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"Stören tuts mich nicht, ich habe Mitleid": Wie denken Passanten über Obdachlose in Bludenz?

Wie denken Passanten über die Obdachlosen hinterm Bahnhof?
Wie denken Passanten über die Obdachlosen hinterm Bahnhof? ©VOL.AT/Mayer, Canva
Mirjam Mayer (VOL.AT) mirjam.mayer@russmedia.com
Gibt es einen neuen Brennpunkt in Bludenz? Wohnungslose Personen sorgen am Radweg hinter dem Bludenzer Bahnhof für Aufregung. VOL.AT hat sich die Situation vor Ort angeschaut und sprach mit Passanten.

In sozialen Medien entbrannte kürzlich eine Diskussion darüber, dass sich obdachlose Personen hinter dem Bahnhof in Bludenz niederlassen. Eine Vorarlbergerin berichtet von "extrem vielen Obdachlosen und Junkies". Diese sollen jetzt im Sommer das Gebiet rund um den Bahnhof belagern und teilweise auch dort wohnen.

Diese Obdachlosen-Situation regt die Vorarlberger auf, besonders der Platz hinter dem Bahnhof wird für sie zum Schandfleck: "Ich finde es echt schlimm", meint eine Userin, die öfters dort vorbeigeht. "Es war früher nicht so." Eine andere Vorarlbergerin meint: "In Vorarlberg muss das nicht sein! Es gibt wirklich genug Plätze und Einrichtungen."

Zwei Personen ließen sich am Dienstagnachmittag beim Radweg nahe dem Bahnhof nieder. ©VOL.AT/Mayer

Lokalaugenschein in Bludenz

Beim Lokalaugenschein am Dienstagnachmittag traf VOL.AT nur zwei Personen bei der Mokrystraße an, die dem Stereotyp entsprachen: Sie hatten mehrere Einkaufstaschen und Decken mit dabei und nahmen zwei Bänke am Radweg in Beschlag. Eine Frau hatte auch eine Thermounterlage mit dabei, lag auf der Bank und schlief. Ein Mann saß mit einem Rucksack und großer Tragetasche in der Sonne. Später zog er weiter, während die Frau sich auf einer Decke im Gras niederließ. Beide wollten nicht mit VOL.AT reden.

Die Frau lag mit einer Isoliermatte auf einer der Bänke. ©VOL.AT/Mayer
Wenig später verzog sich der Mann, die Frau machte es sich auf einer Decke gemütlich. ©VOL.AT/Mayer

Was denken sich Passanten, wenn sie mitten in Bludenz an obdachlosen Personen vorbeigehen? VOL.AT hat sich rund um den Bahnhof und die Mokrystraße umgehört:

Erika aus Bregenz ©VOL.AT/Mayer

"Stören tuts mich nicht, ich habe Mitleid"

Erika aus Bregenz ist öfter in Bludenz unterwegs, so auch am Dienstagnachmittag. "Man sieht sie schon ab und zu", meint sie zu obdachlosen Personen. "Was ich mir dabei denke? Dass die Politik vielleicht für die eigenen Leute was machen soll und nicht das Geld verschenkt ins Ausland", verdeutlicht sie gegenüber VOL.AT. "Stören tuts mich nicht, ich habe Mitleid", betont die Bregenzerin. "Was sollen sie machen? Es ist einfach traurig für ein Land, das soviel zu verschenken hat."

Andre ortet ein soziales Problem. ©VOL.AT/Mayer

"Die Leute haben oft Probleme"

"Das ist schon länger ein Problem", erklärt Andre Harkner aus Bürs, der mit dem Kinderwagen unterwegs war. "Man sieht immer wieder jemanden nächtigen oder halt auch länger dort Zeit verbringen." Er ortet ein soziales Problem: "Den Leuten sollte man eher helfen, nur wird das halt wegignoriert." Es komme immer auf die Umstände an: "Meiner Erfahrung nach sind es oftmals Leute, die einfach gebeutelt worden sind." Es sei schade, dass es offenbar keine Einrichtung gebe, wo sie zumindest mehrmals die Woche nächtigen oder essen können. "Die Leute haben oft Probleme, sonst würden sie nicht draußen schlafen und es kümmert sich keine Sau drum." Wenn man obdachlos und schwer in Armut sei, suche man etwas, um das zu kompensieren – etwa Alkohol. Angebote wie "do it yourself" seien zwar vorhanden, bekämpfen aber laut ihm die Ursache und nicht das Problem.

Diese beiden Schülerinnen waren in Bludenz unterwegs. ©VOL.AT/Mayer

"Sie sind schon arm"

Auch eine junge Vandanserin, die in Bludenz zur Schule geht, sprach mit VOL.AT. "Sie sind schon arm, aber ich finde es nicht gut, wenn sie aufdringlich sind", erklärte sie zur Situation. Sie habe etwa schon erlebt, dass Obdachlose mit ihr diskutieren wollen – so auch am Bahnhof. Die Schülerin hat eher Mitleid mit den betroffenen Personen, wie sie zu verstehen gibt.

Mario Leiter beim VN-Sommergespräch. Er ist nicht nur SPÖ-Chef, sondern auch Kommandant der Stadtpolizei Bludenz. ©Philipp Steurer

Stadtpolizei: Es ist grundsätzlich unproblematisch

Die Stadt Bludenz verwies auf die Zuständigkeit der Stadtpolizei. Hier kennt man die Situation. Kommandant Mario Leiter erklärt gegenüber VOL.AT: "Es gibt keine rechtliche Handhabe. Für Armut muss man sich nicht schämen und sie machen keine Verwaltungsübertretung." So hinterlassen sie laut Leiter keinen Müll oder Dreck und machen keinen Lärm. Falls dies vorkäme, würde die Polizei einschreiten, versichert Leiter. Aktuell sei kein Vorfall bekannt. "Es ist grundsätzlich komplett unproblematisch", verdeutlicht der Kommandant der Stadtpolizei. "Es gibt immer vereinzelte, die unstet sind, also keinen Wohnsitz haben, die sich wie aktuell auf einer Wiese niederlassen", meint er. "Das hat es immer schon gegeben, auch landesweit." Wenn sie sich an die Normen halten, sie nichts dagegen einzuwenden.

(VOL.AT)

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