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Zumtobel CEO Ulrich Schumacher: "Die Mitarbeiter können ruhig schlafen"

Dornbirn - Am 1. Oktober trat der deutsche Spitzenmanager Ulrich Schumacher als neuer CEO bei Zumtobel Leuchten an. In diesen sechs Wochen hat er fast alle Betriebsstandorte des in Dornbirn beheimateten High-Techkonzerns besucht, „nur Hongkong und ein weiteres Werk steht noch auf der Liste“. Zudem hat Schumacher bereits unzählige Gespräche mit den Mitarbeitern geführt. Und er ist begeistert, wie er im ersten Gespräch als CEO, das er mit den VN führte, berichtet.
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„Ich fand ein Unternehmen vor, das über enormes Potenzial verfügt, wo man vielleicht noch nicht alles ausgeschöpft hat“, sagt Schumacher im VN-Interview.  Nach seiner ersten Analyse wird es Änderungen geben, etwa im Vertrieb der Produkte, wo neue Servicemodelle angedacht sind: Bisher habe man sich als Produzent gesehen, “jetzt denken wir darüber nach, wie man unsere Kunden von Anfang an betreuen kann.“ Da sehe er große Möglichkeiten, so der Manager, der zuvor beim deutschen Großkonzern Siemens die Sparte Infineon an die Börse brachte, danach u. a. einen chinesischen Elektronikkonzern sanierte und für verschiedene Unternehmen im Aufsichtsrat sitzt.

schumacher-ulrich
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“Keine Kündigungen in Dornbirn”

Gerüchte, dass es zu Einschnitten beim Personal (7162 Mitarbeiter weltweit) kommt, tritt er entgegen: „Es wird in Dornbirn definitiv keine Kündigungen geben. Die Mitarbeiter können ruhig schlafen“, so Schumacher im Interview. Seinen Schritt nach Vorarlberg hat er bis heute nicht bereut: „Im Gegenteil: Jeden Tag wächst meine Begeisterung. Es war definitiv die richtige Lebensentscheidung.“ 

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Das ganze Interview können Sie morgen in den Vorarlberger Nachrichten lesen. Hier geht’s zur Online-Ausgabe der VN.

Neue Konzernstruktur, bessere Werksauslastung

Der seit 1. Oktober amtierende neue Zumtobel-Chef Ulrich Schumacher drückt aufs Tempo: Mit 1. Dezember wird es eine neue, flachere Konzernstruktur geben. Zur besseren Auslastung der Werke werden Maßnahmen überlegt. Den Konzern sieht er weniger im Kostenwettbewerb, sondern im Wettbewerb der Geschwindigkeit, diese soll deutlich erhöht werden.

Die Zukunft liege nicht im Stellenabbau, so Schumacher heute, Freitag, bei seiner Antrittspressekonferenz. Er schließe aber nicht aus, dass es situationsbedingt zu Anpassungen kommen werde, es werde sich aber um singuläre Ereignisse handeln. In der Zumtobel-Gruppe sei ein einziges Werk ausgelastet, jenes in Dornbirn. Alle anderen seien “ziemlich unausgelastet”, für diese müsse man sich etwas überlegen. Beim Werk im steirischen Fürstenfeld, dessen Schließung per Jahresende bereits im Juli angekündigt worden war, seien die Verhandlungen über einen Sozialplan im Laufen.

19 Standorte auf vier Kontinenten

Die Zumtobel-Gruppe produziert aktuell an 19 Standorten auf vier Kontinenten, davon entfallen im Leuchtensegment 4 auf Zumtobel und 7 auf Thorn. Im Komponentensegment gibt es 8 Produktionsstätten. Beschäftigt waren in der Zumbtobel-Gruppe zum Bilanzstichtag per Ende April 7.162 Mitarbeiter, davon 1.764 am Konzernsitz im Vorarlberger Dornbirn.

Bei der neuen Unternehmensorganisation wird unter anderem der Vertrieb in sieben Regionen untergliedert, alle Marken in Geschäftsbereichen organisiert. Es gehe um eine neue Art des Zusammenarbeitens, mit der nun mehr Verantwortung in das Unternehmen hineingebracht werde, zuvor seien viele Entscheidungen vom Vorstand getroffen worden.

Neuer Vorstand krempelt um

Die neue Struktur sei ein erster Schritt im Geschwindigkeitswettbewerb, wenn man in den Kostenwettbewerb einsteige, habe man gegenüber Asien verloren. Innovationen erfolgten mittlerweile wesentlich rascher, so sei früher alle 5 bis 10 Jahre ein neues Leuchtmittel entwickelt worden, nun gebe es Innovationszyklen von sechs Monaten. Zumtobel habe die LED-Technologie etwas verzögert aufgegriffen, habe nun aber aufgeholt. Zu den großen Stärken des Unternehmens zählten die Mitarbeiter und die stabilen, über Jahrzehnte gewachsenen Kundenbeziehungen sowie die gute Marktposition in Europa. Die Zusammenarbeit über die gesamte Gruppe soll gefördert, Synergien zwischen allen Marken und Funktionen gehoben werden. Die Werke werden als zentrale globale Einheit geführt.

Generell müsse der Konzern in der Wertschöpfungskette weiter nach oben kommen. Die unterschiedlichen Marken werden weiter existieren und geschärft. Die britische Thorn-Gruppe soll sich verstärkt auch im Außenbeleuchtungsbereich positionieren und habe im Indoor-Bereich die Möglichkeit, nach unten zu gehen. Zumtobel werde ganz klar im oberen Segment bleiben.

Bislang kaum interne Kooperationen

Zu den internen Herausforderungen zählt Schumacher neben der schwachen Werksauslastung auch kaum Kooperationen innerhalb der Gruppe, komplexe interne Prozesse, eine unzureichende Umsetzung des notwendigen Kulturwandels sowie eine nicht ausreichende Marktanteilsentwicklung.

Das Wachstumspotenzial am professionellen Leuchtenmarkt ist in Asien deutlich größer als in Europa und in den USA. Der weltweite Beleuchtungsmarkt wird auf ein Volumen von 50 bis 55 Mrd. Euro geschätzt. Der Markt für professionelle Leuchten inklusive Lichtsteuerung auf rund 24 Mrd. Euro, hier wird ein jährliches Wachstum von 3 bis 4 Prozent im Zeitraum 2012 bis 2020 gesehen.

Stärkstes Wachstum in Asien erwartet

Das stärkste Wachstum wird für Asien erwartet, wo das Marktvolumen 2020 mit 12 Mrd. Euro erwartet wird, nach 9 Mrd. Euro 2012. Europa und die USA werden wegen der geringen Bautätigkeit weniger stark wachsen: Für Europa werden 9 Mrd. Euro 2020 erwartet, nach 8 Mrd. Euro 2012. In Amerika dürfte das Volumen etwas stärker von 7 auf 9 Mrd. Euro zulegen. Der Anteil von LED wird sich in Zeitraum 2012 bis 2020 von 20 Prozent auf 65 Prozent erhöhen.

Zwei “ziemlich leere” Werke in China

In China habe Zumtobel zwei große Werke, eines davon sei sehr leer und eines ziemlich leer. Es sei naheliegend, dass man hier etwas unternehmen werde. Über Zukäufe macht man sich in nächster Zeit keine Gedanken, bevor man nicht die Hausaufgaben gemacht habe. Die Suche nach einem neuen Finanzvorstand laufen – der frühere CEO Harald Sommerer und frühere CFO Mathias Dähn schieden per 30. September aus. Eine diesbezügliche Aufsichtsratsentscheidung sei wohl in den nächsten zwei Monaten zu erwarten.

Der frühere Infineon-Chef und Siemens-Manager Schumacher war zuletzt Managing Director bei der Schweizer CGS DS Investments und Cosulting Services sowie von 2007 bis 2011 in China Präsident und CEO der Grace Semiconductor Manufacturing Corp. Das Mandat des studierten Elektrotechnikers bei Zumtobel läuft bis 30. April 2017.

(APA)

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