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An den Finanzmärkten herrscht die pure Panik

Rettungspakete hin, Politikerversprechen her - aus Sorge vor einer weltweiten Rezession und einer Ausweitung der europäischen Schuldenkrise sind Anleger am Freitag weltweit in Scharen aus den Aktienmärkten geflohen. Auch von Dollar und Euro trennten sich Investoren in großem Stil. Auf der Suche nach sicheren Häfen nahmen sie Kurs auf Gold und den Schweizer Franken.
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Deutsche Analysten betonten allerdings, dass die Erwartung einer Rezession überzogen und fundamental keinesfalls gerechtfertigt seien. “Die massiven Kurseinbrüche erinnern stark an ein typisches Herdenverhalten”, sagte Hans-Jörg Naumer, Kapitalmarkt-Analyst bei Allianz Global Investors. “Das ist immer das Signal einer massiven Übertreibung. Es scheint eine Art Sommergewitter zu sein und wir können immer noch auf stabileres Börsenwetter im Spätsommer hoffen.”

Folker Hellmeyer, Chef-Volkswirt der Bremer Landesbank, sieht die Politik in der Pflicht, eine überzeugende Lösung der Euro-Schuldenkrise zu finden und damit die Märkte zu beruhigen: “Es hängt nichts mehr an der Wirtschaft. Was passieren wird, liegt jetzt an Brüssel, an Berlin, Rom, Athen. Es hängt nichts mehr an der Wirtschaft.” Aktienstratege Jörg Rahn von Marcard, Stein & Co. warnt aber vor überzogenen Hoffnungen: “Ich kann mir auch schwer vorstellen, was von politischer Seite kommen müsste, damit am Markt wieder Vertrauen einkehrt. Fiskalpolitisch ist eigentlich alles ausgereizt.” Für Entspannung könnte ein neues Konjunkturprogramm der US-Notenbank Fed sorgen, über das sicherlich diskutiert werde.

Der Ausverkauf ließ den Börsenwert der weltweit größten gelisteten Unternehmen binnen weniger Tage um mehrere Billionen Dollar schrumpfen. Die Marktkapitalisierung aller im MSCI World Index notierten Unternehmen verringerte sich in der laufenden Woche um 2,5 Billionen Dollar. Dies entspricht rechnerisch in etwa der Wirtschaftsleistung Frankreichs. Der EuroStoxx50 verbuchte mit seinem zehnten Tagesverlust in Folge die längste Negativ-Serie seiner Geschichte und markierte am Freitag mit 2346,29 Punkten ein Zwei-Jahres-Tief. Der Dax rutschte zeitweise um 4,1 Prozent ab. Die Wall Street und die asiatischen Börsen hatten teilweise ähnlich starke Kursverluste zu verkraften.

Auf europäischer Ebene richteten Anleger ihre Aufmerksamkeit auf Italien und Spanien. Die Risikoaufschläge (Spreads) für die zehnjährigen Anleihen der beiden hoch verschuldeten Staaten erreichten im Vergleich zu den entsprechenden Bundestiteln zeitweise neue Rekordhochs. Bis zum Mittag entspannte sich die Lage dort etwas. Börsianer spekulierten über Bond-Käufe der Europäischen Zentralbank (EZB). Deren Chef Jean-Claude Trichet hatte am Vortag die Bereitschaft der Notenbank zu solchen Schritten signalisiert.

Infolge der starken Nachfrage nach Bundesanleihen stieg der Bund-Future auf ein Elf-Monats-Hoch von 133,77 Punkten. Der als sicher geltende Schweizer Franken markierte zum Euro ein neues Rekordhoch und stand zum Dollar kurz davor. Auch die japanische Währung stand hoch im Kurs – trotz einer jahrzehntelangen konjunkturellen Stagnation und der Dreifach-Katastrophe von Erdbeben, Tsunami und Atom-Unglück in diesem Jahr. Ungeachtet einer erneuten Intervention der Bank von Japan fiel der Dollar um knapp ein Prozent auf 78,42 Yen. “Die japanische Wirtschaft ist stark”, erklärte Marktanalyst Heino Ruland von Ruland Research. “Man traut ihr zu, dass sie den hohen Schuldenberg langfristig abtragen kann.”

Die Antikrisen-Währung schlechthin – Gold – verteuerte sich am Freitag ebenfalls. Eine Feinunze (31,1 Gramm) des Edelmetalls kostete bis zu 1669,60 Dollar und lag damit nur noch rund zwölf Dollar unter ihrer bisherigen Bestmarke.

APA/Reuters

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