Ein Wagnis: War das Sandmännchen bisher nur die Randfigur, der Rahmen für die mitgebrachten eigentlichen Einschlafgeschichten am Abend, ist es jetzt auf einmal der Hauptdarsteller. 72 Minuten wollen gefüllt sein mit einer spannenden Geschichte, mit Charakteren, Dialogen und Bildern.
Ein weiteres Problem: Die Sandmann-Geschichten sind für die ganz Kleinen konzipiert. Volksschüler rümpfen schon mal die Nase über den “Babykram”. Doch gehen Zwei- bis Vierjährige eher selten ins Kino. Also mussten die Animations-Experten der Frankfurter Scopas Medien AG ein Abenteuer schaffen, dass auch die Größeren in seinen Bann ziehen kann – und das ist ihnen gelungen.
In der schon aus dem Fernsehen bekannten Stop-Motion-Technik erschaffen sie eine neue Welt: das Traumland. Dort lebt der Sandmann mit seinen Helfern und vielen Fantasiegestalten, aus den Träumen der Menschen entsprungen. In diese fremde Welt kommt der sechsjährige Miko – der zuerst als reale Menschenfigur samt Eltern und Schwester auftritt und dann zur “Knetfigur” im Sandmann-Stil wird.
Der eher schüchterne Enkel eines berühmten Kapitäns, der von einem Leben auf See träumt, aber einen Riesenbammel vor dem Wasser hat, ist die große Hoffnung der Traumlandbewohner. Zusammen mit dem Sandmann (Stimme: Volker Lechtenbrink) und dem vorwitzig-chaotischen Schlafschaf Nepomuk bricht Miko auf, den Traumsand zurückzuerobern.
Es geht durch wunderschön gestaltete Welten in schwelgerischen Farben: Mal fliegen die drei im Sandmannmobil durch Landschaften, die an Salvador Dalí erinnern, mal geht es durch psychedelische 70er- Jahre-Panoramen; im Dunstkreis von Habumar (Ilja Richter) weht ein Hauch Düsternis à la Tim Burton. Das ist mal wunderschön, mal schräg, mal ein bisschen gruselig – aber nie so sehr, dass sich Kinder im Kino wirklich fürchten müssen.
Der Film schafft den Spagat zwischen Wohlfühlatmosphäre und Spannung, zwischen traditioneller Sandmann-Betulichkeit und moderner Kino-Action. Denn er bedient sich durchaus bei den erfolgreichen und in Kinderhirnen verankerten Erzählstrukturen der großen Animationsschmieden wie Disney/Pixar oder Dreamworks. So braucht Schlafschaf Nepomuk den Vergleich mit Faultier Sid aus “Ice Age” oder dem Esel aus “Shrek” nicht zu scheuen, so sind die Traumlandbewohner nicht weniger originell als die “Toy Story”-Figuren. Allerdings setzt der Film nicht so sehr auf ultraschnelle Schnitte und knallige Effekte – eine wohltuende Erzählweise.
Der ängstliche Miko ist die gelungene Identifikationsfigur für die Kinokinder. Ohne überdeutliche Zeigefinger-Moral beweist er, dass man ein Held sein kann, auch wenn man sich gar nicht wie ein Held fühlt. Denn erst muss er seine eigenen Dämonen überwinden, wenn er den Traumlandbewohnern und der ganzen Welt helfen will, von Habumars bösen Träumen verschont zu bleiben.
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