Hunderte eingefrorene Russen-Milliarden in der EU - Was mit dem Geld jetzt passieren soll

Dies wird auf dem informellen EU-Gipfel in Kopenhagen und dann auf dem regulären EU-Gipfel Ende des Monats besprochen. Auch wenn es von sehr vielen EU-Regierungen prinzipielle Zustimmung gibt, bleiben derzeit viele offene Fragen.
Um wieviel Geld geht es?
In der EU liegen hunderte Milliarden Euro russischen Staatsvermögens, vor allem in Belgien bei dem Unternehmen Euroclear. Das Geld wurde nach dem russischen Überfall auf die Ukraine 2022 eingefroren. In der Debatte schwankt die genannte Höhe dieses Geldes zwischen 200 und 250 Milliarden Euro. Einig scheint man sich zu sein, dass mittlerweile etwa 185 Milliarden Euro in bar bei Euroclear liegen, weil die Laufzeit ihrer Anlageformen abgelaufen ist - der Betrag soll in den kommenden Monaten sogar steigen, weil dann weitere Geldanlagen auslaufen.
Bisher werden nur die Erträge - etwa Zinszahlungen - aus den russischen Geldanlagen dafür verwendet, einen 50 Milliarden Euro-Kredit an die Ukraine zu finanzieren, aber nicht das Geld selbst. Von den 185 Milliarden Euro sollen deshalb 45 Milliarden dafür reserviert bleiben, diesen Kredit abzulösen - bleiben also 140 Milliarden Euro.
Warum beginnt die Debatte jetzt?
Deutschland hatte bisher sehr reserviert auf Vorschläge zur Nutzung des eingefrorenen russischen Geldes für die Ukraine reagiert. Argumente waren zum einen die Bedenken, dass der Finanzstandort des Euroraums leiden könnte, wenn ausländische Regierungen fürchten müssen, dass ihr Geld konfisziert wird. Zum anderen wollte man das Geld als Druckmittel auf die russische Regierung nutzen, wenn es um einen Friedensschluss und den Wiederaufbau der Ukraine geht.
Jetzt hat die deutsche Regierung ihre Position verändert - aus der Not heraus. Zum einen haben die USA unter Präsident Donald Trump ihre Hilfe für die Ukraine gestoppt. Zum anderen haben die meisten großen überschuldeten EU-Staaten keine Möglichkeit, höhere Militärhilfe für die Ukraine aus ihren nationalen Haushalten zu zahlen. Russland soll zugleich gezeigt werden, dass die Europäer die Ukraine auch in den nächsten Jahren finanziell stützen.
Wie sollen die 140 Milliarden aktiviert werden?
Merz hat nun ein kompliziertes Verfahren vorgeschlagen, das den Gedanken ähnelt, die auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen geäußert hatte. Danach werden die liquiden Mittel genutzt, damit Euroclear Anleihen der EU-Kommission kauft und diese einlagert. Der Ukraine wiederum werden die 140 Milliarden Euro als zinslose Kredite gegeben. Diese soll das Land zurückzahlen, wenn Russland am Ende des Krieges - wie erhofft - Reparationen zahlt. Weil aber unklar ist, ob diese Rückzahlung möglich sein wird und weil auf keinen Fall eine Enteignung Russlands vermieden werden soll, sollen die 27 EU-Staaten die EU-Anleihen aus ihren nationalen Haushalten absichern. Das heißt, sie müssten einspringen, wenn die 140 Milliarden nicht zurückgezahlt würden. Auf Deutschland käme eine Garantie in Höhe von 30 bis 40 Milliarden Euro zu. Die deutsche Bundesregierung schlägt vor, dass diese nationalen Garantien 2028 mit dem neuen EU-Finanzrahmen in Garantien aus dem EU-Haushalt übergehen.
Wofür soll das Geld verwendet werden?
Die EU-Kommission schlägt vor, dass die EU-Kommission die 140 Milliarden Euro sowohl für militärische als auch zivile Zwecke nutzen kann. Die deutsche Bundesregierung besteht dagegen darauf, dass die 140 Milliarden Euro nur für das Militär ausgegeben werden sollen. Russland müsse begreifen, dass es den Krieg mit der Ukraine nicht einfach "aussitzen" oder auf einen Sieg hoffen könne. Der militärische Finanzbedarf der Ukraine wird jährlich auf 50 bis 70 Milliarden Euro geschätzt. Mit dieser Hilfe könnte das Land also zwei, drei Jahre ohne Sorgen um eine Finanzierung des Militärs kämpfen.
Können sich die 27 EU-Staaten darauf einigen?
Merz wollte die Debatte auf dem informellen EU-Gipfel anstoßen. Bis zum regulären EU-Gipfel Ende Oktober sollen die ausstehenden finanziellen und rechtlichen Fragen geklärt werden. Bisher hat sich keine EU-Regierung klar dagegen ausgesprochen. Die deutsche Bundesregierung rechnet mangels Alternativen mit einer Zustimmung. Belgien möchte allerdings Garantien, dass es mit möglichen Klagen Russlands nicht alleine gelassen wird.
Was machen die G7-Staaten?
Die deutsche Bundesregierung will das Thema auch im G7-Rahmen der westlichen großen Industriestaaten besprechen, in dem auch der 50-Milliarden-Dollar-Kredit an die Ukraine verabredet worden war. Der Umfang des eingefrorenen russischen Staatsvermögens in Ländern wie den USA, Kanada, Großbritannien oder Japan ist zwar deutlich geringer als der in der EU. Aber für die Euro-Zone würde eine Beteiligung dieser Länder das Risiko verringern, dass künftig weniger ausländisches Geld in Europa angelegt würde.
Was kann Russland tun?
Die russische Regierung hat Mittwoch mit Gegenmaßnahmen gegen Personen und Länder gedroht, die den Plan umsetzen. Aber die Drohungen haben nur begrenzte Wirkung. Die Wirtschafts- und Finanzbeziehungen zwischen Russland und der EU sind bereits drastisch zurückgefahren worden, sodass es dort für Moskau kaum noch einen Hebel für Bestrafungen gibt. Einreisesperren sind wirkungslos, weil kaum jemand Reisen nach Moskau plant oder dort Vermögen deponiert hat.
(APA)
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