Tanzende Totenköpfe: Das NHM feierte die Pflanzenwelt in 3D

Neuer Blick mit alter Technik
Mit dem Rückgriff auf die alte, jedoch vergessene Technik der Stereoskopie möchte der 1962 geborene Fotograf und Filmemacher Cramer gleichsam einen Kontrapunkt zur Flut der Digitalfotografie setzen. "Wir leben in einer Welt der Inflation der Bilder. Das führt dazu, dass wir die Bilder nicht besser, sondern dass wir sie oberflächlicher sehen", umriss der Berliner seinen Ausgangspunkt, die aus dem 19. Jahrhundert stammende Technik aus der Ecke des Gimmicks zu holen.
Seine Aufnahmen, die Pflanzen als grafische Geschöpfe feiern, seien hingegen in der Vielfalt eine Einladung zum Dialog. Dass er sich selbst einst den Pflanzen zuwandte, liege nicht zuletzt in deren ephemerem Charakter begründet: "Sie zeigen, wie vergänglich unsere eigene Existenz ist."
Tanzende Totenköpfe
In enormer Vergrößerung heben sich nun Frauenmantel, Ruhmeskrone oder Schlafmohn aus der planen Fläche, bewegen sich mit dem Betrachter mit, offenbaren versteckte Schönheiten. Oder wer wüsste sonst schon, dass die Fruchtstände des Schubert-Lauchs einen wie eine Herde Totenköpfe angrinsen?
Zugleich wirken die Cramer-Aufnahmen auch in der Zweidimensionalität, hier vornehmlich durch ihre abstrahierte Struktur - Two Views on Plants eben. Auf die Spitze treibt das der Fotograf in der neuesten Serie, die im NHM gezeigt wird. Hier verlässt Cramer die dokumentarische Annäherung und bewegt sich hin zur digitalen Bearbeitung, womit die gezeigten Äste oder Blüten vollends in das Reich der puren Form gehoben werden.
Test für permanente botanische Schau
Mit der ebenso umfangreichen wie schlicht betörenden Sonderschau referiert das Naturhistorische Museum nicht zuletzt auf die Herbarien des Hauses, deren Sammlung mit 5,5 Millionen Belegen zu den größten der Welt gehört, wie Kuratorin Tanja Schuster unterstrich. Und es handle sich bei der Kunstschau auch um einen Versuchsballon: "Diese Schau ist ein kleiner Test für die hoffentlich kommende permanente botanische Ausstellung."
"Two Views On Plants" ziele ungeachtet der vielfältigen Eigenschaften von Pflanzen als Lebensgrundlage des Menschen vor allem auf deren ästhetische Komponente, wie NHM-Generaldirektorin Katrin Vohland hervorhob: "Wir wollen es schön haben - und Blumen gehören ganz oft dazu. Schönheit und Ästhetik tun uns Menschen gut." Im NHM können es sich Besucher in der Schau nun noch bis 1. März gutgehen lassen.
(S E R V I C E - "Two Views On Plants" von Sebastian Cramer bis 1. März 2026 im Naturhistorischen Museum, Burgring 7, 1010 Wien zu sehen. )
(APA)
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