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"Wir werden zum Kulturgut" – Metzger warnt vor dem Verschwinden des Handwerks

Paulitch/Strobel/VOL.AT
Paulitch/Strobel/VOL.AT
Das klassische Handwerk verschwindet – langsam, aber spürbar. Metzgermeister Gerold Hosp aus Satteins schlägt im Gespräch mit VOL.AT Alarm: Zu viel Bürokratie, zu wenig Perspektive, kaum Nachwuchs. Während die Politik von Regionalität spricht, kommt das Handwerk zu kurz.

Für Gerold Hosp steht fest: Die Fleischbranche in Vorarlberg steht zwar aktuell noch gut da, dennoch ist auch sie vom Nachwuchsmangel und immer seltener werdenden Generationenübernahmen betroffen. „Das Metzgerhandwerk ist nicht allein. Es trifft alle: Tischler, Bäcker, Maurer – das ganze klassische Handwerk ist betroffen“, sagt der stellvertretende Landesinnungsmeister und Branchenobmann. Immer mehr Betriebe hören auf, der Nachwuchs fehlt, die Begeisterung für das Handwerk schwindet.

Was ihn besonders beschäftigt: „Wenn das so weitergeht, werden wir zum Kulturgut. Das klingt schön – ist aber kein gutes Zeichen.“ Das klassische Handwerk sei dabei, seinen Platz im Alltag zu verlieren. Immer mehr Betriebe geben auf.

Der Grund? Eine Mischung aus fehlender Perspektive, zunehmender Bürokratie und wachsender Distanz zwischen Politik und Basis. „Es wird viel geredet, aber es passiert zu wenig. Es macht einfach keinen Spaß mehr, selbstständig zu sein – und das ist gefährlich.“

Gerold Hosps Familie übt in Satteins seit 1888 das Metzgershandwerk aus. ©Strobel/VOL.AT

„Wir verlieren das Europa der Regionen“

Hosp sieht die Entwicklung mit Sorge. Er spricht von einem leisen Sterben, das das Rückgrat vieler Regionen betrifft – ohne dass es groß bemerkt wird. „Alle sprechen immer von einem Europa der Regionen. Doch wenn man das ernst meint, dann muss man das Handwerk auch politisch absichern. Sonst bleiben am Ende nur noch die großen Player übrig.“ Das Problem sei nicht neu, aber es werde durch Globalisierung und fehlende Maßnahmen immer sichtbarer. „Wir laufen Gefahr, dass unsere Vielfalt verschwindet – und mit ihr ein Teil unserer Identität.“

„Wir sind systemrelevant – aber niemand handelt so“

Gerold Hosp erinnert daran, dass das Lebensmittelgewerbe auch in Krisenzeiten stabil sei. „Gegessen wird immer. Auch wenn die Zeiten schlecht sind – wir versorgen die Menschen.“ Außerdem betont er, dass Vorarlberg rein qualitativ beim Fleisch hervorragend aufgestellt sei. „Kein Gewerbe wird so streng kontrolliert wie das Fleischgewerbe.“ Trotzdem fehle die Wertschätzung – und die müsse nicht nur von Konsumenten kommen, sondern vor allem von Entscheidungsträgern.

Gegessen wird immer, doch verarbeiten wollen die Lebensmittel immer weniger. ©Serra/VOL.AT

Die Entwicklung, die Gerold Hosp beschreibt, passiert leise. Vielleicht zu leise. Doch wer genau hinhört, erkennt, dass es nicht nur um einzelne Berufe geht, sondern um den Stellenwert von Arbeit, Selbstständigkeit und regionaler Vielfalt. Und darum, ob Handwerk in Zukunft noch mehr ist als Erinnerung.

(VOL.AT)

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