Ohne Sauerstoff: Extremskifahrer fährt den Mount Everest mit Skiern ab

Der polnische Extremskibergsteiger Andrzej Bargiel (37) hat mit einer historischen Leistung Alpingeschichte geschrieben: Als erster Mensch überhaupt fuhr er mit Skiern vom Gipfel des Mount Everest (8849 Meter) bis ins Basislager – und das ohne Verwendung von Flaschensauerstoff.

Nach einem kräftezehrenden Aufstieg durch die sogenannte "Todeszone" über 8000 Meter erreichte Bargiel am 22. September den höchsten Punkt der Erde – und schnallte dort direkt seine Ski an. Es folgte eine Abfahrt, die es in sich hatte: technisch hochkomplex, extrem ausgesetzt – und lebensgefährlich.
Ein Meilenstein im Höhenbergsteigen
Bereits 2018 sorgte Bargiel mit der ersten vollständigen Skiabfahrt vom K2 für Furore. Nun setzte er noch einen drauf: "Es ist einer der wichtigsten Meilensteine meiner sportlichen Laufbahn", sagte der 37-Jährige nach seiner Rückkehr ins Basislager. "Ohne Sauerstoff am Everest Ski zu fahren, war ein Traum, der über Jahre in mir gereift ist."

Was Bargiel geleistet hat, lässt sich kaum überschätzen. Nicht nur, weil er sich über Stunden in extrem dünner Höhenluft bewegte – sondern auch, weil er auf dem gesamten Weg auf künstlichen Sauerstoff verzichtete. Ein Unterfangen, das laut Expertinnen und Experten eigentlich "über die physiologischen Grenzen des Menschen" hinausgeht, wie Expeditionsärztin Dr. Patrycja Jonetzko betonte.
Vier Tage im Eis – mit Ski und Drohne
Bargiels Expedition startete am 19. September um 04.30 Uhr am Everest Base Camp. Nach mehreren Akklimatisierungstouren zwischen den Hochlagern erreichte er schließlich Camp IV auf dem Südcol auf rund 7900 Metern. Von dort brach er am späten Abend des 21. September zum finalen Gipfelsturm auf – und verbrachte fast 16 Stunden in der gefürchteten "Todeszone", bevor er am 22. September um 15.00 Uhr den Gipfel erreichte.

Nach nur wenigen Minuten auf dem höchsten Punkt der Erde begann die Skiabfahrt. In den folgenden Stunden manövrierte er sich durch Schlüsselstellen wie den Hillary Step, den Südsattel und die berüchtigte Khumbu-Eisbruchzone. Letztere passierte er am Morgen des 23. September mithilfe einer Drohne – gesteuert von seinem Bruder Bartek –, die ihm bei der Navigation durch das Labyrinth aus Gletscherspalten und Eisblöcken half. Um 08.45 Uhr traf Bargiel schließlich wieder im Basislager ein.
Stimmen zur Expedition
"Das war das Härteste, was ich je gemacht habe", sagte Bargiel. Auch sein Bruder Bartek, der ihn per Drohne durch das Eis lotste, zeigte sich bewegt: "Wenn dein eigener Bruder in diesem Gelände unterwegs ist, ist das eine enorme emotionale Belastung. Aber am Ende war es ein Moment des puren Stolzes."

Der US-Bergführer Adrian Ballinger, der selbst neunmal auf dem Everest stand, sagte: "Andrzejs Leistung ist monumentaler, als viele verstehen: ein kompletter Abstieg auf Skiern, ohne Sauerstoff, in der einsamen Herbstsaison – das ist kaum zu begreifen."
Warum das historisch ist
Mehr als 6000 Menschen haben den Everest bestiegen – aber nur rund 200 ohne zusätzlichen Sauerstoff. Dass nun jemand nicht nur den Aufstieg, sondern auch die Abfahrt auf Skiern ohne künstlichen Sauerstoff gemeistert hat, galt bislang als undenkbar.

Medizinisch gesehen bewegt sich der Mensch in dieser Höhe an der Grenze des Überlebens. Im "Death Zone"-Bereich – benannt nach dem drastischen Sauerstoffmangel – lassen Konzentration und Entscheidungsfähigkeit rapide nach, die Gefahr für Hirn- oder Lungenödeme steigt dramatisch. Dass Bargiel hier 16 Stunden verbrachte und danach auch noch sicher abfuhr, ist laut Experten eine "Demonstration menschlicher Ausdauer an der absoluten Leistungsgrenze".
Der Mann hinter dem Mythos
Andrzej Bargiel stammt aus Łętownia in Südpolen und ist seit Jahren eine feste Größe im Skibergsteigen. Bereits 2015 fuhr er als erster Mensch mit Skiern vom Broad Peak, später folgten Gasherbrum I und II – stets ohne zusätzlichen Sauerstoff. Mit der Everest-Abfahrt schreibt er sich nun endgültig in die Geschichtsbücher des Alpinismus ein.

Seine Mission ist dabei stets dieselbe geblieben: "Ich will zeigen, was möglich ist, wenn man sich selbst vertraut – und niemals aufgibt."



















(VOL.AT)
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