Schweiz: Prozess um ausgesetztes Baby gestartet

Der Vorfall schockierte im Jänner 2020 die ganze Schweiz: Ein Bauer fand am 4. Jänner auf dem Werkhof in Därstetten bei Temperaturen um die null Grad ein neugeborenes Baby, eingewickelt in Decken, in einem Pappkarton mit leeren Kaffeekapseln liegend. Das Kind hatte laut Anklageschrift noch eine Körpertemperatur von 26,4 Grad, der Unterkühlungstod "dürfte unmittelbar bevorgestanden sein". Das Baby konnte nur knapp durch sofortige medizinische Versorgung gerettet werden.
Kind entstammt einer Affäre
Bereits einen Tag später konnte die Mutter des Säuglings ausfindig gemacht werden. Die heute 44-Jährige war am Abend des 3. Jänners bei Temperaturen um die null Grad mit ihren beiden Hunden zu dem Entsorgungshof gefahren, um dort spazieren zu gehen. Sie war damals in der 35. bis 36. Schwangerschaftswoche - der Vater des Kindes ist allerdings nicht ihr Lebenspartner, der sich zum Zeitpunkt der Zeugung im Frühjahr 2019 in deutscher Haft befand, sondern ihr damaliger Liebhaber. Die Schwangerschaft verheimlichte die Frau vor beiden Männern.
Spontangeburt vor dem Auto
Als die Frau vor ihrem Auto eine Zigarette rauchte, setzten plötzlich heftige Wehen ein. Sie gebar spontan vor Ort ein Mädchen, trennte die Nabelschnur mit einer Schere aus der Autoapotheke durch und legte das Baby anschließend im ungeheizten Innenraum des Entsorgungshofes ab. Dann fuhr die Frau zurück in ihre Wohnung, um sich zu waschen und umzuziehen. Zusammen mit ihrem schon im Mai 2019 wieder in die Schweiz zurückgekehrten Lebenspartner fuhr sie danach erst zu McDonalds, dann zu einem Bankomaten. Mit dem Geld kauften die beiden Kokain. Nach dem zurückgelassenen Baby sah die Frau nicht mehr. Ihr Partner gab später an, seine Freundin hätte an dem Abend einen normalen Eindruck gemacht.
Unterkühltes Baby von Landwirt gefunden
Das neugeborene Mädchen wurde durch Zufall am nächsten Morgen vom einem Landwirt aufgefunden und konnte knapp gerettet werden. In der Anklage hieß es, die Mutter habe zumindest in Kauf genommen, dass das Baby einen qualvollen Tod sterbe, da sie es ohne Nahrung an einem verlassenen Ort in der Kälte zurückgelassen habe. Sie wurde wegen versuchter Kindstötung angeklagt. Die Mutter selbst gab sich beim Prozess reumütig: Sie hätte nie gewollt, dass das Baby stirbt und würde alles rückgängig machen, wenn sie könnte, sagte sie unter Tränen aus. Sie wolle künftig regelmäßigen Kontakt zu ihrem Kind aufbauen, beteuert sie - allerdings denke sie dabei eher an Videokontakt, da sie im Ausland lebe. Bisher war der Kontaktwunsch von Seiten der Mutter spärlich.
32 Monate Haft gefordert
Die Anwältin des Opfers forderte am Dienstag vor Gericht eine unbedingte Freiheitsstrafe von 32 Monaten für die 44-Jährige, außerdem eine Genugtuung von 15.000 Franken für das Kind, das nur knapp überlebte. Zudem solle die Frau fünf Jahre lang nicht mehr in die Schweiz einreisen dürfen. Der Verteidiger der Angeklagten hielt eine Freiheitsstrafe von acht Monaten für angemessen. Das Urteil wird am Donnerstag verkündet.
Die Angeklagte und ihr Lebenspartner leben inzwischen in Österreich, das zweieinhalbjährige Mädchen ist in einer Pflegefamilie.
(VOL.AT)
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