Neue Diskussion über Federkopfschmuck im Weltmuseum

Eine zwischen 2010 und 2012 von der TU Wien gemeinsam mit mexikanischen Vertretern durchgeführte Untersuchung zur Transportfähigkeit des aztekischen Kopfschmucks "Penacho" kam damals zu dem Schluss, dass das 500 Jahre alte Objekt nicht transportfähig sei, um etwa als Leihgabe nach Mexiko zu reisen. Der nötige Grenzwert für einen Transport wurde damals auf eine maximale Beschleunigungsamplitude von 0,04 Gramm gesetzt, um die Reise via Flugzeug unbeschadet zu überstehen.
Neue Transportkiste von Ingenieurin untersucht
Im Zuge von "Eternos Retornos" wurde eine deutsche Schwingungstechnik-Ingenieurin beauftragt, eine adaptierte Transportkiste zu beurteilen, wie sie in ähnlicher Form 2023 vom British Museum verwendet wurde, als das "Tahitianische Trauerkostüm" nach Tahiti gebracht wurde. In dem von der Expertin erstellten Bericht heißt es: "Die vom Weltmuseum Wien veranschlagten Grenzwerte für die zulässigen maximalen Beschleunigungsamplituden sind zu hinterfragen."
"Die Transportfähigkeit wird damit allein auf das technisch Machbare reduziert, vorausgesetzt man passte das Machbare - wie offenbar in diesem Fall gewünscht - an Grenzwerte an, die überhaupt etwas erst machbar machen", kritisiert Banz, die das Weltmuseum Wien seit Beginn des Jahres leitet. Das zum Vergleich herangezogene "Trauerkostüm" sei nicht mit dem "Penacho" vergleichbar, zudem habe die deutsche Ingenieurin, mit der Banz im Übrigen mittlerweile auch telefoniert hat, mit "Dummy-Werten" gearbeitet. "Ingenieurwissenschaft ist gut und wichtig, aber sie kreiert immer eine ideale Umgebung und geht von idealen Werten aus. Was aber vernachlässigt wird, ist der tatsächliche Zustand des Objektes, und den kennen eigentlich nur die Restaurator:innen am besten".
Banz: "Federn sind nicht gleich Federn"
"Federn sind nicht gleich Federn", erläutert Banz. Einerseits sei das Trauerkostüm um 200 Jahre jünger, zudem besteht es aus komplett anderen, kurzen Federn, die kompakt auf einem Trägermaterial aufgebracht sind. "Das heißt, wenn die bewegt werden, ist das in sich eine sehr viel stabilere Struktur, die natürlich auch gegenüber potenziellen Vibrationen und Schwingungen sehr viel resistenter ist."
Die für das British Museum entwickelte Kiste wies eine maximale Beschleunigungsamplitude von 1 Gramm im Schwerpunkt der Innenkiste im Frequenzbereich von 2 Hz bis 18 Hz auf, das Kostüm sei "ohne nennenswerte weitere Schädigungen" an seinem Ziel angekommen, heißt es in dem nun erstellten Bericht. Banz freut sich zwar, dass das Thema auch künstlerisch aufgegriffen wird, findet es aber bedenklich, dass im Vorfeld nicht mit dem Weltmuseum Kontakt aufgenommen wurde - sei es auch nur, um sich über aktuelle technische Möglichkeiten als auch den restauratorischen Zustand des Objekts und seine speziellen Anforderungen auszutauschen. "Ich finde es wichtig, dass Themen aus verschiedenen Perspektiven betrachtet werden. Multiperspektivität ist ja auch etwas, was wir uns auf die Fahne schreiben", sagt Banz.
Keinerlei Kontakt im Vorfeld
"Aber es gab keinerlei Kontakt und Austausch im Verlauf des Projektes mit uns, was wir auch ein bisschen irritierend finden, weil mit der CEU (Central European University, Anm.) eine wissenschaftlich-akademische Institution als Auftraggeberin für den technischen Bericht auftritt", wundert sich Banz. Nachsatz: "Hey, wenn es euch wirklich so ernst ist, dann tretet doch in den aktiven Austausch mit uns, wie man das unter wissenschaftlich-akademischen Institutionen macht. Und berücksichtigt doch auch, dass technologische Machbarkeit nur eine Seite der Medaille ist." Über die im Rahmen der Wienwoche am Samstag am Ende einer Prozession geplante Übergabe der Transportbox an das Museum freut sie sich. "Die Frage ist nur, ob sie überhaupt durch unser Tor passt."
Der berühmte, über 500 Jahre alte Kopfschmuck ist eines der wertvollsten Stücke in der Sammlung des Weltmuseums, wo er in einer speziell angefertigten Vitrine ausgestellt wird. Die Federkrone wurde erstmals 1596 in der Sammlung von Erzherzog Ferdinand II. im Innsbrucker Schloss Ambras gefunden, aber es ist nicht bekannt, wie sie nach Europa kam und ob sie wirklich dem Azteken-Herrscher Moctezuma gehörte. Ihr großer Wert ist indes unbestritten, denn sie ist die einzige ihrer Art, die erhalten geblieben ist. Sie besteht aus mehreren Quetzalfedern und mehr als 1.500 kleinen Gold- und Messingstücken, deren Reibung sie besonders zerbrechlich und anfällig macht. Seit 1991 hatte sich Mexiko mehrmals darum bemüht darum, den "Penacho" im eigenen Land zeigen zu können. Es gibt auch seit längerem private Initiativen, die eine Rückgabe des Objekts fordern.
(S E R V I C E - ; )
(APA)
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