Ab dem 25. Lebensjahr läuft auf der im Unterarm implantierten Digitaluhr der Countdown. Ein weiteres Bonus-Jahr bleibt noch auf dem ganz persönlichen Zeitkonto, jede weitere Minute aber muss erarbeitet, gekauft oder auch auf illegalem Wege erworben werden. Zeit ist zudem die einzige Währung geworden. Für einen Becher Kaffee etwa werden drei Minuten vom Lebenszeitkonto abgebucht.Ein solches Szenario der – zumindest optischen – Alterslosigkeit bringt für gewöhnliche Kinozuschauer irritierende Momente: Wenn nämlich Filmheld Will Salas (Justin Timberlake) kaum wesentlich jünger ausschaut als seine Mutter in Gestalt von Olivia Wilde.
Auch wenn die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen in dieser Science-Fiction-Welt für alle Menschen gelten, gibt es auch dort eine Zwei-Klassen-Gesellschaft: Jene wie Will, die mühsam für ein paar Stunden mehr Zeit auf ihrem Depot in Fabriken schuften, und die anderen, die mit dicken Zeitkonten in schicken Villen in eine endlose und sorgenfreie Zukunft blicken.
Regisseur und Drehbuchautor Niccol (»Gattaca», «Die Truman Show») lässt Will durch Zufall kurzzeitig zu einem dicken Polster an Extrajahren auf dem Display kommen, doch dieser kann das Glück nicht lange auskosten: Er wird des Mordes verdächtigt.
Mit der Zeit-Millionärstochter Sylvia (Amanda Seyfried) an seiner Seite kämpft er nun nicht nur gegen die versickernde Zeit an, sondern will das ungerechte Zwei-Klassen-System mit dessen eigenen Waffen zu Fall bringen.
Komplexes Zukunftsszenario, schlichte Kapitalismuskritik
Ob «In Time» nun als eine Parabel auf den Wunsch des Menschen nach Unsterblichkeit zu interpretieren ist? Oder vielleicht eher als fundamentale Kapitalismuskritik? Die da unten schuften ums Überleben, während die da oben in Saus und Braus in ihren Glaspalästen sitzen, die Preise hochtreiben und Jahrhunderte an Lebenszeit anhäufen?
«Es gibt eigentlich genug Zeit für alle – aber damit ein Mann unsterblich wird, müssen Tausende andere sterben», sagt einer, dessen Lebensuhr ordentlich im Plus ist, und der sich deshalb aus Schuldgefühl in den Tod stürzt.
Wie man diese Parabel auch betrachten mag, so ganz bis ins Letzte Detail wasserdicht durchdacht ist Niccols Zukunftsvision nicht. Zudem reisst er gesellschaftskritische Fragen allenfalls an. Doch die Ausgangsidee ist komplex und auch spannend genug, um sich mit diesem Denkspiel zwei Kinostunden lang gewinnbringend auseinanderzusetzen.
Der Illusion eines zumindest theoretisch unendlichen Lebens gibt man sich als Zuschauer gerne hin. Dass der revoltierende Arbeiterjunge Will Salas und die schnöselige Upper-Class-Diva Sylvia tatsächlich miteinander etwas anzufangen wissen, erscheint dann aber doch als allzu versponnene Leinwandfantasie.
(APA)
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