Gold & Pech: Neues Theater eröffnet in der Oststeiermark

Kulturzentrum mit Theater, Café und Gästezimmern
Wo vor einem Monat nur ein verlassenes Haus stand, entsteht derzeit in atemberaubendem Tempo ein neues Kulturzentrum mit Theatersaal, Café und Gästezimmern. Noch braucht man ein wenig Fantasie, um sich alles vorzustellen, aber Zangger denkt schon weiter. "Die Gemeinde hat eine Lärmschutzwand zur Bundesstraße bewilligt, dahinter entsteht ein Patio. Und wenn alles gut geht, kommt in dem Abschnitt auch eine Geschwindigkeitsbeschränkung, idealerweise wird auch die Bushaltestelle nach dem Theater benannt." Theaterfans aus dem südoststeirischen Raum kennen die Gegend, weil in der Nähe bis vor wenigen Jahren das Hof-Theater Höf-Präbach für zeitgenössische Theaterproduktionen gesorgt hat. Auf der Suche nach einer neuen Location stieß Zangger schließlich auf die ehemalige "Gogo's Schmankerlstube" auf der Riesstraße 60 in Höf.
Das Gebäude selbst hat einen historischen Kern von etwa 150 Jahren. Zangger hat den ehemaligen Gasthof gekauft und baut ihn nun zu einem Kulturzentrum um. Der Landgasthaus-Stil soll komplett verschwinden, stattdessen entstehen moderne Räume mit industriellem Charme. Der ursprüngliche Barbereich bleibt erhalten, die Wände werden aufgepeppt, erklärt Zangger und deutet auf Farbproben an den Wänden: Aubergine und Gold sollen die dominierenden Farben werden. Vom Eingangsbereich kommt man in den Gastraum, wo künftig an Sonntagen kulturelles Programm geboten wird, dann geht es weiter in einen Gang, in dem künftig Kunstwerke lokaler Künstlerinnen und Künstler ausgestellt und verkauft werden sollen. "Ich möchte mit den Gemälden meiner Mama anfangen, weil die eine fantastische Malerin ist", sagt Zangger. Ihre Mutter Isabella Müller-Fuchs ist Architektin und unterstützt das Projekt maßgeblich.
Ein durchdachter Theatersaal
Das Herzstück des Gebäudes ist der neu errichtete Theatersaal. Wo vorher ein asphaltierter Parkplatz war, steht nun ein Saal mit sechs Metern Raumhöhe, das Dach fehlt beim APA-Besuch noch, kommende Woche soll die Elektrik folgen. Besonders stolz ist Zangger auf das durchdachte Fensterkonzept: "Damit es nicht nur eine dunkle Theaterhalle ist, öffnen wir ein großes Fenster zum Wald hin." Zudem wird es ein Dachfenster über dem Bühnenbereich geben - für das Horváth-Motto "es kommt von oben", wie Zangger es nennt: "In jeder Inszenierung muss eine Person oder ein wichtiger Gegenstand von oben kommen können."
Der Saal wird mit Akustikplatten ausgestattet, deren Platzierung von Robert Höldrich von der Kunstuniversität Graz berechnet wurde. Der Boden wird - "vielleicht, vielleicht auch nicht" - ein Holztanzboden sein, zwei Hängepunkte für "Lebendgewicht" an der Decke ermöglichen akrobatische Einlagen. "Wenn Florentina Holzinger mit ihrem Hubschrauber einfliegen möchte, soll dem nichts im Weg stehen", scherzt Zangger.
Vom Hoftheater zum Gold & Pech-Theater
Die Geschichte des Theaters begann 2016 als kleiner Verein am Kohlbauerhof, einem Bio-Obstbetrieb in der Nähe. Um das Jahr 2020 stieß Zangger zum Verein. Unter ihrer Leitung wuchs das Projekt schnell: "Es ist innerhalb von drei Jahren auch fördertechnisch und in der Kommunikation angewachsen." Der Anstieg von zwei auf fünf Produktionen pro Jahr wurde den Obstbauern schließlich zu viel. Ein Jahr lang war das Theater unterwegs an verschiedenen Locations, bevor Zangger beschloss, einen eigenen Ort zu schaffen.
Der Name "Gold & Pech-Theater" wurde gemeinsam mit ihren Mitstreiterinnen ausgewählt. "Ich mag die Geschichte von der 'Goldmarie' so gern, weil ich einfach schätze, wenn das Leben ein bisschen gerecht ist und wenn Fleiß belohnt wird und Trägheit nicht", erklärt Zangger ihre Affinität zum Märchen. Das angeschlossene Café wird den Namen "Marie" tragen.
Ein finanzielles Wagnis
Um das Projekt zu realisieren, hat Zangger einen "wahnsinnigen Kredit" aufgenommen, der sie für 30 Jahre beschäftigen wird. "Der Bau ist von keiner Förderung getragen", erklärt sie. Insgesamt stecken etwa 800.000 Euro in dem Projekt. Ihre Mutter zeichnet für die architektonische Planung und Bauleitung verantwortlich.
Um das Theater wirtschaftlich zu betreiben, setzt Zangger auf mehrere Standbeine. Das "Café Marie" wird auch abseits vom Theatergeschehen geöffnet haben, am Sonntag mit Musikbrunches. Die fünf Gästezimmer im ersten Stock, die während der Proben und Spielserien den Schauspielern zur Verfügung stehen, werden in spielfreien Zeiten über Airbnb vermietet. "Ich bin sicher, das funktioniert, wenn man das mit Charme macht und aus diesen nüchternen Zimmern wirklich etwas Kuscheliges macht."
Auch der Theatersaal selbst soll vermietet werden, wenn keine eigenen Produktionen laufen. "Ich finde es cool, wenn ein Theater nicht so eine Blase ist, sondern ein kommunikativer Ort bleibt, wo sich auch vieles trifft", sagt Zangger. "Wo auch der Hader mit seinem Kabarettprogramm und die Installateurfirma mit ihrer Weihnachtsfeier kommen kann."
Künstlerische Vision
Für das Programm plant Zangger fünf Eigenproduktionen pro Jahr: "Eine große, die alle anspricht. Dann drei kleine, experimentelle, die nicht mehr als zwei bis drei Künstler brauchen und eine für Kinder." Daneben wird es eine kuratierte Gastspielreihe geben, die sie "Das Schönste im ganzen Land" nennt. Bereits im Jänner wird Mateja Meded mit ihrem Stück "Fotzenschleimpower" zu Gast sein. Die erste Eigenproduktion "Sontag & Koons" feiert am 31. Oktober Premiere - als Baustellenperformance. Regie führt Zangger selbst, da sie auch das Stück geschrieben hat. Bei den großen Produktionen überlässt sie die Regie jedoch Profis: "Das bin ich noch nicht. Ich bin Schauspielerin."
Ein besonderes Anliegen ist Zangger die Förderung österreichischer Künstlerinnen und Künstler: "Ich möchte gerne mit meiner Institution all die super ausgebildeten Leute ansprechen und einen Arbeitsplatz für sie schaffen. Ich mache das Ganze, damit die wunderbaren Kollegen, die ich kennenlernen durfte, zu tun haben und nicht traurig zu Hause sitzen. Dass sie anständig bezahlt werden und interessante Projekte machen können."
"Es wäre so viel leichter gewesen, in die Stadt zu gehen"
Das Risiko, ein Theater auf dem Land zu betreiben, das auf experimentelle Dramatik setzt, nimmt Zangger ernst. "Obwohl es nur 15 Kilometer nach Graz sind, ist das hier eine andere Welt." Bisher kam etwa die Hälfte des Publikums aus Graz. "Es wäre so viel leichter gewesen, in die Stadt zu gehen, weil auch die Stadt ganz anders fördert, weil das Publikum viel zahlreicher, offener ist", gibt Zangger zu. Doch sie bleibt ihrer Vision treu: "Wir gehen aufs Land mit dem Theater, wir bleiben da draußen."
(Von Sonja Harter/APA)
(S E R V I C E - Gold & Pech Theater: Baustellenperformance "Sontag & Koons", 31. Oktober, 20 Uhr / Eröffnungspremiere "Pizza oder Eine Tür in der Dunkelheit tanzt nicht" des Nature Theater of Oklahoma am 5. Dezember, 20 Uhr, Riesstraße 60, 8063 Höf. )
(APA)
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