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Libanon: Großdemonstration in Beirut

Hunderttausende Libanesen haben am Sonntag auf einer Massenkundgebung in der Hauptstadt Beirut den Rücktritt der Regierung gefordert.

In dieser sind die zahlenmäßig größte Bevölkerungsgruppe, die Schiiten, nicht mehr vertreten sind. Der mit den Schiitenparteien Hisbollah und Amal verbündete christliche Oppositionsführer und ehemalige Armeechef General Michel Aoun sagte, die Korruption habe sich, ausgehend von der Regierung, wie ein Krebsgeschwür im ganzen Staat ausgebreitet. Nach der Konfrontation der vergangenen Tage sei die von der Opposition zunächst geforderte Bildung einer Regierung der nationalen Einheit kaum noch denkbar. „Wir wollen Neuwahlen!“, rief Aoun, der die Nachfolge von Staatspräsident Emile Lahoud anstrebt. Bis dahin brauche das Land eine Übergangsregierung.

Der stellvertretende Hisbollah-Chef Scheich Naim Kassem rief seinerseits an die Adresse der pro-westlichen Rumpfregierung unter dem sunnitischen Ministerpräsidenten Fouad Siniora: „Ihr habt eine Sünde begangen und das Land zerstört!“ Der schiitische Politiker warf Siniora vor, den Libanon an die amerikanische Interessenpolitik ausgeliefert zu haben. „Jetzt gibt es keinen Platz mehr für Amerika im Libanon“, erklärte Kassem. Die Demonstranten skandierten „Siniora raus!“ und „Beirut ist frei!“ Bei der Demonstration, einer der größten in der libanesischen Geschichte, kam es zu keinen größeren Zwischenfällen.

Auch der scharfe Syrien-Gegner Aoun wirft Siniora eine zu große Nähe zu den USA vor. Der pro-westliche General war 1990 von Washington fallen gelassen worden, nachdem sich Syrien der antiirakischen Koalition angeschlossen hatte. Die USA ließen damals dem Regime in Damaskus freie Hand im Libanon, General Aoun musste in die französische Botschaft flüchten und lebte von 1990 bis 2005 in Frankreich im Exil. Nach dem syrischen Truppenabzug im Vorjahr kehrte Aoun im Triumph nach Beirut zurück. Mit Hilfe der seit dem Krieg gegen Israel im Juli und August innenpolitisch erstarkten Hisbollah will der General Staatspräsident werden.

Die antisyrische Koalition unter Siniora stellt mehr als 70 der 128 Parlamentsmitglieder. Die Verfassung des Landes schreibt allerdings vor, dass alle großen Religionsgemeinschaften in der Regierung vertreten sein müssen. Die schiitisch-christliche Opposition hatte ihren Sitzstreik rund um den Regierungspalast „Grand Sérail“ am 1. Dezember gestartet. „Wir werden unser Recht so lange weiter ausüben, bis diese Regierung stürzt“, sagte Kassem.

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