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Wifo/IHS senken BIP-Prognosen 2008/09 wegen Finanzkrise

Die internationale Finanzkrise drückt auch das Wirtschaftswachstum in Österreich deutlich. Wifo und IHS haben am Freitag ihre BIP-Prognose für heuer von zuletzt erwarteten 2,2 bis 2,4 Prozent auf 2,1 Prozent gesenkt und gehen für 2009 von nur noch 1,7 bzw. 2,2 Prozent Plus aus.

Zuletzt hatten die beiden Institute für kommendes Jahr noch 2,0 bzw. 2,5 Prozent Zuwachs vorhergesagt.

Neben den durch die US-Immobilienkrise ausgelösten Turbulenzen an den Kredit- und Finanzmärkten wirken sich zudem die für Exporte aus der Eurozone belastende Dollar-Schwäche sowie die hohe Inflation negativ auf die Konjunktur aus. Die Nettorealeinkommen der heimischen Beschäftigten sinken heuer leicht durch die starken Energie- und Nahrungsmittel-Verteuerungen. Das dämpft die Konsumausgaben spürbar. Weggebracht werden könnte das kleine Einkommensminus heuer jedoch durch die von der Regierung zur Jahresmitte geplante leichte Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge.

Im 1. Halbjahr 2008 dürfte das BIP real noch um rund 2 1/2 Prozent zulegen, getragen etwa von einer noch guten Auslastung der Industriebetriebe und den unternehmensnahen Dienstleistungen, sagt das Wifo. Danach wird jedoch die Abschwächung der internationalen Konjunktur zunehmend die heimischen Exporte, die Industrieproduktion und die Ausrüstungsinvestitionen beeinträchtigen. Im vergangenen Jahr ist Österreichs Wirtschaft noch real um 3,4 Prozent gewachsen.

Den Arbeitsmarkt belastet die schwächere Konjunktur ebenfalls. Für den Winter 2008/09 muss laut Wifo schon wieder mit einer Zunahme der Arbeitslosenzahl gerechnet werden. Nächstes Jahr dürften im Schnitt 224.000 Menschen arbeitslos gemeldet sein, um 12.000 mehr als heuer. Die Arbeitslosenquote laut Eurostat dürfte dann von heuer 4,2 auf 4,3 Prozent steigen, nach heimischer Berechnung von 5,9 auf 6,2 Prozent.

Ausmaß und Dauer der Krise des internationalen Finanzsystems könnten derzeit nicht abgeschätzt werden, betonte am Freitag das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo), daher sei die nach unten revidierte BIP-Prognose “mit besonders hoher Unsicherheit behaftet”. Die Prognose unterstelle eine Stabilisierung der heimischen Wirtschaft Ende 2008 und “eine vorsichtige Erholung im Jahr 2009”.

Auch das Institut für Höhere Studien (IHS) nimmt an, dass sich die Wirtschaftsentwicklung in Österreich in den kommenden Monaten weiter abschwächt, nachdem die Konjunktur bereits im Laufe des Vorjahres an Fahrt verloren hat. Erst im 4. Quartal 2008 dürfte die österreichische Wirtschaft wieder kräftiger zulegen, so das IHS.

Auch weltweit wird das Wirtschaftswachstum durch die internationale Finanzkrise abgebremst. Nach 4,7 Prozent Plus im Vorjahr geht das Wifo nun für heuer und 2009 nur noch von 3,9 bzw. 3,6 Prozent BIP-Wachstum aus, wobei allerdings die Euro-Zone (nach 2,6 Prozent im Vorjahr) mit 1,6 bzw. 1,3 Prozent noch immer stärker wächst als die USA mit 1,0 und 1,4 Prozent (nach 2,2 Prozent). In den Schwellenländern Asiens und den rohstoffexportierenden Ländern bleibt die Konjunktur kräftiger als in den Industriestaaten. Chinas Wachstum sinkt wieder auf einstellige +9,5 bzw. +8,5 Prozent, so das Wifo.

Nach Einschätzung des Wifo hat sich die internationale Finanzkrise zuletzt noch weiter verschärft. Dennoch sei derzeit keine weltweite Wirtschaftskrise wahrscheinlich. Ein Ende der Krise setze eine Stabilisierung auf den Hypothekarmärkten der USA voraus, “diese zeichnen sich derzeit aber nicht ab”. Der Ausblick auf die internationale Konjunktur habe sich seit der letzten Prognose vom Dezember verschlechtert, betont auch das IHS. So dürfte die US-Wachstumsschwäche länger anhalten, und der feste Euro sowie der durch die hohen Rohstoffpreisen verursachte starke Verbraucherpreisanstieg dämpfe die Wirtschaftsentwicklung in Europa.

Die heimische Inflationsrate liegt seit November über der 3-Prozent-Marke. Erst in der zweiten Jahreshälfte sei mit einem Nachlassen des Inflationsdrucks zu rechnen, so das IHS, das für 2008 und 2009 von 2,6 bzw. 1,9 Prozent VPI-Anstieg ausgeht. Das Wifo erwartet 2,9 bzw. 2,3 Prozent Teuerungsrate. Im Vorjahr insgesamt hatte die Inflation im Durchschnitt bei 2,2 Prozent gelegen.

Den Euro-Dollar-Wechselkurs erwartet das Wifo – nach 1,37 im Vorjahr – für heuer und kommendes Jahr bei 1,60, das IHS unterstellt Kurse von 1,48 bzw. 1,43 Dollar je Euro.

Für den Ölpreis geht das Wifo für die Brent-Notierung für 2008 und 2009 von durchschnittlich 95 bzw. 97 US-Dollar pro Fass (je 159 Liter) aus, nach 72,5 Dollar im Vorjahr und 65,1 Dollar 2006. Das IHS sieht den Ölpreis heuer und 2009 im Schnitt bei 96 Dollar. In einer Stabilisierung der Rohstoffpreise habe sich die Verlangsamung der Expansion der Weltwirtschaft und damit der Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen bisher nicht niedergeschlagen, so das Wifo.

Für Österreichs gesamtstaatliches Maastricht-Defizit geht das IHS auch für heuer von 0,7 Prozent aus und unterstellt für 2009, dass das im Stabilitätsprogramm angepeilte Defizit von 0,2 Prozent des BIP erreicht werden kann. Das Wifo verweist darauf, dass die bevorstehende Konjunkturabschwächung das Wachstum der Abgabeneinnahmen mit Verzögerung dämpfen und damit keine weitere Verringerung des Budgetabgangs erlauben werde. “Zwingend” erscheint dem IHS weiterhin eine langfristig orientierte Umschichtung der Budgetstruktur hin zu investitionsorientierten Ausgaben. Zum Defizit im Vorjahr betont das IHS, dass 2007 eigentlich ein Budgetüberschuss hätte erwirtschaftet werden müssen, lege man das Ziel eines über den Konjunkturzyklus ausgeglichenen Haushalt zugrunde.

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