Wien Museum serviert in Sonderschau "Fleisch"

Dabei war gerade Wien ein wichtiger Umschlagplatz für Rinder, wie in der Schau zu erfahren ist. Was bedeutet, dass hier mehr Fleisch gegessen wurde als in anderen Städten. Wobei breitere Bevölkerungsschichten hier weitgehend ausgeschlossen waren. Fleisch war Luxus und Statussymbol. Im 19. Jahrhundert änderte sich dies mit der Massenproduktion.
Aus dem Blickfeld verschwunden
In der Ausstellung wird gezeigt, wie gerade die Fleischindustrie dafür sorgte, dass die Tiere aus der Stadt und dem Blickfeld gedrängt wurden. Denn die Herden wurden nicht mehr durch die Stadt getrieben. Vielmehr war in großen Rinderhallen am Stadtrand Endstation. Bekannt ist jene in St. Marx, die bis heute existiert und inzwischen als Eventlocation genutzt wird. Die große Fleischhalle bei der Landstraßer Hauptstraße ist hingegen inzwischen Geschichte.
Wer nicht sehen möchte, wie Schnitzel, Wurst und Co. erzeugt werden, für den ist eine Visite in der Sonderschau vermutlich herausfordernd. Denn in der Ausstellung wird das im wahrsten Sinn des Wortes Verdrängte wieder sichtbar. Präsentiert werden nicht nur Fotos aus den Schlachthöfen, auch die entsprechenden Werkzeuge - scharfe, große Messer oder Beile - sind zu sehen. Sogar eine Augenbinde für Kühe, die den Tieren die Stresssituation erträglicher machen sollte, ist dort zu finden.
Als Vorwarnung gibt es beim Eingang einen Hinweis. Es würden Objekte, Bild- und Filmmaterial gezeigt, die die Haltung, Schlachtung und Zerlegung von Tieren zeigen, heißt es darauf. Erträglicher sind dann jene Teile in der Ausstellung, die sich dem Verkauf, der Zubereitung oder der Werbung widmen. Verwiesen wird etwa darauf, dass der Fleischkonsum während des Wirtschaftsaufschwungs nach dem Zweiten Weltkrieg einen großen Boom erlebte.
Auch hier erfolgte aber zeitgleich ein Verschwinden: Gekauft wurde immer öfter im Supermarkt, was Fleischgeschäfte langsam, aber sicher zur seltenen Spezies werden ließ. Der Trend wurde offenbar nicht gestoppt: So liegt etwa eine vergleichsweise junge Publikation aus dem Jahr 2012 auf, die Wiener Fleischhauereien gewidmet ist. Rund die Hälfte der dort präsentierten Betriebe existieren inzwischen nicht mehr, ist im Begleittext zu erfahren.
Tierschutz schon früh Thema
Man wolle mit der Ausstellung nicht sagen, dass Fleisch nicht gegessen werden dürfe, betonte der Direktor des Wien Museums, Matti Bunzl, in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) und dem Kuratorenteam Sarah Pichlkastner und Jakob Lehne. Vielmehr solle ein Projektionsraum zum Umgang mit dem Thema geschaffen werden. Dass der Trend zum Tierschutz und zum Vegetarismus keinesfalls eine neue Erscheinung ist, wird ebenfalls in der Sonderschau dargelegt. Das erste vegetarische Restaurant gab es in Wien etwa schon in den 1870-er Jahren.
Auch auf aktuelle Diskussionen in Sachen Tierhaltung - ausgestellt ist etwa ein Teil eines Vollspaltenbodens - oder mögliche Auswirkungen der Fleischproduktion auf Gesundheit bzw. Umwelt geht man ein. Das Thema alternative Nahrungsmittel und Fleischersatz wird ebenfalls beleuchtet, nämlich nicht nur theoretisch. Das Restaurant im Wien Museum nimmt anlässlich der Ausstellung eine entsprechende Auswahl fleischloser Gerichte ins Programm.
"40 dag Fleisch" gibt es aber auch im Museumsshop zu erwerben. So lautet der Titel des zur Schau erscheinenden Katalogs - auf den sich die Gewichtsangabe bezieht.
(S E R V I C E - "Fleisch". Ausstellung im Wien Museum vom 2. Oktober bis zum 22. Februar 2026, Di, Mi und Fr 9-18 Uhr, Do 9-21 Uhr, Sa und So, 10-18 Uhr. Jakob Lehne, Sarah Pichlkastner: "40 dag Fleisch", Residenz Verlag, 144 Seiten, 28 Euro, ISBN 9783701736447)
(APA)
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