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"Die Sorgen sind nachvollziehbar" - Landesrätin Rüscher zum Sparkurs im Sozialbereich

Landesrätin Martina Rüscher zu den Einsparungen.
Landesrätin Martina Rüscher zu den Einsparungen. ©VN/Hofmeister; Canva; Land Vorarlberg/www.fasching.photo
Nach der massiven Kritik an den Einsparungen bei Lebenshilfe und Caritas nimmt Soziallandesrätin Martina Rüscher gegenüber VOL.AT Stellung. Die finanzielle Lage sei angespannt, doch versorgungswichtige Angebote sollen erhalten bleiben.
"Es gibt Kritik und Unverständnis"
Lebenshilfe schließt Standorte und streicht Angebote

Landesrätin Martina Rüscher verweist auf eine massive Kostensteigerung im Sozialfonds und betont, dass die Einsparungen notwendig seien, um die finanzielle Handlungsfähigkeit des Landes zu sichern. Essenzielle Unterstützungsangebote für Menschen mit Behinderungen sollen dennoch erhalten bleiben.

Landesrätin Martina Rüscher
Landesrätin Martina Rüscher ©Land Vorarlberg/www.fasching.photo

100 Millionen Euro mehr seit 2019

Wie Rüscher ausführt, sei der Finanzierungsbedarf des Sozialfonds seit 2019 um rund 30 Prozent gestiegen – das entspricht über 100 Millionen Euro zusätzlich im Jahr 2024.

  • Gründe dafür seien unter anderem stark steigende Personalkosten.
  • Gleichzeitig seien die Budgets von Land und Gemeinden durch Krisenjahre wie Pandemie, Ukraine-Krieg und Teuerung stark belastet.

„Eine Dämpfung weiterer Kostensteigerungen ist dringend notwendig und hat das Ziel, den Sozialfonds auf dem aktuellen hohen Niveau zu stabilisieren“, so Rüscher.

Einsparungen nur im nicht-stationären Bereich

Im Bereich Chancengleichheit sei vorerst nur in bestimmten nicht-stationären Leistungsbereichen bei sieben Trägern gekürzt worden – darunter die Lebenshilfe und die Caritas. Dort wurden zunächst nur 92 bis 94 Prozent des geschätzten Bedarfs bewilligt. Mit allen betroffenen Organisationen wurden Einzelgespräche geführt, um tragfähige Lösungen zu finden.

„Die Entscheidung, Einsparungen in einzelnen nicht-stationären Angeboten vorzunehmen, ist uns keinesfalls leichtgefallen – insbesondere nicht in einem sensiblen Feld wie der Unterstützung von Menschen mit Behinderungen“, schreibt Rüscher.

"Wir können die Sorgen nachvollziehen"

Die Landesrätin betont, dass Alternativen intensiv geprüft worden seien. Dennoch sei es notwendig, die Handlungsfähigkeit des Landes zu sichern:

„Wir können die Sorgen der Betroffenen und ihrer Angehörigen gut nachvollziehen. Gerade weil uns bewusst ist, welche Tragweite diese Einschnitte haben, wurden alle Alternativen intensiv geprüft. Deshalb haben wir dort angesetzt, wo wir den Spagat zwischen notwendigen Einsparungen und sozialer Verantwortung am ehesten vertreten konnten.“

Strukturprozess läuft – inklusive Ziele bleiben

Parallel zur Budgetdisziplin läuft laut Rüscher ein Strukturprozess des Sozialfonds, gemeinsam mit dem Vorarlberger Gemeindeverband.

  • Dabei sollen Angebote analysiert, Synergien besser genutzt und Doppelgleisigkeiten beseitigt werden.

Zugleich verweist Rüscher auf das Leitbild für ein inklusives Vorarlberg und das Projekt „Inklusive Region Vorarlberg“, das vom Land initiiert wurde:

„Vorarlberg steht für Chancengerechtigkeit und soziale Verantwortung – und daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern.“

Langfristiges Ziel sei die Entwicklung eines eigenen Vorarlberger Aktionsplans Behinderung, angelehnt an den Nationalen Aktionsplan (NAP) des Bundes.

Hintergrund: Lebenshilfe und Caritas müssen Angebote kürzen

Wie VOL.AT berichtete, wurde die Lebenshilfe Vorarlberg aufgefordert, 1,7 Millionen Euro einzusparen. In der Folge sollen zwei Werkstätten-Standorte in Hörbranz zusammengelegt, zwei Kantinen geschlossen sowie freiwillige Leistungen wie Aktivtage und Mobilitätstickets gestrichen werden. Auch Herbstferien werden eingeführt.

Bei der Caritas kommt es ebenfalls zu Kürzungen: In mehreren Regionen wird es künftig zusätzliche Schließtage geben. Betroffen sind Werkstätten sowie Tagesstrukturen – unter anderem in Bludenz, im Montafon und in Ludesch.

Die Kritik – auch aus der Politik – war deutlich: SPÖ-Landtagsabgeordnete Manuela Auer sprach von einem Rückschritt bei der Inklusion und forderte ein Ende der „untragbaren Einsparungen“.

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(VOL.AT)

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