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Koalition - ÖVP-Appell an "konstruktive Kräfte der Mitte"

Nehammer sei bereit, weiter "Verantwortung zu übernehmen".
Nehammer sei bereit, weiter "Verantwortung zu übernehmen". ©APA; "X"
Die ÖVP hat am Freitag nach dem Ausstieg der NEOS aus den Regierungsverhandlungen einerseits Kritik vor allem an der SPÖ und abgeschwächt an den NEOS geübt.

Andererseits zeigte Parteichef Karl Nehammer (ÖVP) in einem per Video verbreiteten Statement bereit, weiter "Verantwortung zu übernehmen". Gleichzeitig appellierte er an "die konstruktiven Kräfte der politischen Mitte", mit der ÖVP von ihm skizzierte Leitlinien in Sachen Wirtschaft, Migration und Integration anzugehen.

Video-Statement von Nehammer auf "X"

Deutlicher wurde Nehammer nicht - wobei die Formulierung wohl als Beharren auf der Absage an die FPÖ gedeutet werden konnte. Als Leitlinien formulierte er etwa "eine Politik, die den Standort und die Wettbewerbsfähigkeit stärkt und die Arbeitsplätze schafft". In Sachen Asyl-und Integrationspolitik forderte er, dass sich Menschen, die nach Österreich kommen, anpassen müssen. "Wer gegen unsere Regeln verstößt, muss die Konsequenzen tragen. Wer kein Recht hat hier zu sein, muss das Land verlassen." Außerdem müsse sich Arbeit lohnen - jene Menschen, die Leistung erbringen, müssten gefördert und entlastet werden.

Vorstand tagte am Nachmittag

Davor hatte der ÖVP-Vorstand am Nachmittag getagt. Dabei hatte sich Nehammer Rückendeckung für das weitere Vorgehen geholt - das er zumindest öffentlich aber nicht weiter erläuterte. Eine formale Abstimmung über Nehammer gab es im Vorstand zwar nicht, allerdings sei dem Parteichef durch Wortmeldungen der "Rücken gestärkt" worden, hieß es nach der Sitzung zur APA. Selbstverständlich schien das zuletzt nicht, brodelt es doch seit Wochen vor allem im Wirtschaftsflügel der Partei, wo die Skepsis gegenüber einer Koalition mit der Babler-SPÖ am größten ist. Zwischenzeitlich machten am Freitagnachmittag gar Gerüchte einer Ablöse Nehammers an der Parteispitze die Runde. Als Alternativen an der Parteispitze wurden seit einiger Zeit Wirtschaftskammer-Generalsekretär Wolfgang Hattmannsdorfer, aber auch Ex-Parteichef Sebastian Kurz genannt.

Die Abteilung Attacke hatte davor ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker übernommen. "Das Verhalten von Teilen der SPÖ hat zur aktuellen Situation geführt", meinte er in einer Aussendung. "Während sich Teile der Sozialdemokratie konstruktiv eingebracht haben, haben in den letzten Tagen die rückwärtsgewandten Kräfte in der SPÖ überhandgenommen." Nötig seien nachhaltige Veränderungen und Reformen, um Beschäftigung und Wohlstand zu halten, die Pensionen abzusichern sowie Sicherheit und klare Regeln in der Integration durchzusetzen.

Weiteres Vorgehen offen

Offen ließen sowohl Nehammer als auch Stocker, wie die ÖVP nun weiter zu tun gedenkt. ÖVP und SPÖ kommen gemeinsam im Nationalrat auf eine hauchdünne Mehrheit von einem Mandat Überhang. Sie könnten nun versuchen, eine Zweierkoalition zu bilden oder die Grünen als dritten Partner dazunehmen.

Die geschäftsführende ÖVP-Landesparteiobfrau in der Steiermark, Landeshauptmannstellvertreterin Manuela Khom, warnte: "Neuwahlen und einen langen, lähmenden Wahlkampf können wir uns jetzt jedenfalls nicht leisten. Es sind jetzt alle Parteichefs gefordert, ein paar Schritte zurückzugehen und gemeinsam so rasch wie möglich eine Lösung für diese politische Pattstellung zu finden."

Schuldzuweisungen aus Ländern

Das Land und vor allem der Wirtschaftsstandort Österreich bräuchten schnell eine tragfähige Regierung, um den dringend benötigten Reformkurs auf den Weg zu bringen, meinte Khom: "In der Steiermark sind wir es gewohnt, dass die SPÖ Reformen mitträgt - es ist schade, dass das in Wien scheinbar nicht möglich ist."

"Wenn manche nicht bereit sind, Verantwortung zu übernehmen, müssen die seriösen Kräfte bereit sein, auch in anderen Konstellationen zusammenzuarbeiten", hieß es vom Kärntner ÖVP-Landesparteiobmann Martin Gruber. Es brauche eine Koalition, "die den Standort stärkt, Reformen angeht und die Wirtschaft entlastet" und "keine neuen Belastungen für Leistungsträger einführt".

Tiroler ÖVP gegen Neuwahl

Aus der Tiroler ÖVP hieß es auf APA-Anfrage, dass der "abrupte Abbruch der Koalitionsverhandlungen in Wien zur Kenntnis genommen" werde. Österreich brauche dennoch "rasch" eine arbeitsfähige Regierung, die für die Menschen im Land arbeite, sprach man sich offenbar gegen eine Neuwahl aus: "Das was in Tirol gelingt, nämlich zu arbeiten anstatt zu streiten, sollte auch im Bund möglich sein."

Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) hielt fest: "Der heutige Abbruch der Koalitionsverhandlungen ist angesichts der großen Herausforderungen, vor denen Österreich steht, bedauerlich. Nichtsdestotrotz gilt es mit Nachdruck an einer tragfähigen Regierung für Österreich zu arbeiten. Die Entwicklungen der nächsten Tage sind nun abzuwarten."

Wallner: Übereinstimmungen zwischen ÖVP und NEOS

Der Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) bedauerte den Ausstieg der NEOS. Seiner Ansicht nach hätte es weitgehende inhaltliche Übereinstimmungen zwischen der ÖVP auf Bundesebene und den NEOS gegeben. Ein Ankurbeln der Wirtschaft und Budgetsanierungen sähe er gerade im dritten Jahr der Rezession für wichtig an, und dafür brauche es möglichst schnell eine handlungsfähige Regierung.

Hattmannsdorfer wiederum befand: "Wie auch immer die Regierungsverhandlungen weitergehen, ohne eine aktive Standort- und Wirtschaftspolitik wird es nicht gehen. Angesichts der herausfordernden wirtschaftlichen Situation müssen wir an einem Comeback von Leistung und Wettbewerb arbeiten." Nur so könne es wieder Jobs und Wachstum in Österreich geben.

(APA)

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