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"Diskussion beendet" - Österreich bleibt neutral

Nehammer: Österreich bleibt neutral, Diskussion beendet
Nehammer: Österreich bleibt neutral, Diskussion beendet ©APA
Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat sich dagegen ausgesprochen, die österreichische Neutralität in Frage zu stellen.
Rendi: Neutralität nicht verhandelbar
Khol stellt Neutralität zur Diskussion

"Österreich war neutral, Österreich ist neutral, Österreich wird auch neutral bleiben", sagte Nehammer am Montag vor österreichischen Journalisten in Doha. "Die österreichische Neutralität hat gute Dienste geleistet und leistet gute Dienste", so der Bundeskanzler. "Für meinen Teil ist damit die Diskussion beendet."

Europa befinde sich derzeit in einer der schwersten Krisen seit dem Zweiten Weltkrieg, sagte Nehammer. "Es herrscht Krieg. Es braucht rasche Hilfe, rasche Solidarität für die Menschen vor Ort. Es braucht Unterstützung für die politisch Verantwortlichen, die dort um ihr Leben fürchten. Was es nicht braucht: Diskussionen, die keine Grundlage finden in der Realität."

Auch Rendi-Wagner gegen Neutralitätsdebatte

Zuvor hatte bereits SPÖ-Parteichefin Pamela Rendi-Wagner eine Neutralitätsdebatte abgelehnt und vom Bundeskanzler ein klares Bekenntnis zur österreichischen Neutralität verlangt. "Unsere Neutralität ist mit der SPÖ nicht verhandelbar", so Rendi-Wagner. Weder für eine Neutralitätsdebatte noch für ein Nachdenken über ein europäisches Heer sei aktuell der richtige Zeitpunkt, sagte die SPÖ-Chefin. Sehr wohl sei sie aber für eine aktive, engagierte Neutralität im Sinne einer friedensstiftenden Diplomatie. Das bedeute, auch klar Stellung zu beziehen, wenn Menschenrechte verletzt oder das Völkerrecht gebrochen werde. Jedenfalls brauche es ein leistungsfähiges Bundesheer und auch eine verstärkte europäische Zusammenarbeit auf der sicherheits- und außenpolitischen Ebene.

Plassnik über die Neutralität:

Der Bundeskanzler hält sich heute gemeinsam mit Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) in Katar auf, um die Möglichkeit für Gaslieferungen nach Österreich auszuloten, die russisches Erdgas teilweise ersetzen könnten.

Neutraltät: Die rechtlichen Bestimmungen

Die Neutralität Österreichs ist in mehreren Dokumenten festgehalten. Erstmals erwähnt wird sie im Moskauer Memorandum von April 1955. Im Einklang damit beschloss das Parlament am 26. Oktober 1955 das Verfassungsgesetz über die immerwährende Neutralität. In Artikel 9a der Verfassung bekennt sich Österreich zur "umfassenden Landesverteidigung (...) insbesondere zur Aufrechterhaltung und Verteidigung der immerwährenden Neutralität".

In Artikel 23f der Verfassung beschloss Österreich 1998 dann die Mitwirkung an der "Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union". Im Folgenden ein Überblick:

DAS MOSKAUER MEMORANDUM 1955

"I. Im Zuge der Besprechungen über den ehesten Abschluss des österreichischen Staatsvertrages in Moskau vom 12.-15. April 1955 wurde zwischen der sowjetischen und der österreichischen Delegation Einverständnis darüber erzielt, dass im Hinblick auf die von den Mitgliedern der sowjetischen Regierung (...) abgegebenen Erklärungen, Herr Bundeskanzler Ing. Julius Raab, Herr Vizekanzler Dr. Adolf Schärf, Herr Außenminister Dr. h. c. Ing. Leopold Figl, Herr Staatssekretär Dr. Bruno Kreisky im Zusammenhang mit dem Abschluss des österreichischen Staatsvertrages für die Herbeiführung folgender Beschlüsse und Maßnahmen der österreichischen Bundesregierung Sorge tragen werden.

1.) Im Sinne der von Österreich bereits auf der Konferenz von Berlin im Jahre 1954 abgegebenen Erklärung, keinen militärischen Bündnissen beizutreten und militärische Stützpunkte auf seinem Gebiet nicht zuzulassen, wird die österreichische Bundesregierung eine Deklaration in einer Form abgeben, die Österreich international dazu verpflichtet, immerwährend eine Neutralität der Art zu üben, wie sie von der Schweiz gehandhabt wird.

2.) Die österreichische Bundesregierung wird diese österreichische Deklaration gemäß den Bestimmungen der Bundesverfassung dem österreichischen Parlament unmittelbar nach Ratifikation des Staatsvertrages zur Beschlussfassung vorlegen.

3.) Die Bundesregierung wird alle zweckdienlichen Schritte unternehmen, um für diese vom österreichischen Parlament bestätigte Deklaration eine internationale Anerkennung zu erlangen.

(...)

II. Die Herren Stellvertretenden Vorsitzenden des Ministerrates der UdSSR W. M. Molotow und A. I. Mikojan haben namens der Sowjetregierung im Hinblick auf die Erklärungen der österreichischen Regierungsdelegation folgende Erklärung abgegeben:

1.) Die Sowjetunion ist bereit, den österreichischen Staatsvertrag unverzüglich zu unterzeichnen.

2.) Die Sowjetregierung erklärt sich damit einverstanden, dass alle Besatzungstruppen der Vier Mächte nach Inkraftreten des Staatsvertrages, nicht später als am 31. Dezember 1955, aus Österreich abgezogen werden.

(...)

4.) Die Sowjetregierung ist bereit, die Deklaration über die Neutralität Österreichs anzuerkennen."

DAS NEUTRALITÄTSGESETZ (BGBl.Nr. 211/1955, Inkrafttreten):

"Artikel I

(1) Zum Zwecke der dauernden Behauptung seiner Unabhängigkeit nach außen und zum Zwecke der Unverletzlichkeit seines Gebietes erklärt Österreich aus freien Stücken seine immerwährende Neutralität. Österreich wird diese mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln aufrechterhalten und verteidigen.

(2) Österreich wird zur Sicherung dieser Zwecke in aller Zukunft keinen militärischen Bündnissen beitreten und die Errichtung militärischer Stützpunkte fremder Staaten auf seinem Gebiete nicht zulassen. Anmerkung vgl. Art. 9a B-VG Schlagworte Umfassende Landesverteidigung

Artikel II

Mit der Vollziehung dieses Bundesverfassungsgesetzes ist die Bundesregierung betraut."

BUNDESVERFASSUNG, ARTIKEL 9a (zuletzt geändert durch BGBl I Nr. 83/1998)

"(1) Österreich bekennt sich zur umfassenden Landesverteidigung. Ihre Aufgabe ist es, die Unabhängigkeit nach außen sowie die Unverletzlichkeit und Einheit des Bundesgebietes zu bewahren, insbesondere zur Aufrechterhaltung und Verteidigung der immerwährenden Neutralität. Hiebei sind auch die verfassungsmäßigen Einrichtungen und ihre Handlungsfähigkeit sowie die demokratischen Freiheiten der Einwohner vor gewaltsamen Angriffen von außen zu schützen und zu verteidigen. (...)"

BUNDESVERFASSUNG, ARTIKEL 23f (BGBl I Nr. 83/1998, Inkrafttreten: 1.5.1999)

"(1) Österreich wirkt an der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union auf Grund des Titels V des Vertrages über die Europäische Union in der Fassung des Vertrages von Amsterdam mit. Dies schließt die Mitwirkung an Aufgaben gemäß Art. 17 Abs. 2 dieses Vertrages sowie an Maßnahmen ein, mit denen die Wirtschaftsbeziehungen zu einem oder mehreren dritten Ländern ausgesetzt, eingeschränkt oder vollständig eingestellt werden. Beschlüsse des Europäischen Rates zu einer gemeinsamen Verteidigung der Europäischen Union sowie zu einer Integration der Westeuropäischen Union in die Europäische Union bedürfen der Beschlussfassung des Nationalrates und des Bundesrates in sinngemäßer Anwendung des Art. 44 Abs. 1 und 2.

(2) Für Beschlüsse im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union auf Grund des Titels V sowie für Beschlüsse im Rahmen der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen auf Grund des Titels VI des Vertrages über die Europäische Union in der Fassung des Vertrages von Amsterdam gilt Art. 23e Abs. 2 bis 5.

(3) Bei Beschlüssen betreffend friedenserhaltende Aufgaben sowie Kampfeinsätze bei der Krisenbewältigung einschließlich friedensschaffender Maßnahmen sowie bei Beschlüssen gemäß Art. 17 des Vertrages über die Europäische Union in der Fassung des Vertrages von Amsterdam betreffend die schrittweise Festlegung einer gemeinsamen Verteidigungspolitik und die engeren institutionellen Beziehungen zur Westeuropäischen Union ist das Stimmrecht im Einvernehmen zwischen dem Bundeskanzler und dem Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten auszuüben.

(4) Eine Zustimmung zu Maßnahmen gemäß Abs. 3 darf, wenn der zu fassende Beschluss eine Verpflichtung Österreichs zur Entsendung von Einheiten oder einzelnen Personen bewirken würde, nur unter dem Vorbehalt gegeben werden, dass es diesbezüglich noch der Durchführung des für die Entsendung von Einheiten oder einzelnen Personen in das Ausland verfassungsrechtlich vorgesehenen Verfahrens bedarf."

(APA)

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