ÖVP-Verfassungssprecher nennt Gewessler "Staatsgefährderin"

Darum geht's:
- ÖVP-Verfassungssprecher Gerstl fordert Rücktritt Gewesslers
- Gewessler als "Staatsgefährderin" für EU-Renaturierungsverordnung kritisiert
- Anzeige gegen Gewessler wegen Amtsmissbrauchs eingereicht
Grund ist eine Anfragebeantwortung Gewesslers zu ihrer von der ÖVP vielkritisierten Zustimmung zur EU-Renaturierungsverordnung. Die Ministerin würde "gut daran tun, sofort zurückzutreten, bevor sie vom Wähler abgewählt wird", so Gerstl, der die Anfrage eingebracht hat, gegenüber dem "Kurier". Die Grüne Justizsprecherin Agnes Prammer rückte zur Verteidigung aus.
Anzeige wegen Amtsmissbrauchs
Gerstl bezeichnete Gewessler zudem als "Staatsgefährderin". Sie hatte Mitte Juni gegen den Willen des Koalitionspartners ÖVP im Rat der EU-Staaten für die Verordnung gestimmt, die daraufhin mit knapper Mehrheit angenommen wurde. Die Volkspartei brachte in weiterer Folge eine Anzeige wegen Amtsmissbrauchs gegen die grüne Ministerin ein, weil sie kein Einvernehmen mit den Bundesländern und dem ÖVP-geführten Landwirtschaftsministerium hergestellt hatte. Die Anzeige wird von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) geprüft. Einen Misstrauensantrag der FPÖ gegen Gewessler hatte die ÖVP im Juli nicht unterstützt.
Unterschiedliche Rechtsauffassungen
Gewessler breche den Föderalismus und verweigere die Anerkennung der einheitlichen Stellungnahme der Bundesländer - "wissend, dass diese nur durch eine neue einheitliche Stellungnahme aufgehoben hätte werden können", meinte Gerstl, der der Ministerin vorwarf, die Verantwortung an Wien abzuschieben. Dass sie sich entgegen einer ablehnenden Länderstellungnahme für die Renaturierungsverordnung ausgesprochen hat, begründet diese in der Anfragebeantwortung, die der APA vorliegt, nämlich mit dem Ausscheren Wiens. Die Hauptstadt hatte die Renaturierung nach einem Kurswechsel unterstützt. "Wenn es keine einheitliche Position der Länder mehr gibt, liegt auch keine einheitliche Stellungnahme der Länder mehr vor", heißt es. Es bestehe zudem "hinsichtlich des finalen Abstimmungsverhaltens im EU-Rat keine Pflicht zur Herstellung des Einvernehmens" mit dem Landwirtschaftsministerium.
"Die Ministerin hat verantwortungslos gehandelt und Rechtsbruch begangen", so Gerstls Fazit. Die ÖVP verweist auf die Rechtsmeinung des Verfassungsdienstes des Bundeskanzleramtes. Dieser habe die Rechtsfrage allerdings "unzutreffend gelöst", geht aus Gewesslers Anfragebeantwortung hervor. Eine Bindungswirkung der Rechtsmeinung des Verfassungsdienstes sei zudem nicht vorgesehen.
"Hier werden echte Gefährder massiv verharmlost"
"Eine Klimaschutzministerin, die für die Natur stimmt, macht ihren Job und sonst nichts", verteidigte die Grüne Justizsprecherin Agnes Prammer das Vorgehen Gewesslers. Dass diese "Staatsgefährderin" genannt werde, hält sie für fahrlässig: "Hier werden echte Gefährder massiv verharmlost." Die ÖVP habe sich daran gewöhnt "die Interessen einiger Lobbygruppen zu bedienen. Deshalb ist es für sie nicht nachvollziehbar, dass man sich bei unterschiedlichen Rechtsansichten nicht an diejenige klammert, die möglichst wenig am Status quo ändert, sondern mutig die Entscheidung für den Schutz von Natur und Menschen trifft", schoss sie gegen den Koalitionspartner.
Kritik von der FPÖ
Die ÖVP versuche nur vorzutäuschen, dass sie etwas gegen Gewessler unternehmen würde, meinte indes FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz in einer Pressemitteilung. Die ÖVP hätte Gewessler schließlich "längst" aus dem Amt entfernen können. "Doch weder hat Nehammer beim Bundespräsident Van der Bellen um Gewesslers Entlassung ersucht, noch hat die ÖVP unserem Misstrauensantrag gegen sie zugestimmt."
(APA)
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