzen zu kommunizieren und auch meine Meinung zu vertreten, wenn etwas nicht geht", so die 23-Jährige.

Dann spricht sie auch mal das Sicherheitspersonal an. "Das passiert auch öfter, dass Securities dann Männer hinausschicken, die einfach sehr grenzüberschreitend sind", erzählt sie.

Für Tanzen und Lachen braucht man laut ihr keinen Alkohol. ©Privat

Vorarlberger Gäste leicht zu erkennen

Neben diesen schlechten Erfahrungen gibt es aber auch zahlreiche gute Erlebnisse. "Vergangenes Jahr hatte ich einmal einen Jackpot. Ein Mensch hat mir alle Hüte abgekauft, die ich dabei hatte. Das waren 850 Euro", erinnert sie sich zurück. Wofür er so viele Hüte verwendet hat, kann sie sich auch nicht erklären.

Das Oktoberfest beschreibt sie als "intensiv, verrückt und hedonistisch". Aber auch ein Ort voller Begegnungen: "Viele Gäste sind super herzlich. Und es ist erstaunlich, wie viele Vorarlberger man trifft – man erkennt sie gleich am Dialekt."

Vergangenes Jahr hat ein Kunde ihr mal alle Hüte abgekauft. ©Privat

Wie lassen sich Yoga und Wiesn vereinen?

Am Oktoberfest bewundert sie die Vielfalt, geballt auf einem Fest. Dabei fasziniert sie, wie viele Menschen nur für die Wiesn anreisen.

Reisen und das Kennenlernen von anderen Kulturen ist ihre Leidenschaft. Sonst kennt man die Emserin als Yogalehrerin und Musikerin, verbunden mit der Natur und häufig auf Low-Budget-Reisen über den ganzen Globus ohne viel Luxus. Wie passt Yoga zur Wiesn?

Für sie ist es eine intensive Zeit. ©Privat

Laut der Yogalehrerin lassen sich diese zwei konträren Bereiche gut miteinander vereinen. "Meditation heißt ja auch nicht immer, ganz ruhig in einem stillen Raum zu sitzen, sondern kann auch im Chaos entstehen." Für sie geht es beim Yoga um Verbindung – mit sich selbst und mit anderen: "Und das passiert auch hier." Zwischen Maßkrügen und Blasmusik atmet sie bewusst: "Das ist mein Sadhana – mein spirituelles Üben mitten im Trubel."

Bombendrohung als willkommene Pause

Ruhige Momente kommen dort bei dem ganzen Herumlaufen zu kurz. Muskelkater in Beinen und den Schultern gibt es inklusive. "Ich arbeite meist von zehn bis zehn – das sind locker 30.000 bis 40.000 Schritte pro Tag", erzählt sie. "Der Körper gewöhnt sich schon dran, aber es ist trotzdem jeden Abend einfach intensiv."

Lisa Ender freut sich schon auf die Ruhe nach diesen intensiven 16 Tagen. ©Privat

Als das Oktoberfest vergangene Woche wegen eines Brandes kurzzeitig gesperrt wurde, war das für Lisa eine unerwartete Verschnaufpause. "Ich war einfach froh, ausschlafen zu können", gesteht sie, dass sie froh über den freien Tag war. Angst hatte sie keine: "Die Sicherheitskräfte waren super professionell."

Doch warum tut man sich den ganzen Stress im doch teuren München als Vorarlbergerin an – rentiert sich das? Mit Couchsurfing und Schlafmöglichkeiten bei Bekannten rentiert sich laut ihr der Job auf jeden Fall, um in kurzer Zeit Geld zu verdienen. Wichtig sei nur die frühe Planung.

Müde, aber glücklich

Die Wiesn geht nun in den Endspurt. Jetzt, am letzten Wochenende, ist sie froh, wenn die intensive Zeit vorbei ist, aber auch dankbar für die Erfahrung und dass sie gesund geblieben ist. Sie freut sich auf Yogaklassen und Ruhe. Denn: "Yoga fühlt sich immer viel mehr wie daheim an, wie zu Hause." Danach geht’s nach Mallorca. "Einfach Sonne, Meer und liebe Menschen. Ein Reset fürs Nervensystem."

(VOL.AT)

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