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Südtirol-Autonomie: Sonderlandtag zur Frage endete mit Eklat

Der Sonderlandtag zur Frage um Südtirol-Autonomie endete mit einem Eklat.
Der Sonderlandtag zur Frage um Südtirol-Autonomie endete mit einem Eklat. ©APA, Screenshot Instagram/landtagconsigliocunsei
Die Sondersitzung des Südtiroler Landtags zu der mit Rom ausverhandelten Reform des Autonomiestatuts samt Wiederherstellung verloren gegangener Kompetenzen ist am Dienstag mit einem Eklat vorzeitig zu Ende gegangen.

Die Opposition, die die Sitzung beantragt hatte, wollte nicht nur eine Debatte, sondern über die einzelnen Punkte abstimmen. Als letzterem vom Landtagspräsidium aus rechtlichen Gründen eine Absage erteilt wurde, verließen die Oppositionsfraktionen den Saal.

Aus rechtlichen Gründen: Debatte, aber keine Abstimmungen

Landtagspräsident Arnold Schuler von der regierenden Südtiroler Volkspartei (SVP) verwies auf ein Gutachten des Rechtsamtes des Landtages, demzufolge Abstimmungen über einzelne Punkte in diesem Fall nicht möglich seien, sondern laut Autonomiestatut nur eine solche über die Gesamtreform. Die Opposition sah dies anders. Die Folge: Es kam zu zahlreichen Sitzungsunterbrechungen und Beratungen der Fraktionssprecher, der Opposition und des Präsidiums. Am Ende blieb es bei der Entscheidung, dass es zwar eine Debatte, aber keine Abstimmungen geben könne.

Dem Autonomiestatut zufolge müssen die Landtage von Bozen und Trient sowie der Regionalrat jeweils eine Stellungnahme zum Vorschlag für die geplante Autonomiereform erlassen. Der Vorschlag für den Text der Stellungnahme soll von der zuständigen Gesetzgebungskommission des Landtages am Mittwoch ausarbeitet werden. In der Kommission sind alle Fraktionssprecher vertreten. Die Abstimmung selbst soll - wie ursprünglich vorgesehen - voraussichtlich am 6. Mai im Landtag erfolgen. Im Regionalrat wird indes am 14. Mai abgestimmt werden.

Opposition schäumte

Die Opposition schäumte jedenfalls. Sven Knoll von der Süd-Tiroler Freiheit bezeichnete das Vorgehen "als Tiefpunkt der Demokratie, nein eine Diktatur", weil eine demokratische Abstimmung nicht zugelassen werde. Grünen-Abgeordnete Brigitte Foppa zeigte sich enttäuscht, weil im Land keine ausführliche Diskussion zu diesem wichtigen Thema, der Autonomie, erfolgt sei. Im Landtag wäre nun die Gelegenheit dazu gewesen. Team K-Fraktionsvorsitzender Paul Köllensperger bezeichnete die Vorgehensweise als "kleinkariert und ungeschickt". Er meinte, man müsse die Rolle des Rechtsamtes und des Landtagspräsidenten hinterfragen.

Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP) bedauerte den Verlauf der Sondersitzung, da er in der Diskussion die Gelegenheit gehabt hätte, auf die Kritikpunkte zu antworten. Er unterstrich auch, dass der gesamte Verhandlungsprozess sehr transparent gewesen und die Fraktionsführer laufend über die Entwicklungen informiert worden seien. Der Landeshauptmann gab seiner Hoffnung Ausdruck, dass dieser "Betriebsunfall" nicht ein konstruktives Klima in der Gesetzgebungskommission beeinträchtigen möge. Er sprach Landtagspräsident Schuler seine volle Solidarität aus. Dieser unterstrich, dass er und das Präsidium sich nicht über ein Rechtsgutachten hinwegsetzen könnten.

Zuletzt Schlag auf Schlag bei Reform

Zuletzt war es in Sachen Autonomiereform Schlag auf Schlag gegangen. Anfang April stimmte die italienische Regierung in ihrer Ministerratssitzung dem verhandelten Verfassungsgesetzesentwurf zu bzw. genehmigte ihn. Eine Woche zuvor war der Entwurf, der auch das Trentino im Rahmen der gemeinsamen Region betrifft, im Rahmen einer Sitzung in Rom präsentiert worden. Am vergangenen Montagabend gaben auch die Delegierten einer außerordentlichen Landesversammlung der Südtiroler Volkspartei mit überwältigender Mehrheit bzw. 98,37 Prozent ihren Segen zu dem Pakt.

Durch die Reform des Statuts soll der Spielraum für die autonome Gesetzgebung Südtirols ausgeweitet werden. In den Verhandlungen ging es um die Bereiche Urbanistik, Bauwesen, Straßen, Personal, Handel, Energie und Umweltschutz. Inhaltlich waren zudem auch mehrere Zugeständnisse an die italienische Sprachgruppe durchgesickert. So sollen zugewanderte italienische Staatsbürger künftig bereits nach zwei Jahren Ansässigkeit an den Landtagswahlen teilnehmen können, bisher waren es vier Jahre.

Während die Opposition einzelne Verhandlungsergebnisse bisher teils stark bemängelte, jubilierten Landeshauptmann Kompatscher und die SVP-Oberen, die seit der Landtagswahl 2023 Südtirol in einer Mitte-Rechts-Fünferkoalition mit den Südtiroler Freiheitlichen, der Partei von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, Fratelli d'Italia, Lega und La Civica regieren. Kompatscher sprach nicht nur von einer Wiederherstellung, sondern auch von einer stärkeren Absicherung der Autonomie.

Die Autonomiereform soll nach den Stellungnahmen der Landtage von Bozen und Trient, des Regionalrates sowie der Konferenz der Regionen erneut in den Ministerrat, der den Text noch einmal genehmigen muss - bevor er der Republik Österreich, in ihrer Funktion als Schutzmacht, übermittelt wird. Erst danach wird der Reformvorschlag als Gesetzentwurf ins römische Parlament kommen. Dies dürfte im Juni erfolgen. Da es sich um ein Verfassungsgesetz handelt, muss der Text zweimal von jeder der beiden Parlamentskammern verabschiedet werden. Zwischen den zwei Abstimmungen müssen mindestens drei Monate liegen und die Beschlüsse müssen jeweils mit absoluter Mehrheit erfolgen. Mit finalen Beschlüssen in den Parlamentskammern wurde im kommenden Jahr oder erst 2027 gerechnet.

Meloni versprach Reform in Regierungserklärung

Eigentlich war der Text für den Verfassungsgesetzesentwurf bereits vergangenen Sommer erwartet worden, die Vorlage des Reformtexts verzögerte sich aber. Es geht um die Wiederherstellung der Standards, die 1992 zur Streitbeilegung vor den Vereinten Nationen (UNO) geführt hatten und die durch die italienische Verfassungsreform bzw. Urteile des Verfassungsgerichts über die Jahre immer wieder ausgehöhlt worden waren. Ministerpräsidentin Meloni hatte sich bereits in ihrer Regierungserklärung zu Beginn ihrer Amtszeit im Jahr 2022 dezidiert für die Reform ausgesprochen.

(APA)

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