Schlucken statt spritzen: Kommt bald die Alternative zum Abnehm-Pieks?

Der dänische Konzern Novo Nordisk hat seine Semaglutid-Tabletten als Alternative zu "Wegovy" zum Injizieren bei der US-Arzneimittelbehörde FDA eingereicht. Der US-Konzern Eli Lilly hat jetzt von guten Ergebnissen mit einer Alternative für ein solches Medikament zum Schlucken berichtet.
"Fast zwei Jahre nach der Meldung erfolgreicher Ergebnisse einer Phase-III-Studie (Wirksamkeit und Verträglichkeit; Anm.) seiner oralen Version des injizierbaren Adipositasmedikaments 'Wegovy' (Wirkstoff Semaglutid; Anm.) hat Novo Nordisk bei der FDA die Marktzulassung beantragt", schrieb jetzt der US-Infodienst "Fierce Pharma".
Hohe Nachfrage bremst Zulassung
Ursprünglich hätte das schon früher erfolgen sollen. "Als Novo Nordisk im Mai 2023 berichtete, dass Patienten, welche die höchste Dosis (50 Milligramm/Tag) Semaglutid oral einnahmen, nach 64 Wochen 15 Prozent ihres Gewichts verloren hatten, kündigte das dänische Unternehmen an, bis Ende desselben Jahres die Zulassung beantragen zu wollen", so die Mitteilung.

Doch zunächst musste der dänische Konzern offenbar alle Energie darauf lenken, die mit dem internationalen Hype zu den GLP-1-Abnehm- und Diabetes-Medikamenten verbundene eklatante Steigerung des Bedarfs durch Ausweitung der Produktion zu befriedigen.
Bisher Spritze nötig
Die bisherigen derartigen Arzneimittel müssen alle injiziert werden. Die Entwicklung von Tabletten ist wiederum diffizil. Medikamente, die das Glukagon-ähnliche Peptid 1 (GLP-1) imitieren, wie Semaglutid, haben die Behandlung von Fettleibigkeit und Typ-2-Diabetes revolutioniert, haben aber erhebliche Nachteile. "Ihre Herstellung ist teuer, sie müssen gekühlt gelagert und oft injiziert werden, da sie den Magen-Darm-Trakt nicht passieren können, ohne abgebaut zu werden", erklärte dazu Alejandra Tomas, Zellbiologin am Imperial College London, gegenüber der Wissenschaftszeitschrift "Science".
Bei dem geplanten Medikament von Novo Nordisk handelt es sich um speziell verpacktes Semaglutid, also jener Wirkstoff, der auch in den Präparaten zum Injizieren enthalten ist. Deshalb wurde für die Tablettenform ein Absorptionsverstärker zur besseren Aufnahme im Magen hinzugefügt. Personen, die damit Gewicht verlieren wollen, werden das Medikament in der Früh auf nüchternen Magen mit wenig Flüssigkeit einnehmen müssen.
Wirkstoff Orforglipron in Entwicklung
Doch die Entwicklung geht weiter. Der US-Konzern Eli Lilly hat ein derartiges Medikament (GLP-1-Agonist) mit dem Wirkstoff Orforglipron in Entwicklung. Im Gegensatz zu den vergleichbaren Arzneimitteln zur einmal wöchentlichen Injektion handelt es sich dabei um ein synthetisches, kleines Wirkstoffmolekül. Es wird nicht wie Protein-Fragmente im Magen sofort abgebaut, sondern aufgenommen und später über die Leber verstoffwechselt. Ein kleines Molekül ist nicht nur günstiger in der Herstellung als Peptide, sondern wird auch leichter absorbiert.
Zumindest bei Zuckerkranken wirkt Orforglipron ausgesprochen gut. An einer Zulassungsstudie für die Anwendung zur Blutzuckersenkung nahmen 559 Patienten mit Typ-2-Diabetes teil. Sie hatten einen mittelfristig deutlich zu hohen Blutzuckerspiegel (HbA1c-Wert von acht Prozent; angestrebt werden 6,5 Prozent und weniger).
Bis zu 7,9 Prozent Gewichtsverlust
Patienten erhielten per Zufallsauswahl über 40 Wochen hinweg eine tägliche Behandlung mit Orforglipron in der Dosierung drei, zwölf bzw. 36 Milligramm oder ein Placebo. Die mit dem echten Medikament Behandelten kamen zu rund 65 Prozent auf eine mittelfristige Blutzuckereinstellung von unter 6,5 Prozent HbA1c.
Gleichzeitig zeigte sich eine deutliche Gewichtsabnahme: Mit drei Milligramm des Wirkstoffes verloren die Probanden 4,7 Prozent ihres Körpergewichts, mit zwölf Milligramm 6,1 Prozent und unter der höchsten Dosis betrug die Gewichtsabnahme sogar 7,9 Prozent (Placebo: minus 1,6 Prozent).
Eli Lilly wird das potenzielle Medikament wahrscheinlich zunächst für die Zulassung zur Behandlung von Typ-2-Diabetes anmelden. Doch das ist erst der Anfang. "Der Hersteller lässt in der Phase-III-Studie ATTAIN-1 die Wirkung von Orforglipron an etwa 3.000 Patienten mit Übergewicht und Adipositas prüfen. Die Ergebnisse könnten noch in diesem Jahr vorliegen und die Grundlage für eine Zulassungserweiterung (zum Abnehmen; Anm.) schaffen", schrieb dazu am Dienstag das Deutsche Ärzteblatt. Auch andere internationale Pharmakonzerne wollen möglichst schnell zu ähnlichen Arzneimitteln kommen.
Häufige Fragen zu Abnehm-Spritzen
Abnehm-Spritzen enthalten Wirkstoffe wie Semaglutid oder Liraglutid, die ursprünglich zur Behandlung von Diabetes entwickelt wurden. Sie ahmen das Hormon GLP-1 nach und verringern das Hungergefühl.
Bekannte Präparate sind Ozempic (für Typ-2-Diabetes) und Wegovy (speziell zur Gewichtsreduktion zugelassen). Beide enthalten den Wirkstoff Semaglutid, unterscheiden sich aber in Dosierung und Zulassungsbereich.
Wegovy ist in der EU für Erwachsene mit Adipositas oder Übergewicht und Begleiterkrankungen zugelassen. Die Anwendung sollte ärztlich überwacht werden und ist nicht für kosmetische Zwecke gedacht.
Zu den häufigsten Nebenwirkungen zählen Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und Verstopfung. In seltenen Fällen kann es zu schwerwiegenderen Komplikationen kommen. Eine ärztliche Beratung ist vor der Anwendung notwendig.
Die Wirkstoffe verlangsamen die Magenentleerung und sorgen für ein längeres Sättigungsgefühl. Zudem beeinflussen sie das Belohnungssystem im Gehirn, was den Appetit dämpfen kann.
(APA)
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