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Israel: Attentat als Rückschlag für Nahost

Der erste Selbstmordanschlag eines palästinensischen Extremisten nach der Räumung der Siedlungen im Gaza-Streifen, bei dem in Beersheva knapp fünfzig Menschen verletzt wurden, erschwert die Friedensbemühungen im Nahen Osten.

Zu dem Attentat hat sich die radikale palästinensische Organisation „Islamischer Heiliger Krieg“ bekannt. Der israelische Außenminister Silvan Shalom schloss Verhandlungen auf der Grundlage des internationalen Friedensfahrplans (Roadmap) am Montag aus, solange die „Terrorwelle gegen israelische Bürger“ andauere.

Shalom ließ wissen, er habe dem EU-Außenbeauftragten Javier Solana am Sonntagabend in Jerusalem gesagt, wenn das Modell des Gaza-Rückzugs gelinge und sich die Lage beruhige, dann sei dies ohne Zweifel ein Modell für alle künftigen Initiativen. Aber wenn das Modell scheitere und aus dem Gaza-Streifen Raketen auf israelische Städte abgefeuert würden, werde Israel „mit breiter Unterstützung der internationalen Gemeinschaft“ zu reagieren wissen. Solana hatte Israel aufgerufen, den Abzug zu vollenden.

Die israelische Regierung machte die „Passivität“ der palästinensischen Führung mitverantwortlich für den Terrorakt vom Sonntag, den der palästinensische Präsident Mahmoud Abbas verurteilte. Regierungssprecher Avi Pazner forderte von den Palästinensern „strikte Maßnahmen“ gegen die radikalen Gruppen, von denen der „Islamische Heilige Krieg“ (Jihad Islami) zuvor damit gedroht hatte, die Tötung von fünf Palästinensern durch israelische Soldaten bei einem Zusammenstoß in Tulkarem im Westjordanland vor drei Tagen zu rächen.

Ministerpräsident Ariel Sharon ließ mitteilen, ohne geeignete Schritte zur Eindämmung der Gewalt durch Palästinenser werde es keinen weiteren Fortschritt zwischen den Konfliktparteien geben. Die palästinensische Regierung hat sich wegen des anhaltenden Ausbaus israelischer Siedlungen im Westjordanland an das so genannte Nahost-Quartett (USA, EU, UNO, Russland) gewandt. Sharon hatte angekündigt, dass er die Siedlungen im Westjordanland ungeachtet internationaler Kritik weiter vergrößern wolle. Der vom „Quartett“ verfasste Friedensfahrplan setzt aber den Stopp des Siedlungsbaus voraus.

Das palästinensische Kabinett protestierte gegen den Bau der israelischen Sperranlage im Westjordanland. Die israelische Armee hat in den vergangenen Tagen mit der Enteignung von 120 Hektar palästinensischen Landes für den Bau der Sperranlage um Maale Adumim (28.000 Siedler) begonnen. Der Bau ist Teil des Plans von Premier Sharon, die großen Siedlungsblöcke im Westjordanland im Widerspruch zu den Roadmap-Bestimmungen zu annektieren.

Nach Auffassung der palästinensischen Regierung muss der Gaza-Streifen weiter als besetzt gelten, weil Israel auch nach Auflösung der Siedlungen die vollständige Kontrolle über das Gebiet ausübe und die freie Fahrt nach Ägypten, die Schifffahrt und den Flugverkehr nicht zulasse. Nachdem Israel die Oslo-Verträge mit der PLO nie offiziell aufgekündigt hat, bilden der Gaza-Streifen und das Westjordanland vertragsrechtlich eine territoriale Einheit, die nach dem internationalen Friedens-Fahrplan ein souveräner und existenzfähiger Staat werden sollen.

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