Wiener IS-Anhänger besprach Bombenbauen mit ChatGPT

Schuldig erkannt wurde der österreichische Staatsbürger mit ägyptischen Wurzeln, der bei seinen Anschlagsfantasien auf Künstliche Intelligenz (KI) zurückgegriffen und die Herstellung und Lagerung von Sprengstoff mit ChatGPT besprochen hatte, wegen terroristischer Vereinigung, krimineller Organisation, gefährlicher Drohung und Nötigung. Von Vorwürfen in Richtung Ausbildung für terroristische Zwecke und Anleitung zur Begehung einer terroristischen Straftat wurde er freigesprochen. "Es gibt keine Hinweise auf die Vorbereitung einer konkreten Straftat. Wir haben nicht angenommen, dass sie die unmittelbare Absicht hatten, ein Bomben-Attentat zu planen", stellte der vorsitzende Richter eines Schöffensenats fest.
Urteil rechtskräftig
Der 18-Jährige wurde per Weisung verpflichtet, sich weiter einem Deradikalisierungsprogramm zu unterziehen, nach seiner Enthaftung eine berufliche Tätigkeit aufzunehmen und im Sommersemester 2026 seine schulische Ausbildung fortzusetzen und abzuschließen. Für die Dauer einer dreijährigen Probezeit wurde Bewährungshilfe angeordnet. Nach Rücksprache mit seinem Rechtsvertreter Michael Babic (Kanzlei Rast Musliu) nahm der bereits wegen schweren Raubes Vorbestrafte das Urteil an. Der Staatsanwalt war ebenfalls einverstanden. Die Gerichtsentscheidung ist somit rechtskräftig.
Der Staatsanwalt sprach eingangs der Verhandlung von einem "mahnenden Beispiel, wie eine rasche Radikalisierung abläuft" und bescheinigte dem 18-Jährigen eine "immanent hohe Gefährlichkeit". 2022 hatte sich der Schüler dem IS angenähert. "Es war mehr oder weniger ein Halt", gab der Angeklagte dazu an. Er führte nach außen hin ein unauffälliges Leben, seine sozialen Kontakte spielten sich aber im Wesentlichen in virtuellen Räumen ab. Im Internet stieß er dann auf den heimischen Salafisten-Prediger Mirsad O. alias Ebu Tejma, dessen Thesen er sich zu eigen machte.
Zunächst verbreitete er Videos und sonstiges Propagandamaterial des IS und drohte in Chats Gesprächspartnern mit dem Kopfabschlagen, sollten sie sich im Umgang mit muslimischen Mädchen nicht richtig verhalten. Dann lernte der 18-Jährige Anfang des heurigen Jahres im realen Leben mehrere bereits amtsbekannte Islamisten kennen, darunter einen 20-Jährigen, der bereits zwei Vorstrafen wegen terroristischer Vereinigung aufweist und sich wegen eines dritten Verfahrens aktuell wieder in U-Haft befindet.
Schießübungen in Wohnung eines älteren IS-Anhängers
Mit diesem veranstaltete der 18-Jährige in dessen Wohnung Schießübungen mit einem Luftdruckgewehr. Der Ältere bestärkte den Schüler darin, dass der IS die Antworten auf die entscheidenden Fragen des Lebens kenne. "Ab März hat er begonnen, in Chats aktiv gegen Andersdenkende vorzugehen", berichtete der Staatsanwalt. Der Angeklagte hätte Fotos gepostet, die ihn bewaffnet und mit einer Sprengstoffgürtel-Attrappe um den Leib zeigten. "Dann ist er im Netz auf vermeintliche IS-Repräsentanten gestoßen und hat mit ihnen potenzielle Anschlagspläne diskutiert", verriet der Ankläger.
Verteidiger: "ChatGPT war sein bester Freund"
Anfang April besorgte sich der Angeklagte im Netz sechs pdf-Files mit Anleitungen zum Bombenbauen. Und er entdeckte die KI als Ansprechpartner für offene Fragen. "ChatGPT war sein bester Freund", räumte der Rechtsvertreter des Angeklagten ein. Der 18-Jährige erkundigte sich nach den Ingredienzen zur Herstellung von Sprengstoff im Eigenheim. Er interessierte sich auch für in Westafrika ansässige IS-Gruppen und die Frage, ob und wie man sich diesen anschließen kann. Er wollte auch unbedingt in den Besitz eines Sturmgewehrs der Marke AK-47 kommen.
"Der nächste Schritt wäre das Umsetzen seiner Gedanken gewesen. Wir reden von einem potenziellen Anschlag", betonte der Staatsanwalt. Dank eines ausländischen Partnerdienstes hätte die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) von dem "ganz gefährlichen" jungen Mann erfahren, der dann "glücklicherweise rechtzeitig" festgenommen worden sei.
"Er hatte keine Waffen. Anschlagspläne waren nie in seinem Kopf", hielt Rechtsvertreter Babic dem entgegen. Sein Mandant wisse, "dass er einen großen Fehler gemacht hat. Er schämt sich dafür". Der Bursch sei "ein Internet-Rambo" gewesen und habe sich "auf TikTok und bei ChatGPT die Finger wund getippt", sagte Babic.
"Es tut mir im Nachhinein leid. Ich vermute, ich wollte damals cool sein", ergänzte der 18-Jährige. Er versicherte mehrfach, mit dem IS und seinen "Bekannten von früher" abgeschlossen zu haben: "Ich will jetzt den Schulabschluss."
(APA)
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