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Was ist das Mord-Geständnis des Angeklagten Wert?

Josef F. hat sich am dritten Verhandlungstag im Prozess um den Inzest-Fall von Amstetten formal zu sämtlichen Punkten der Anklage schuldig bekannt. Ob er sich auch inhaltlich zum Mord in Form von Unterlassung an einem am 28. April 1996 im Keller geborenen Säugling geständig gezeigt oder diesbezüglich nur ein bloßes "Lippenbekenntnis" abgelegt hat, erscheint jedoch fraglich.

Für der Wiener Strafrechtsprofessor Helmut Fuchs liegt aus dem, was er Medienberichten entnommen hat, jedenfalls “kein volles Mordgeständnis” vor, wie er am Mittwochnachmittag auf APA-Anfrage erklärte. “Ich bekenne mich schuldig. Ich hätte erkennen müssen, dass es dem Baby schlecht geht”, hatte der Angeklagte zu Protokoll gegeben.

Laut Fuchs ist das noch kein Geständnis, den Tod des kleinen Buben, dem Josef F. laut Anklage die überlebensnotwendige ärztliche Hilfe verweigert haben soll, vorsätzlich in Kauf genommen zu haben. Allenfalls liege ein Geständnis in Richtung fahrlässige Tötung vor, sagte Fuchs. Josef F. hätte, um ein vollinhaltliches Geständnis abzulegen, sich dahingehend äußern müssen, er habe es “zumindest für möglich gehalten, dass das Kind stirbt”, meinte der Strafrechtler.

Auch bei den weitergehenden Fragen der vorsitzenden Richterin hatte der 73-Jährige nicht explizit erklärt, den Tod des Neugeborenen wissentlich in Kauf genommen zu haben. “Haben Sie es für möglich gehalten, dass das Kind stirbt?”, hatte sich Humer erkundigt. “Ich war der Hoffnung, dass er’s durchsteht”, lautete die Antwort des Angeklagten. Auf die Frage der Richterin “Oder war es mit eine Überlegung, dass man einen Säugling leichter wegbringen kann?” entgegnete Josef F.: “Ich hab’ geglaubt, dass er’s schafft”. Er räumte ein, er hätte “etwas tun müssen”, habe das jedoch “einfach übersehen. Ich war der Meinung, der Kleine wird überleben.”

Die Frage, was das Mordgeständnis des Mannes Wert ist, spielt insofern eine Rolle, als im Falle eines Schuldspruchs lediglich ein umfassendes und reumütiges Geständnis als Milderungsgrund heranzuziehen wäre.

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