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Ratschenlauf mit Schweißperlen

©Gerhard Scopoli
Tschagguns. Das "Rätschna z´ Tschagguu" ist eine lieb gewonnene, alte Tradition. "Die Leute warten auf die Ratscherinnen und Ratscher", weiss Carolin Kasper, deren Kinder Christian und Bianca heuer gemeinsam mit 32 weiteren Kindern, Jugendlichen und ganz jungen Erwachsenen diesen Brauch pflegten. Bilder vom Ratschenlauf

“Ich habe heuer das erste Mal geratscht”, sagt Christian Kasper, der Älteste unter den Neuanfängern. “Für die meisten Teilnehmer des Ratschens ist die Ausübung dieses Brauches ungefähr so anstrengend wie ein Schulwandertag”, meint der begeisterte Ratscher. Am Karfreitag litten die jungen “Lärmmacher” sehr unter der Hitze, viele bekamen einen Sonnenbrand. Die freundliche Bevölkerung versorgte die Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit köstlichen, erfrischenden Getränken. Daneben gab es reichlich Süßes.

“Wir ratschen, weil die Glocken nach Rom geflogen sind”, weiß Sophia Draxl, die zu den jüngsten Ratscherinnen zählt. Wie die meisten ihrer Bekannten und Freunde, will sie auch im nächsten Jahr mit einem Lärminstrument von “Rätschadäta” Hubert Stüttler aus St. Anton im Montafon, einem gebürtigen Tschaggunser, an den beiden vorösterlichen Tagen “hämmernd” durchs Dorf ziehen.

Bianca Kasper, die schon viermal mit den “Krachmachern” im Einsatz stand, hat wegen des Ratschenriemens und ihrer zierlichen Statur vorsorglich mit einer Wundauflage auf der rechten Schulter geratscht. “Das Ratschen hat wieder Spaß gemacht, auch deshalb, weil ich meine Freudinnen zum Mitmachen überreden konnte”, erzählt das Mädchen mit leuchtenden Augen. Aber dass ihr die Buben während des Ratschenganges wiederholt hinten auf die Schuhe gestanden waren, sei nicht nett, sondern lästig gewesen.

Christians und Biancas Vater, Gerhard Kasper, hat nur gute Erinnerungen an die eigene Ratschenzeit: Ab Mitte der 1970-er Jahre ratschte er sieben Jahre lang mit Bekannten und Freunden. Wenn die Ratscher und Ratscherinnen am Karsamstag um eine “milde Gabe” bitten, greift er gerne etwas tiefer in die Geldbörse. “Das Ratschen ist mit viel Arbeit verbunden, man hat den ganzen Tag Verpflichtungen”, spricht Kasper aus Erfahrung.

Der 19-jährige Georg Sandrell, mit Lukas Stüttler und Simon Bahl einer der “Vorrätschner”, freute sich über das viele Lob aus der Bevölkerung. “Danke, dass iahr des mahand”, rief eine Frau den Teilnehmern des Ratschens zu, als sie freudestrahlend vor der Haustüre stand. “Die Tradition des Ratschens soll weiterleben”, meint Sandrell, “damit am Karfreitag und Karsamstag weiterhin das Läuten der Kirchenglocken durch das Ratschen ersetzt wird”.

Der Brauch des Ratschens in Tschagguns in der heutigen Form, mit den Ratschen der Familie Stüttler, wird seit dem Jahr 1947 betrieben. Derzeit stehen über zehn Ratschenkästen und rund zwangig Ratschenbretter zur Verfügung.

Gerhard Scopoli

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