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Bright Star: Poet und Bürgertochter

Jane Campion hat sich in herrlichen Bildern der Liebe von Fanny Brawne zu John Keats gewidmet. Das neue Werk der starken Neuseeländerin wurde heuer in Cannes als starker Anwärter auf die Palme gehandelt.

Die Welt der englischen Romantik ist Kinogängern dank Verfilmungen der Romane Jane Austens von Ang Lee bis Joe Wright bestens bekannt. Nun hat sich die Neuseeländerin Jane Campion dem  englischen Dichter John Keats (1795-1821) gewidmet: In dem poetischen Liebesdrama “Bright Star”, das bei den Filmfestspielen in Cannes heuer als Palme-Kandidat gehandelt worden war, stellt sie seine zarte Liebesbeziehung zu der jungen Fanny Brawne in den Mittelpunkt.

Anderswo landen junge Leute, die einander so innig zugetan sind, dass sie einander ohne Unterlass mit den schönsten Worten und spitzesten Zungen necken, früher oder später im Bett. Nicht so bei Campion. Statt nacktem Fleisch zeigt sie wunderbare Kostüme ohne Ende. Virtuos widmete sich die Kamera den kleinsten Details, sieht dem Faden in Großaufnahme zu, wie er durchs Nadelöhr schlüpft, zeigt ohne zu ermüden Farbenspiel und Faltenwurf der immer wieder neuen Kleider-Kreationen des gutbürgerlichen Mädchens (gespielt von der Australierin Abbie Cornish), das nicht viel mehr zu tun hat als zu sticken, zu nähen und zu warten. Nicht auf den Mann ihres Herzens, denn das hat der schmale, zurückhaltende Poet (“Parfüm”-Hauptdarsteller Ben Wishaw) längst erobert, sondern auf einen Mann, der sich eine Heirat auch leisten kann.

Da sieht es bei dem schwer verschuldeten jungen Dichter allerdings düster aus. Keats ist ein armer Poet, wie er im Buche steht, und sein Gedichtband verkauft sich grottenschlecht. Umso breiteren Raum schenkt die Regisseurin (die mit dem Keats-Biografen Andrew Motion auch das Drehbuch verfasst hat) seinen Werken, und nicht nur das titelgebende Gedicht “Bright Star”, sondern auch viele andere Vers- und Briefzeilen werden zitiert und rezitiert. So brutal das Verhängnis der jungen, selbstbewussten Frau herausgearbeitet wird, in die falsche Zeit und ein kaum zu überwindendes Korsett an gesellschaftlichen und finanziellen Zwängen hineingeboren worden zu sein, so gefährlich nahe am Kitsch angesiedelt sind die ewigen Schmacht- und Vorlesestunden.

Etwas mehr an Humor und Leichtigkeit hätte den wunderschönen Bildern gut getan, denn am Ende wartet ohnedies der Tod. Was vorher blutleer wirkte – nun wird ordentlich Blut gespuckt. Happy End gibt es keines, John Keats stirbt an der Tuberkulose. Und die Beziehung der beiden jungen Leute sorgt in der prüden viktorianischen Gesellschaft bei der Veröffentlichung des Briefwechsels noch nach Keats Tod für einen Skandal.

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