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1913: Hörbranz vor 100 Jahren – ein Rückblick

Metzger Achberger "färbte" sein Fleisch.
Metzger Achberger "färbte" sein Fleisch. ©Rupp
                       Anfang Jänner 1913 eröffnet der Konsumverein Lochau in Hörbranz, Lindauer Straße 41 (abgebrochen 1987) eine Filiale. Der Stall wird zu einem Ladenlokal und die Tenne zu einem Warenlager umgebaut. Der Schuppen dient als Erdäpfel- und Kartoffellager.

Ober der Ladentür steht anfangs auf dem Firmenschild „Cunsum“. Der Maler scheint von der Konsum-Idee nichts zu wissen oder er ist ein schwacher Rechtschreiber. Die erste Ladnerin und Filialleiterin ist Katharina Bentele von Leonhards, genannt „Konsum Kathri“.

 

·        Für den Fall einer Mobilisierung soll bedürftigen „einrückungspflichtigen Reservemännern“ ein wenig geholfen werden. Eine Sammlung ergibt 112 Kronen. Von diesem Betrag wird um 43 Kronen Wolle gekauft. Daraus fertigen Hörbranzer Frauen und Mädchen 26 Paar Socken und 23 Paar Handschuhe. „Die übrigen 69 Kronen werden aufbewahrt und im Falle einer Mobilisierung für den Ankauf von Trikothemden für die von hier einrückende Mannschaft verwendet.“ Ins Frauenkomitee, das diese Aktion verwaltet, wurden gewählt: Agathe Endraß (Frau des Oberschützenmeisters), Angelika Österle, Magdalena Rupp, Josefa Hiebeler ( Frau des Bürgermeisters) sowie drei „Fräuleins“ Rosina Hehle, Magdalena Rueß und Katharina Spratler, die auch zur Vorsitzenden gewählt wurde. (29. Januar 1913)

 

·        Maria Sagmeister, geb. Gut, erleidet beim Brand ihres Hauses in Weidach, erhebliche Brandwunden. Gemeinsam mit ihrer Tochter Maria wird sie im Josefsheim von Gemeindearzt Dr. Wilhelm Schneider versorgt. Nach 19 Tagen – sie ist transportfähig -wird sie in ihre zuständige Heimatgemeinde Glurns „überführt“. Dies bringt der Gemeinde Glurns einige Ersparnis, da die Verpflegskosten im Josefsheim täglich 1 Krone und 80 Heller betragen. (10.März 1913)

 

·        Die k.k. Statthalterei Innsbruck ordnet an, dass in Hinkunft „jede Hebamme bei jedem Neugeborenen das Crede’sche Verfahren zur Verhinderung der Augenblennorhoe anzuwenden hat.“ Dadurch soll das Auftreten und die Verbreitung der ansteckenden Augenentzündung verhindert werden. Hebamme Angelina Rupp urgiert 6 Fläschen Lösung und 2 Tropfröhrchen „betreffend Erblindung Neugeborener Vorbeugung“. Die Kosten dafür hat die Gemeinde zu tragen. (April 1913)

 

·        Im Frühjahr 1913 wird die Reichsstraße in Bregenz mit einer festgewalzten Straßendecke versehen (damals nannte man das „Makadamisierung“). Kaum 14 Tage später beginnt man da und dort die Straße wieder aufzureißen, um Telefonleitungen zu verlegen – sehr zum Ärger der Automobilisten und Anrainer, die sich über die glatte und staubarme Oberfläche gefreut haben. Dabei gelingt es den Straßenarbeitern nur mit großer Mühe, die zirka 20 Zentimeter starke, steinharte Schicht aufzubrechen. (April 1913)

 

·        Josef Anton Hutter, Rößlewirt in Ziegelbach, schuldet der Gemeinde die Gemeindesteuer in der Höhe von 65 Kronen und 91 Heller. Trotz mehrfacher Aufforderung kommt Hutter dem Zahlungsauftrag nicht nach. Im Januar 1913 strebt die Gemeinde bei der BH-Bregenz das Exekutionsverfahren an, das im April 1913 mit folgender Begründung als undurchführbar rückgemeldet wird: „…dass die Pfändung nicht vorgenommen werden konnte, … da sämtliches Inventar Eigentum der Raiffeisenkasse in Hörbranz ist.“ (K.k. Steueramt Bregenz an Gemeinde Hörbranz.) Die Gemeinde lässt den Akt an das Bezirksgericht weiterleiten, damit ein Zwangsverwalter bestellt wird. Als es „eng wird“ begleicht Rößlewirt Hutter seine Steuerschuld – jedoch erst im Dezember 1913.

 

·        Nachdem im Saal der „Rose“ in Ziegelbach entsprechende Baumaßnahmen getätigt wurden (Einsetzen von Stahlträgern), erhält Wirt Gebhard Fessler die Genehmigung, dass Theateraufführungen stattfinden dürfen. (2.April 1913)

 

·        An Sonn- und Feiertagen besteht im Postamt Hörbranz von 9.30 bis 11.30 ein zweistündiger Telefondienst. Nun meldet k.k. Postmeister Schönenberger, dass – gemeinsam mit den Postämtern Lochau und Hohenweiler – eine Erweiterung des Telefondienstes von 8 bis 12 und von 15 bis 16 Uhr geplant ist. ( 27. April 1913)

 

·        Am 8. Mai gerät Anton Simion aus Hard vor dem Gasthaus Schanz in Lochau mit seinem Fahrrad unter das Fuhrwerk des Karl Rupp, Ökonom und Fuhrwerksbesitzer aus Unterhochsteg in Hörbranz. Simion wird dabei tödlich verletzt. Karl Rupp wird Anfang August vor dem k.k. Kreisgericht Feldkirch von der Anklage der fahrlässigen Tötung freigesprochen, da angenommen wird, dass der Radfahrer den Unfall selbst verschuldet hat.

 

·        Die „Land.-chem. Versuchs- und Lebensmittel-Untersuchungsanstalt des Landes Vorarlberg“ führt am 9. Mai 1913 eine lebensmittelpolizeiliche Revision durch. Direktor Krasser bittet, „den Gemeindediener als Begleitung mitzugeben“. Der hohe Beamte scheint nicht wetterfest zu sein, denn im Falle „ausgesprochenen Regenwetters“ unterbleibt die Revision. Das Wetter ist gut, die Revision erfolgt, bei der sämtliche Gemischtwarenhandlungen, Bäckereien und Metzgereien kontrolliert wurden. „Grobe Anstände ergaben sich nirgends, zahlreiche kleinere Anstände konnten kurzerhand abgestellt werden“, so lautet der Revisionsbericht. „In der Metzgerei Achberger wurde ein flüssiger roter Teerfarbstoff vorgefunden, der zum Färben des Fleisches verwendet wurde. Da das Färben des Fleisches strenge verboten ist, wurde die vorgefundene Farbe einfach vernichtet und der Geschäftsinhaber hierüber belehrt. Das Ergebnis dieser Revision war somit ein durchaus befriedigendes.“

 

·        Kaplan Konrad Nußbaumer, Präses des „hiesigen Jugendbundes“ (Jungmannschaft) ist gewillt, „mit seiner Mannschaft theatralische Aufführungen zu machen und zwar im Saale des Gasthauses zur Rose.“ Der obrigkeitsdienliche Kaplan stellt an die Gemeinde den Antrag, das Stück ‚Die Nihilisten‘ aufführen zu dürfen und legt gleichzeitig das Textbuch vor. Die Gemeindevorstehung „kann dies Ansuchen nur bestens begutachten, da keinerlei obwaltende Hindernisse entgegenstehen“ und bittet das k.k. Statthaltereipräsidium in Innbruck, an die das Ansuchen weitergeleitet wird, um „ehemöglichste Erledigung.“ (Juni 1913)

 

·        Direkt am Lochersteg in Diezlings errichtet Johann Georg Flatz aus Berg ein kleines Wohnhaus. Es erhält die Hausnummer 263. Ein Teil des Hauses wird von der Zollwache benützt. (Juni 1913, Bauverhandlung)

 

·        Im Jahr 1913 zählt man in Hörbranz folgende konzessionierte Baugewerbetreibende:

Josef Gut, Weidach                         seit 20.02. 1898

Gebhard Rupp, Giggelstein            seit 23.09.1878

Josef Gorbach, Kirchdorf                seit 20.02. 1898

Joh. Georg Flatz, Berg                    seit 02.05. 1893

Johann Breuß, Amerika                 seit 08.01. 1894

Michael Sigg, Berg                           seit 14.04. 1893

Gut und Rupp besitzen die Maurermeister-, Gorbach, Flatz, Breuß und Sigg die Zimmermeister-Konzession. Bei Michael Sigg wird das Gewerbe als „ruhend“ verzeichnet. (Juni 1913)

 

·        Ein Unwetter zerstört am 27. Juni 1913 im Kirchdorf und in Leiblach vier Telefonmasten, sodass viele Telefonapparate „beschädigt“ sind.

 

·        Am 1. Juli 1913 wird der Automobilgesellschaft Bregenz-Wangen die Postbeförderung auf der Strecke Bregenz – Hohenweiler übertragen.

 

·        Auf dem Spielplatz hinter dem Salvatorkolleg wird eine Kastanienallee gepflanzt. Mehrere dieser Kastanienbäume stehen heute noch und bieten im Sommer angenehmen Schatten und laden zum Verweilen ein.

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·        Josef Hämmerle, Maurersohn aus Unterhochsteg, schwänzt immer wieder die Schule. Das Bezirksgericht ersucht die Gemeinde einen Mann zu nennen, der den fleißigen Schulbesuch garantieren bzw. überwachen soll. Michael Forster, Küfermeister aus Leiblach, hat selbst einen schulpflichtigen Sohn übernimmt dieses „Ehrenamt“. (4. Juli 1913)

 

·        Seit längerer Zeit versuchte sich Emil Pinkes in der ehemaligen Weidenmühle mit der Erzeugung von Krauthobeln und Putzbürsten. Eigentümerin von der Gebäude und Grundstücke ist Elisabeth Pinkes geborene Gerstner, während Emil Pinkes als – erfolgloser – Geschäftsführer aufscheint. Pinkes hat Steuerschulden und so kommt es immer wieder zu Versteigerungen. Das k.k. Bezirksgericht Bregenz meldet: „Von einem Fabriksgebäude kann kaum die Rede sein, da die Bürstenfabrikation und Krauthobelerzeugung schon längst eingestellt und nicht betrieben wird und auch keine Aussicht vorhanden ist zum Betrieb dieser Fabrik. (10. Juli 1913

 

·        Das Salvatorkolleg wird von der Gemeinde Hörbranz mit einer „Nachtragssteuerverschreibung“ überrascht bzw. „geschockt“. Die Forderung – rückwirkend bis 1906 – beläuft sich auf 2084 Kronen. Superior P. Linus Platz bittet um eine Nachfrist, „da wir z.Z. außer Stande sind, angeben zu können, wann und in welcher Weise die für unser Missionskloster sehr schwere Last bereinigt werden soll.“ In der Folge erklärt Pater Alphons Übler, Vorstand des Missionsvereins, dass „das Einkommen des Klosters niemals eine solche Ausgabe erträgt.“ So bleibe dem Missionskreis kein anderer Ausweg „als das ihm für die Ausbildung der Missionare übergebene Missionsalmosen für die geforderten Gemeindezwecke zweckwidrig hinzugeben.“ Der Geistliche „legt noch ein Schäufelchen nach“: „Die Verantwortung vor dem göttlichen Richter übertrage ich aber der Vorstehung, einschließlich des Gemeinderates Hörbranz.“ Die Salvatorianer ziehen Dr. Otto Ender, Advokat in Bregenz, zu Rate. Dieser erläutert in einem detaillierten Schreiben die ungerechtfertigten Forderungen der Gemeinde Hörbranz. Gemeinde und Steuerrat beschließen daraufhin die Zahlungsforderungen aufzuheben.

 

·        Gendarmerie-Postenführer Walser macht an die „löbliche Gemeindevertretung“ folgende Meldung: „ ….der Landwirt Georg K. läßt stets seinen Viehstand nur von schulpflichtigen Kindern auf die Weide bringen, wobei der Unfug getrieben wird, daß sich darunter eine Kuh befindet, die einen zirka 1 Meter langen ziemlich schweren Brügel zwischen den Vorderfüßen nachschleifen muß, worüber sich die jungen Treiber lustig machen, wenn diese Kuh recht laufen muß und deshalb wiederholt auf dieselbe ungebührlich dreinhauen. Es wird behufs Abstellung dieses Unfuges vorläufig der Gemeindevorstehung die Anzeige gemacht und hinzugefügt, daß bei wiederkehrenden Fällen gegen K. die Anzeige an die k.k. Bezirkshauptmannschaft erstattet werden wird.“ (2. August 1913)

 

·        Benedikt Wille aus Fliess in Tirol meldet im Haus Nr 21 (heute Lindauer Straße 53) das Bäckergewerbe an. Bereits zuvor betrieben dort Gebhard Braun, dann Vinzenz Köberle und Benedikt Gorbach seit etwa 20 Jahren eine Bäckerei. (5. Oktober 1913)

 

·        Landwirt Alois Strodel aus Hangnach bei Bösenreutin (Lindau) besitzt auf der österreichischen Seite der Leiblach einige Grundstücke in der Größe von 2 Hektar 36 Ar und 37 Quadratmetern. Da er kein Fahrrecht durch die Nachbargrundstücke besitzt, kann er nur über eine Notbrücke, die er über die Leiblach legt zu seinen Grundstücken gelangen. Die Notbrücke muss er jedoch jedes Mal nach Beendigung der Feldarbeiten entfernen(!) Da das Leiblachbett jedoch sehr tief geworden ist, ist die Legung einer Notbrücke beinahe „unmöglich geworden und jedesmal mit Gefahren verbunden.“ Alois Strodel sucht aus diesem Grund um die Genehmigung für die „Erbauung einer Privatbrücke“ an. (18. Oktober 1913)

 

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