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EZB: Noch mehrere Lockerungsschritte bis zum neutralen Zins

Lagarde signalisierte Fortsetzung des Zinssenkungskurs
Lagarde signalisierte Fortsetzung des Zinssenkungskurs ©APA
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat nach Schätzungen ihrer Volkswirte noch eine Wegstrecke vor sich, bevor sie mit ihren Leitzinsen die Wirtschaft nicht mehr bremst.

Laut jüngsten Modellschätzungen liege der sogenannte neutrale oder natürliche Zins, der die Wirtschaftsaktivitäten weder bremst noch anheizt, in einer Spanne zwischen 1,75 und 2,25 Prozent, teilten EZB-Volkswirte in einem am Freitag veröffentlichten Aufsatz mit.

Die Spanne entspricht damit der von EZB-Präsidentin Christine Lagarde in Davos im Jänner genannten Bandbreite. Zuvor hatte sie im Dezember noch eine größere Spanne von 1,75 bis 2,50 Prozent genannt.

Aus der Schätzung der Volkswirte folgt damit, dass die EZB den Leitzins noch zweimal um jeweils einen Viertelprozentpunkt senken müsste, um das obere Ende der genannten Spanne zu erreichen.

Lagarde signalisierte Fortsetzung des Zinssenkungskurses

Aktuell liegt der Leitzins im Euroraum - der sogenannte Einlagensatz - bei 2,75 Prozent. Die EZB hatte ihn auf ihrer jüngsten Zinssitzung Ende Jänner auf dieses Niveau nach unten gesetzt. Der Zins, zu dem sich Banken frisches Geld bei der Notenbank besorgen können, beträgt derzeit 2,90 Prozent. Es war bereits die fünfte Zinslockerung, seit sie im Juni 2024 angesichts einer nachlassenden Inflation auf einen Zinssenkungskurs umgeschwenkt war. Lagarde signalisierte auf der Pressekonferenz nach dem Zinsbeschluss, dass die EZB ihren Zinssenkungskurs fortsetzen werde. Das nächste Zinstreffen der Währungshüter ist am 5. und 6. März.

Der natürliche oder neutrale Zins - in der Fachwelt mit "r*" abgekürzt - ist eine theoretische Größe, die nicht einfach von den aktuellen Wirtschaftsdaten ablesbar ist. Schätzungen beruhen zumeist zu einem großen Teil auf Modellrechnungen. Die EZB-Ökonomen wiesen in ihrem Aufsatz darauf hin, dass Schätzungen des natürlichen oder neutralen Zinses Währungshütern zwar ergänzende Informationen für geldpolitische Entscheidungen bereitstellen und die Kommunikation unterstützen könnten. Sie lieferten aber keinen mechanischen Maßstab für die Festlegung eines angemessenen geldpolitischen Kurses. "Die inhärenten Unsicherheiten sowie konzeptionelle Mängel begrenzen die Nützlichkeit der verfügbaren Schätzungen für den natürlichen Zins für das Vorgehen in der Geldpolitik in Echtzeit", schreiben die Autoren. Vor kurzem hatte sich bereits EZB-Chefvolkswirt Philip Lane gegen solche Interpretationen ausgesprochen.

(APA)

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