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"Genau so wie du bist, bist du richtig"

©FHV/Philippe Montigny FFT/Canva
Österreichs bester Rollstuhltennisspieler Nico Langmann (28) über Mut zur Veränderung, die Kraft, Träume loszulassen, und den Hohenemser Jungstar Maximilian Taucher.

Am Rande des 7. Business-Summit vor wenigen Tagen an der FH Vorarlberg nahm sich der Wiener Zeit für ein Gespräch mit VOL.AT. Eine Geschichte über einen, der nicht zurück-, sondern nach vorne blickt und dabei ganze Leben verändert.

Beim Business-Summit an der Fachhochschule Vorarlberg sprach der 28-Jährige über Inklusion, Diversität – und das, was er ein "lösungsorientiertes Mindset" nennt. Was das bedeutet? Für Langmann schnell erklärt: "Probleme sind Orientierungshilfen. Ich habe viele Hürden erlebt, aber noch mehr daraus gelernt."

Vorurteile als Spielverderber

Die Bühne kennt Langmann nicht nur vom Tennisplatz. Als Redner, Buchautor und Stiftungsgründer bewegt er auch abseits des Sports. Dass er einmal zu "Big in Japan" von Alphaville Tränen vergießen würde – nach einem legendären Paralympics-Doppelsieg in Tokio mit seinem Partner und besten Freund Thomas Flax aus Vorarlberg – hätte er sich früher nicht träumen lassen. Denn: Der Weg zum Tennis war ein steiniger.

Kämpft täglich dafür, Vorurteile der Gesellschaft abzubauen: Nico Langmann. ©Nico Langmann Foundation

"Als ich angefangen habe, war es schwer, überhaupt einen Tennisplatz zu finden. Viele sagten: ‚Mit dem Rollstuhl ruinierst du den Platz.‘ Heute spiele ich täglich – und hab’s immer noch nicht geschafft, ihn kaputtzumachen", erzählt Langmann lachend.

Die Last eines Traums

Es ist ein Titel, der provoziert. Der widersprüchlich klingt. Und genau deshalb hängen bleibt: "Wie man einen Traum aufgibt, um ein Leben zu gewinnen." Es ist der Titel von Nico Langmanns Autobiografie – und zugleich der Schlüsselsatz seines Lebens.

Der Traum, den Langmann aufgeben musste, war jener, wieder gehen zu können. Als Kleinkind nach einem Autounfall querschnittgelähmt, war für seine Eltern dennoch klar: Ihr Sohn sollte wieder laufen. "Sie wollten nur das Beste für mich. Ein unter Anführungszeichen ‚normales Leben‘", erzählt Langmann.

Heute ist der Wiener einer der Besten seines Sports. ©Langmann

"Wir haben alles probiert. Doch mit jedem Tag, an dem sich nichts änderte, wuchs der Druck. Und die Enttäuschung. Nicht zuletzt bei ihm selbst. Ich hatte irgendwann das Gefühl: Jeden Tag meine Eltern zu enttäuschen."

Er hat seine Lebensgeschichte in ein Buch verpackt. ©Langmann

Es war eine emotionale Zerreißprobe. Bis der Punkt kam, an dem Langmann verstand: "Ich musste diesen Traum loslassen, um mein eigenes Leben zu gewinnen. Um zu erkennen: Ich bin genauso richtig, wie ich bin."

"Er war schon damals besser als ich"

Besonders emotional wird Langmann, wenn er über seinen Doppelpartner Thomas Flax spricht. Gemeinsam standen sie 2021 bei den Paralympics auf dem Court. "Er war mein bester Freund auf der Tour. Nach dem Sieg in Tokio lagen wir uns weinend in den Armen, ich hab ‚Big in Japan‘ aufgedreht – das war einer der schönsten Momente meines Lebens."

Auch ein weiterer Vorarlberger hat Langmanns Herz erobert: Maximilian Taucher, der 2024 als erster Österreicher die Junioren-Rollstuhltenniskonkurrenz bei den French Open gewann und seinen Erfolg dieses Jahr wiederholte. "Ich kenne ihn, seit er acht Jahre alt ist", erzählt Langmann mit einem Lächeln.

Die erste Begegnung 2015 in Dornbirn. ©Langmann

"Damals habe ich ihm nach einem Turnier in Dornbirn meine Medaille mit dem Bundesadler geschenkt – heute ist er einer der Besten der Welt in seiner Altersklasse." Der Wiener schwärmt von ihm, sportlich wie menschlich: "Er ist talentiert, ehrgeizig und auf eine freche Art sympathisch. Wir haben schon zusammen Doppel gespielt – und ehrlich gesagt, war er gefühlt damals schon besser als ich", lacht der 28-Jährige.

Und was traut er ihm zu? "Ich wüsste keinen Grund, warum man tiefstapeln sollte. Die Top 14 der Welt sind bei den Grand Slams dabei – das ist der Ritterschlag für jeden Tennisspieler. Mein bestes Ranking war bisher Nummer 15. Aber ich bin überzeugt: Der Maxi kann das auch schaffen."

Der Kampf um Chancengleichheit

Doch so stolz er auf die Entwicklung ist – der Vergleich schmerzt. "Hier in Vorarlberg ist zudem Joel Schwärzler ein Talent, dem eine große Zukunft vorausgesagt wird, Nummer eins der Welt bei den Junioren, genau wie Maxi – mit einem Rucksack voller Sponsoren ausgestattet. Und der Maxi? Muss nebenbei eine Lehre machen, weil es an struktureller Unterstützung fehlt, das darf nicht sein."

Langmann nimmt das nicht einfach hin. Mit seiner "Nico Langmann Foundation" finanziert er Sportgeräte für Kinder mit Beeinträchtigung. Über 100.000 Euro an Ausrüstung hat er schon bereitgestellt. "Ich hatte Glück mit einer Versicherung nach meinem Unfall. Viele andere haben das nicht. Und Sport sollte kein Luxus sein, sondern ein Grundrecht – auch für Kinder mit Behinderung."

Sein Appell? Mut zum Perspektivenwechsel. "Sich trauen, den vermeintlichen Extraweg zu gehen. Der bringt dreifach zurück." Und wenn er jungen Menschen mit Behinderung nur einen Satz mitgeben dürfte? Dann wäre es dieser: "Genauso wie du bist, bist du richtig."

(VOL.AT)

nico-langmann.at

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