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Missstände im Jugendgefängnis Wien-Münnichplatz bestätigt

Derzeit sind 16 Jugendliche inhaftiert.
Derzeit sind 16 Jugendliche inhaftiert. ©APA/BMJ
Die Volksanwaltschaft hat Missstände im Jugendgefängnis Münnichplatz in Wien bestätigt. Volksanwältin Gabriela Schwarz sprach nach einer amtswegigen Prüfung von einer "verpassten Chance" und kritisierte das Projektmanagement scharf.
Vollbetrieb noch 2025 geplant
So viel kostete das neue Jugendgefängnis

Die Justizanstalt Münnichplatz war im Jänner 2025 bei laufenden Bauarbeiten eröffnet worden. Schwarz bezeichnete dies als "schlechtes Projektmanagement": "Es war nicht in Ordnung, jugendliche Insassen auf einer Baustelle mit zu wenig Personal anzusiedeln." Nach Ansicht der Volksanwaltschaft widersprechen die aktuellen Bedingungen den Standards eines modernen Jugendstrafvollzugs.

Eingeschränkte Besuche und frühe Einschlusszeiten

Da es im Gefängnis bis heute keine Besucherzone gibt, können Jugendliche nur einmal pro Woche Angehörige sehen. Zudem werden Zellen wegen Personalmangels bereits am Nachmittag verschlossen. Schwarz sprach von einem "großen Risikofaktor" durch fehlendes Fachpersonal und Justizwachebeamte.

"Die Hafträume der JA Münnichplatz sind täglich von 7.00 bis 15.00 Uhr geöffnet, inklusive Wochenenden und Feiertagen", konterte das Ministerium. Eine Sprecherin versicherte der APA, die Einschlusszeiten seien nicht vorverlegt worden. Den Insassen stünden auch Besuche zweimal pro Woche zu, die in der angeschlossenen JA Simmering abgewickelt werden.

Im Zuge der Prüfung bestätigte die Volksanwaltschaft mehrere Vorfälle, darunter Raufereien zwischen Insassen und sogenannte "Zaunparties", bei denen Jugendliche von außen Kontakt zu Häftlingen aufnahmen. In zwei Fällen wurden Zäune überklettert. Nachträglich wurden bauliche Maßnahmen wie eine blickdichte Hecke und versetzte Zäune umgesetzt. Schwarz betonte jedoch: "Diese Maßnahmen wären schon vor der Inbetriebnahme notwendig gewesen."

Personalmangel bleibt Problem

Laut Volksanwaltschaft sind derzeit 16 Jugendliche inhaftiert, betreut von rund 30 Exekutivbediensteten. Für den Vollbetrieb im November sind 60 Bedienstete vorgesehen. Ob die offenen Stellen rechtzeitig besetzt werden können, ist laut Schwarz fraglich. Sie bezweifelt, dass der Bau bis Herbst abgeschlossen und ein reibungsloser Vollbetrieb gewährleistet sein wird.

Das neue Jugendgefängnis ist auf 72 Insassen ausgelegt und sollte die Ostregion entlasten. Schwarz warnt jedoch, dass die Kapazitäten rasch erschöpft sein könnten. Derzeit befinden sich 49 jugendliche Häftlinge in der Jugendabteilung der JA Wien-Josefstadt, die demnächst verlegt werden sollen. "Der Münnichplatz wird also nicht wie geplant die gesamte Ostregion entlasten können", so die Volksanwältin.

Justizministerium: Bericht "bildet nicht neuesten Stand der Entwicklungen ab"

Nach einer ersten Sichtung des von der Volksanwaltschaft übermittelten Prüfberichts könne man "keine Missstandsfeststellungen identifizieren, die sich seit der erstmaligen Prüfung im Rahmen des Sprechtags der Volksanwaltschaft in der JA Münnichplatz im März 2025 neu ergeben haben", hielt dem das Justizministerium entgegen. Die im Bericht angeführten Kritikpunkte würden auf Feststellungen beruhen, "die bereits vor beinahe sechs Monaten von der Volksanwaltschaft getroffen und danach umgehend von Seiten der Generaldirektion für den Strafvollzug und den Vollzug freiheitsentziehender Maßnahmen beseitigt wurden". Der heute veröffentlichte Bericht "bildet somit nicht den neuesten Stand der Entwicklungen ab", hieß es in einer von der APA erbetenen ausführlichen Stellungnahme.

Für das Ministerium habe "die rasche Fertigstellung und Besetzung der Planstellen des Vorzeigeprojekts Münnichplatz oberste Priorität", wurde bekräftigt. Daran werde mit Hochdruck gearbeitet: "Der Zeitplan für die Eröffnung Ende des Jahres hält."

(APA/Red)

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