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Winterdieb - Trailer und Kritik zum Film

  "Winterdieb" heißt das kleine Meisterwerk von Ursula Meier, das amDienstag, einer der Eröffnungsfilme des Linzer Filmfestivals Crossing Europe ist und am Freitag regulär ins Kino kommt. Alle Spielzeiten auf einen Blick

Kaum Schnee liegt im Tal, grau in grau steht ein Hochhaus am Fuße des Berges, die nächste Stadt ist kilometerweit entfernt. Hier schlägt sich der 12-jährige Simon durch, inmitten des französischsprachigen Teils der Schweizer Alpen, wo sich hoch oben die gut betuchten Touristen zwischen Skilift und -hütte ihre Zeit vertreiben. Wenn Simon mit der Gondel hinauf fährt, um seinem diebischen Tagesgeschäft nachzugehen, taucht er – und mit ihm das Publikum – in eine völlig andere Welt ein.

12-jähriger Simon in der Hauptrolle

Simon klaut in der Höhe die Ausrüstung der Touristen und verkauft die Skier, Brillen und Handschuhe günstig weiter. Wie einfach und schnell das geht, zeigt die Schweizer Regisseurin mit zurückhaltender Verve, wie rasch sich sein Kundenkreis vergrößert, bis hin zu Abnehmern bei den Saisonarbeitern, mit einer Selbstverständlichkeit, die keine Zweifel lässt. Das Geschäft geht so gut, dass Simon im Tal – wo er mit seiner depressiven “Schwester” Louise in einer schäbigen Wohnung lebt – durch sein Geld bald eine gewisse Machtposition ihr gegenüber ausspielen kann.

Louise selbst hat ihren Platz noch nicht gefunden, ist wenig zu Hause und vertreibt sich die Zeit mit immer neuen Männern, in die sie stets die große Hoffnung setzt, ihrem Leben entkommen zu können. Dass sie sich das verschobene Verhältnis zu dem kleinen Gangster in ihrer Wohnung nicht lange gefallen lassen wird, lässt sich bald erahnen – die Konsequenz ist dennoch ernüchternd. Die junge Französin Lea Seydoux spielt diese Louise mit einer einschüchternden Naivität, die wehtut, ihre gemeinsamen Szenen mit dem beeindruckenden jungen Kacey Mottet Klein sind dabei so melancholisch und wahrhaftig, dass es einem manchmal richtiggehend einen Stich ins Herz versetzt.

“Winterdieb” gewann Silbernen Bären

Ursula Meiers Sozialdrama (Originaltitel: “L’enfant d’en haut”) gewann 2012 einen Silbernen Bären als Sonderpreis der Berlinale und war auf der Shortlist für den Auslands-Oscar 2013, was nicht zuletzt dem hervorragenden Schauspiel sowie der raschen und immer wieder überraschenden Handlungsdramaturgie geschuldet ist. Meier setzt nicht auf große Arthaus-Tristesse, vielmehr variiert sie ein Thema erfolgreich, das schon Truffaut oder die Dardenne-Brüder verarbeiteten – das schwierige Heranwachsen eines Kindes zwischen Eigenverantwortung und Liebessehnsucht.

(Red./APA)

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