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Rückendeckung für Madonna

Popstar Madonna - die malawische Lehrerin Martha Makokola muss einen Moment nachdenken. „Das ist doch die reiche Frau, die den kleinen David aus dem Waisenhaus geholt hat.“    

Der afrikanische Staat Malawi gehört zu den ärmsten Ländern der Welt – viele Menschen haben keinen Strom, Zeitung ist keine Selbstverständlichkeit. Und trotzdem gehört in den größeren Zentren des Landes die Geschichte der reichen Pop-Diva, die den armen, ein Jahre alten Halbwaisen adoptierte, zu den diskutierten Themen. Doch statt harscher Kritik wie in Europa gibt es Zustimmung. „Die Adoption ist gut. Da, wo er jetzt ist, wird er gut ausgebildet. Später kann er zurückkommen und seinem Vater helfen“, meint Frau Makokola.

Die Lehrerin weiß, wovon sie spricht. Sie unterrichtet an der Njale-Grundschule im Süden des Landes. Jeden Tag, an dem sie vor den Schülern steht, sitzt das Schreckgespenst Aids mit im Klassenzimmer. In Malawi sind etwa 16 Prozent der Menschen zwischen 15 und 49 mit dem Virus infiziert. Drei Viertel aller Todesfälle weltweit wurden nach dem Weltaidsbericht 2006 im Süden Afrikas registriert. Übrig bleiben die Kinder, als Waisen.

„Die haben große Probleme“, sagt die Lehrerin. Sie sieht die Auswirkungen: Nach und nach bleiben die Schulbänke in ihrer Klasse leer. Zwar werden die Buben und Mädchen oft von den Großeltern aufgenommen. Aber dort reicht das Geld manchmal nicht für eine richtige Mahlzeit, geschweige denn für Schuluniform, Stifte und Schulhefte. „Wenn die Kinder arbeiten müssen, um Geld zu verdienen, ist das ihr Ende“, sagt die Lehrerin. Der Weg führe unweigerlich in die Armut.

Enock Foster ist die absolute Ausnahme. In Njale wird der ehemalige Schüler regelrecht verehrt. Seine Eltern starben, als er in der dritten Klasse war. „Es kann Aids gewesen sein“, sagt der 20- Jährige. Es wurde nie ein Test gemacht. Seine Schwester nahm ihn auf und ermutigte den kleinen Bruder, weiter zur Schule zu gehen. Sie arbeitete hart für ihn. Auch die christliche Hilfsorganisation World Vision, die in der Region stark engagiert ist, unterstützte ihn.

Enock hat es geschafft. Im nächsten Jahr will er mit dem Medizin- Studium beginnen. „Wenn Gott mir etwas Gutes tut, dann möchte ich anderen etwas Gutes zurückgeben“, begründet er seine Wahl.

Der junge Mann ist eine Lichtgestalt in der schier hoffnungslosen Situation. Das weiß auch Rex Mphante, der eine Art Schulrat für die Grundschulen in der Region ist. Er beschreibt die traurige Realität:
„Es kommt durchaus vor, dass eine Klasse mit 40 Schülern nach vier Jahren nur noch die Hälfte der Schüler hat“, sagt er. Kaum ein Aids- Waise hält den Schulbesuch durch. Für das südostafrikanische Land, in dem knapp 40 Prozent der Menschen weder lesen noch schreiben können, sei das verhängnisvoll.

„Die jungen Menschen sind die Zukunft des Landes. Aber sie können es nicht sein, weil sie nicht zur Schule gehen“, sagt Mphante bekümmert. Die Hilfsprogramme für Aids-Waisen reichten vorne und hinten nicht.

Lehrerin Makokola und ihre drei Kolleginnen können daher den weltweiten Wirbel um Madonnas Adoption nicht verstehen. Damit gehören sie in ihrem Land zur Mehrheit. „Der Junge ist noch klein. Er wird sich an die fremde Kultur gewöhnen“, sagt eine von ihnen.

Sie selbst werden weiter ihren Kampf gegen Aids im Klassenzimmer führen. Aids ist ein reguläres Unterrichtsfach. Und trotzdem werden wieder Eltern ihrer Schüler sterben. Wieder werden sie den Waisen ins Gewissen reden, weiter zu lernen. Und immer wieder werden sie dabei erfolglos bleiben. „Wenn die Schüler nicht mehr kommen, dann tut mir das immer wieder sehr, sehr leid“, sagt Frau Makokola.

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