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"Sterben oder fliehen": Ein neues Leben nach Flucht und Albtraum im Asyllager

"Dann zündete einer das Boot an. Wir konnten nicht schwimmen".
"Dann zündete einer das Boot an. Wir konnten nicht schwimmen". ©AP (Themenbild)
Jede Nacht kommen die Alpträume, sagt Mohammad Ali Baqiri. "Ich sehe Männer im Hungerstreik mit zugenähten Lippen, ich sehe Menschen, die sich umbringen wollen, und ich sehe Kinder, die schreien, schreien, schreien." Das sind Erinnerungen an drei Horrorjahre in einem australischen Asylbewerberlager im Pazifikstaat Nauru. Baqiri aber hat es geschafft. Der 24-Jährige ist Australier geworden und schließt demnächst sein Jurastudium in Melbourne ab.

Baqiri gehört der Minderheit der in Afghanistan verfolgten Harara an. “Wir hatten die Wahl: sterben oder fliehen”, sagt er. Als er sieben Jahre alt war, schmuggelte seine Familie ihn mit einem erwachsenen Bruder und dessen Familie nach Pakistan. Der Bruder zahlte drei Jahre später 16 000 Dollar an einen Schlepper, der versprach, sie in ein sicheres Land zu schleusen. Mit Dutzenden anderen landete Baqiri 2001 in Indonesien auf einen Fischerboot.

Er verbrachte sieben Höllentage auf See. “Es stürmte, die Leute beteten, wir konnten nicht schwimmen”, sagt er. “Dann zündete einer das Boot an, wir hatten nur dürftige Schwimmwesten, mussten aber ins Wasser springen.” Die australische Marine rettete sie schließlich.

Statt ins gelobte Land kam die Familie in ein Asylbewerberheim im pazifischen Inselstaat Nauru. Australien wollte Flüchtlinge nicht ins Land lassen. “Sie waren extra grausam zu uns, sagten, wir hätten nie eine Chance”, sagt Baqiri. Drei Jahre dauerte die Warterei. Dann wurde die Familie doch als Flüchtlinge anerkannt. Mit 13 besuchte Baqiri zum ersten Mal die Schule. “Ich wäre nie aus meiner Heimat geflohen, wenn mein Leben nicht in Gefahr gewesen wäre”, sagt er. (dpa)

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