Zum Siegestag stellt Putin Russland als Opfer dar

Unter hohen Sicherheitsvorkehrungen marschierten am Dienstag Tausende Soldaten auf dem Roten Platz auf. Russlands Präsident Wladimir Putin stellte in seiner Rede sein Land im aktuellen Krieg gegen die Ukraine als Opfer dar: "Gegen unser Vaterland wurde ein echter Krieg entfesselt."
Weiter "Spezial-Operation" statt Krieg
Auch mehr als ein Jahr nach Kriegsbeginn war in Moskau bis zuletzt in der Regel nur von einer "militärischen Spezial-Operation" die Rede gewesen. "Wir sind stolz auf die Teilnehmer der militärischen Spezialoperation in der Ukraine", betonte Putin. Es gebe nichts Stärkeres als die Liebe der Russen zum Vaterland, sagte der russische Präsident weiter. Putin hatte den Angriff auf die Ukraine am 24. Februar 2022 selbst angeordnet. Moskau rechtfertigt dies mit der angeblichen Unterdrückung der russischsprachigen Bevölkerung in der Ostukraine durch die Regierung in Kiew.
"Vom Westen bedroht"
Auch behauptet Russland, vom Westen bedroht worden zu sein. "Aber wir haben den internationalen Terrorismus zurückgeschlagen, wir werden die Einwohner des Donbass beschützen und wir werden unsere Sicherheit gewährleisten." Einmal mehr behauptete Putin zudem, die Ukraine sei zur "Geisel" westlicher Staaten geworden, die Russland zerstören wollten. "Ihr Ziel besteht (...) im Zerfall und in der Zerstörung unseres Landes."
Halbinsel Krim 2014 annektiert
Bereits seit 2014 werden Teile des Donbass in der Ostukraine von pro-russischen Separatisten gehalten. Zudem wurde die Halbinsel Krim von Russland 2014 annektiert. Die von pro-russischen und russischen Truppen okkupierten Gebiete im Osten und Süden der Ukraine wurden dann am 30. September 2022 ebenfalls von Russland annektiert. Allerdings blieb der genaue Grenzverlauf offen, zumal manche Regionen später von der Ukraine wieder zurückerobert wurden.
8.000 Soldaten auf dem Roten Platz
Offiziellen Angaben zufolge sind auf dem Roten Platz rund 8.000 Soldaten aufmarschiert - darunter offenbar auch Männer, die in den vergangenen Monaten in der Ukraine kämpften. Anders als ursprünglich angekündigt sind nun doch einige ausländische Staats- und Regierungschefs auf der Ehrentribüne zu Gast - nämlich aus den Ex-Sowjetrepubliken Belarus (Weißrussland), Kasachstan, Tadschikistan, Turkmenistan, Kirgistan, Usbekistan und Armenien.
Kritik aus der Ukraine
Das sorgte für Kritik aus der Ukraine. "Wir betrachten die Beteiligung an der öffentlichen Veranstaltung neben einem Kriegsverbrecher als einen unmoralischen und unfreundlichen Schritt gegenüber der Ukraine und als Ausdruck der Verachtung für das ukrainische Volk", hieß es in einer am Dienstag veröffentlichten Erklärung des Außenministeriums in Kiew. "Die Völker Zentralasiens und des Kaukasus haben einen unschätzbaren Beitrag zum Sieg über den Nationalsozialismus vor 78 Jahren geleistet", hieß es weiter. Sie hätten es nicht verdient, vom Kreml für eine "falsche Veranstaltung" genutzt zu werden, die nichts mit dem Sieg über den Nationalsozialismus gemein habe.
Keine Kampfpanzer, keine Flugshow
Trotz klaren Himmels fand in diesem Jahr keine Flugshow als Teil der Militärparade statt. An Militärtechnik präsentierte das russische Militär am Dienstag vor allem gepanzerte Radfahrzeuge. Kampfpanzer fehlten, mit Ausnahme des historischen T-34. Offiziell gab es bis zum Vormittag keine Erklärung für das Fehlen von Kampfpanzern und Flugzeugen. Kampfpanzer sind traditionell Teil der Parade. In den vergangenen Jahren wurde in Moskau vor allem das neueste Panzer-Modell Armata (T-14) präsentiert. Im April hatten russische Medien darüber berichtet, dass der Armata erstmals in Russlands Krieg gegen die Ukraine eingesetzt werde. Die Flugshow wurde in den vergangenen Jahren mehrfach wegen schlechten Wetters abgesagt. In diesem Jahr hatten einige Beobachter angesichts von Sicherheitsrisiken schon gar nicht mehr mit ihr gerechnet.
Zweifel nach Drohnen-Vorfall
Insbesondere nach einem Drohnen-Vorfall am Kreml war in den vergangenen Tagen immer wieder spekuliert worden, ob die Parade tatsächlich stattfindet oder eventuell doch aus Sicherheitsgründen abgesagt wird. In der Nacht auf den vergangenen Mittwoch waren nämlich zwei Drohnen bis zum Kreml-Gelände vorgedrungen. Über der Kuppel des Senatspalasts konnten sie von der Luftabwehr zum Absturz gebracht werden. Moskau macht Kiew für den angeblichen Anschlagsversuch auf Putin verantwortlich. Die Ukraine weist das zurück und spricht von einer russischen Inszenierung.
Abgesagt wurde für dieses Jahr in Moskau allerdings der Traditionsmarsch "Unsterbliches Regiment", der gewöhnlich nach der Parade abgehalten wird. In mehr als 20 anderen russischen Städten wurden auch die Paraden selbst Medienberichten zufolge wegen des hohen Sicherheitsrisikos gestrichen. In den vergangenen Wochen war es insbesondere im Süden Russlands und auf der annektierten ukrainischen Halbinsel Krim zu Anschlägen gekommen.
Scholz wirft Putin "Machtgehabe" vor
Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz richtete unterdessen eine Warnung an Putin und warf ihm "Machtgehabe" vor. Die Zukunft gehöre "nicht den Revisionisten, die vom nationalen Ruhm träumen und nach imperialer Macht lechzen", sagte er am Dienstag in einer Rede im Europäischen Parlament in Straßburg. Die Vergangenheit werde nicht über die Zukunft triumphieren. "Bleiben wir standhaft in unserer Unterstützung der Ukraine - solange wie das nötig ist", rief der deutsche Politiker den EU-Abgeordneten zu. Zur Begründung für seinen Appell sagte Scholz, niemand wolle zurück in die Zeit, als in Europa das Recht des Stärkeren galt und als kleinere Länder sich größeren zu fügen hatten. Freiheit müsse ein Grundrecht aller bleiben.
(APA/dpa/Reuters)
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