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Irak: Minister rechnet mit Ablehnung

Das irakische Verfassungsreferendum dürfte am Samstag in einem Klima der Angst stattfinden. Am Freitag wurden bei Anschlägen fünf Polizisten getötet. Aufständische verübten zudem einen Bombenanschlag.

Es war das Bür der größten sunnitischen Partei. Es gab keine Verletzten. Die Irakische Islamische Partei befürwortet den Entwurf eines neuen Grundgesetzes, dessen Verabschiedung nach der ersten freien Parlamentswahl im Jänner als weiterer wichtiger Schritt zu einer Demokratisierung des Landes gilt.

Aus Angst vor Anschlägen am Tag des Referendums wurden die Sicherheitsvorkehrungen noch einmal verschärft. Hunderte irakische Polizisten und Soldaten errichteten in Bagdad Kontrollpunkte und versahen Wahllokale mit Stacheldraht und Mauern. Seit Donnerstagabend galt eine nächtliche Ausgangssperre; zudem rief die Regierung Feiertage aus. Am Samstag darf kein Zivilfahrzeug im Land unterwegs sein, was Autobombenanschläge auf die 6.100 Wahllokale verhindern soll. Am Freitag wurden die Grenzen und der Internationale Flughafen von Bagdad geschlossen.

Die Irakische Islamische Partei hatte sich nach letzten Änderungen am Mittwochabend entschlossen, den Verfassungsentwurf zu unterstützen. Andere sunnitische Organisationen sind jedoch weiter dagegen. Sie befürchten, dass der Irak in drei Gebiete zerfallen könnte: zwei machtvolle Kleinstaaten der Kurden im Norden und der Schiiten im Süden, die von den Öleinnahmen profitieren, sowie eine schwache sunnitische Region in der Mitte und im Westen des Irak.

In den schiitischen Stadtteilen Bagdads warben Hunderte Plakate für die Verfassung. Im so genannten Dreieck des Todes, einem sunnitisch dominierten Gebiet südlich der Hauptstadt, war davon nichts zu sehen.

Der irakische Industrieminister, der Sunnit Osama al-Najafi, sagte, er rechne mit einem Scheitern des Verfassungsentwurfs. „Wenn die Iraker die Möglichkeit haben, frei zu wählen, werden sie ’Nein’ sagen“, erklärte Najafi bei einem Besuch in Malaysia. Die sunnitische Minderheit könnte den Entwurf zu Fall bringen. Wenn in drei Provinzen zwei Drittel der Wähler den Entwurf ablehnen, gilt er als gescheitert. Die Sunniten stellen die Bevölkerungsmehrheit in vier der 18 Provinzen.

Die USA befürchteten eine Zunahme der Gewalt vor der Volksabstimmung. In den vergangenen 19 Tagen starben fast 450 Menschen bei Anschlägen. Ein Sprecher der US-Streitkräfte, Generalmajor Rick Lynch, gab sich dennoch optimistisch und erklärte, die Gefahr, die von den Rebellen ausgehe, sei geringer als vor der Parlamentswahl.

Die irakischen Sicherheitskräfte verfügten mittlerweile über 200.000 Mann. Im Jänner seien es nur 138.000 gewesen. Dennoch rechnet Lynch mit gegen die Volksabstimmung gerichteten Anschlägen: „Die Aufständischen haben der Demokratie den Krieg erklärt und werden furchtbare Gewalttaten verüben.“

Am Freitag wurden bei einem Anschlag vier Polizisten getötet, die ein Abstimmungslokal sichern sollten. Die Sicherheitskräfte waren nach Polizeiangaben in einem Konvoi in die Ortschaft Shah nördlich von Bagdad unterwegs, als eine Bombe am Straßenrand explodierte. Drei Beamte seien verletzt worden. In der Nacht war bei einem Angriff auf ein Wahllokal in der Nähe von Bakuba ein Polizist getötet worden. Wie Ärzte berichteten, wurden mindestens vier weitere Beamte verletzt.

In Bagdad verwundete am Freitag ein Sprengsatz vier Iraker, wie die Polizei mitteilte. Bei der Explosion einer Autobombe vor einer Moschee in einem Vorort von Kirkuk gab es fünf Verletzte. 3.000 irakische und US-Soldaten setzten ihre Offensive in der westlichen Provinz Anbar fort, einer Hochburg mehrerer Widerstandsgruppen, um die Sicherheit in den Städten Haditha, Haqlaniyah und Barwana zu gewährleisten.

Irakische Industrieminister rechnet mit Scheitern

Der irakische Industrieminister rechnet mit einem Scheitern des Verfassungsentwurfs bei der für (den morgigen) Samstag angesetzten Volksabstimmung. “Wenn die Iraker die Möglichkeit haben, frei zu wählen, werden sie ’Nein’ sagen”. Das erklärte Osama al Najafi, ein Sunnit am Freitag in Malaysia. Die Wahlberechtigten würden das Dokument trotz der jüngsten Änderungen ablehnen.

Der Entwurf stößt vor allem bei den Sunniten auf Widerstand. Sie stellen insgesamt zwar nur ein Fünftel der irakischen Bevölkerung, könnten den Gesetzestext aber trotzdem zu Fall bringen: Wenn in drei Provinzen zwei Drittel der Wähler den Entwurf ablehnen, gilt er als gescheitert. Die Sunniten stellen die Bevölkerungsmehrheit in mindestens vier Provinzen.


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