Wien Museum feiert die "Augustin"-Zeitung zum 30er

Bei freiem Eintritt blickt man in der Community Gallery des Museums auf die Entstehung des "Augustin" als Schreibwerkstatt bis zu den bis dato schwierigsten Zeiten während Coronapandemie zurück. Die Ausstellung zeigt mit dem "Wiener Opferball", einer Gegenveranstaltung zum Opernball, oder mit der Protestaktion "D-Wagen-Besetzung" für die Freifahrt armutsbetroffener Menschen die aktivistischen Anfänge der Straßenzeitung in den 1990er-Jahren. Das Ziel hat sich in den vergangenen 30 Jahren nicht verändert: Armut in der Mitte der Gesellschaft sichtbarer machen.
"Dieser Rückblick auf 30 Jahre 'Augustin' erfüllt mich mit Freude und Wehmut zugleich. Ich stelle mir aber auch die Frage, warum sich die sozialen Umstände nach so langer Zeit nicht maßgeblich verändert haben und es das Projekt noch immer geben muss", betonte Kuratorin Claudia Poppe.
"Augustin"-Verkäufer im Fokus
Neben den 380 von insgesamt 627 erschienenen Coverstorys, die eine ganze Ausstellungswand schmücken, stehen vor allem die Verkäufer und Verkäuferinnen im thematischen, aber auch räumlichen Mittelpunkt. In vier Videoporträts können hier die "Augustin"-Verkäufer beruflich und privat besser kennengelernt werden. "Hello, my friend, schönen Tag", grüßt Viano seine Kunden bei seinem Stand bei der U-Bahn-Station Volkstheater. "Ich versuche, die Menschen zu beglücken, ihnen ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Das Wichtigste ist der Blickkontakt und auf die Leute zuzugehen", so Viano.
Die ca. 500 Verkäufer und Verkäuferinnen des "Augustin" verbindet ihre Armutsbetroffenheit. Um Zeitungen zu verkaufen, braucht es keine Arbeitserlaubnis, denn die Einnahme gilt nach österreichischem Recht als "therapeutisches Taschengeld", das dabei helfen soll, die schlimmste Not zu lindern. Vom Verkaufspreis der zweiwöchentlich erscheinenden Zeitung bleibt den Verkäufern die Hälfte. "Ich möchte nicht betteln. Mit dem Verkauf vom 'Augustin' habe ich die Möglichkeit, einer Tätigkeit nachzugehen, anstatt um Almosen bitten zu müssen", so "Augustin"-Verkäuferin Loveth.
Anschluss und Selbstermächtigung
"Der 'Augustin' sollte immer dazu beitragen, dass in der Stadt niemand Angst haben muss, anders zu sein", sagte Mitbegründer Robert Sommer. Nach Vorbild anderer Straßenzeitungen aus London und New York gestalteten Erika Parzer, Robert Sommer und Max Wachter die ersten Ausgaben. Sie zogen durch Notschlafstellen, um das Projekt vorzustellen. Am Anfang verkauften den "Augustin" deshalb vor allem obdachlose Menschen, woher auch der bis heute anhaltende Ruf der "Obdachlosenzeitung" kommt. Die Verkäufer als auch das Bild von Armut in der Gesellschaft haben sich im Lauf der Jahre aber verändert. Vorurteile gegen "Augustin"-Verkäufer seien dennoch groß: Viele Verkäufer und Verkäuferinnen erfahren in ihrer täglichen Arbeit Stigmatisierung und werden öffentlich beschimpft und sexistisch oder rassistisch angegriffen.
Weitere Jubiläumsaktionen
Neben der Ausstellung im Wien Museum wird es im Herbst noch weitere Aktionen geben. Dazu zählt zum Beispiel "23 Ausgaben - 23 Bezirke". Dabei präsentiert die Redaktion in Kooperation mit Verkäufern und Verkäuferinnen alle zwei Wochen die neueste Ausgabe im öffentlichen Raum. Zudem wird es Stadterkundungen geben, bei denen Verkäufer aus der Perspektive eines Armutsbetroffenen durch die Stadt führen.
(S E R V I C E - "Mehr als eine Zeitung. 30 Jahre Augustin" in der Community Gallery im Wien Museum. Karlsplatz 8, 1040 Wien, von 18. September bis 23. November. )
(APA)
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